Besser als Kunstharz

Ausser dem Standardsortiment sorgen Versuche und spezielle Verfahren bei Argolite für interessante Oberflächen mit Kernpapier und textilen Stoffen. Bild: SZ, Andreas Brinkmann

HPL-Platten.  Kunstharz geistert als Begriff auch heute noch durch Schreinerköpfe und High Pressure Laminate (HPL) vermittelt als Vollkernplatte auch nicht gerade das richtige Bild. Zeit, aufzuräumen und Klarheit im Begriffswirrwarr zu schaffen.

Rund 70 % Holz und 30 % Harze stecken in einem High Pressure Laminate (HPL). Was schon seit einem halben Jahrhundert als Kunstharz für viele Schreiner eine selbstverständliche Oberflächenplatte ist, hat sich in vielen kleinen Bereichen weiterentwickelt. Gut sichtbar ist die neuere und internationale Bezeichnung HPL. Die Platte ist sowohl zum Belegen von Trägerplatten wie auch ein selbsttragendes Produkt. Hinter dieser Bezeichnung steht auch die Erreichung der Norm EN 438 / ISO 4586, und somit die Sicherheit für den Kunden, ein sehr klar definiertes Produkt von hoher Qualität zu erhalten.

Schichtaufbau aus Papier

Der grosse Holzanteil macht diese Schichtstoffplatte für Schreiner sehr gut nutzbar, da sie mit den vorhandenen Mitteln bearbeitet werden kann und ihr Verhalten durch das enthaltene Holz nachvollziehbar ist. Wie ist sie aber wirklich aufgebaut und was hat das für Auswirkungen?

Die Grundlage ist ein spezielles Kernpapier, das vergleichbar mit einem sehr dicken, eher weichen Packpapier ist und mit Phenolharz getränkt wurde. Dieses Harz hat eine hohe Festigkeit, einen gelblichen Farbton und bleibt auch in gewisser Weise etwas elastisch.

Die sichtbare Deckschicht besteht aus einem Dekorpapier. Das ist dünner, härter, durchgefärbt und mit Melaminharz getränkt. Dieses Harz ist farblos und wird sehr hart und kratzfest. Drei Lagen Kern- und eine Lage Dekorpapier werden aufeinandergelegt und mit hohem Druck und einer Temperatur von über 120 °C rund 45 Minuten lang verpresst. Dadurch entsteht eine Standardplatte zum Belegen, die auf der Rückseite geschliffen wird und 0,9 mm dick ist.

Weniger Verzug und mehr Dicke

Hat die Platte einen symmetrischen Aufbau und beidseitig Dekorpapier, ist die Platte formstabil und ohne Trägerplatte verwendbar. In diesem Fall heisst die Platte dann, beispielsweise bei der Firma Argolite, Kompaktplatte, landläufig wird auch von einer Vollkernplatte gesprochen. Von 2 bis 30 mm Dicke gibt es solche HPL-Platten von verschiedenen Herstellern. Mit der Anzahl Kernpapiere wird die Dicke variiert. Dank der Fertigungsmethode, welche es möglich macht, eine Sonderwunschplatte alleine herzustellen, kann die Dicke sogar frei bestimmt werden.

Oberflächenmöglichkeiten

Alle bedruckten Papiere wie bei Holzdekoren oder Digitaldrucken sind nicht durchgehend gefärbt und brauchen somit einen Schutz, um die gleichen Oberflächeneigenschaften zu bieten wie unifarbige Platten. Dies geschieht durch ein Overlay-Papier aus Melamin, welches als Schutzschicht dient. Auf diese Weise lassen sich dann auch andere, dünne Materialien wie Furnier oder Stoffgewebe verwenden.

Mit Prägeplatten wird beim Pressen die Oberfläche bestimmt, also ob sie matt, geperlt, hochglänzend oder mit einer speziellen Struktur sein soll. Auch dieser Teil ist bei der Bestellung weitgehend wählbar.

Feuchteisolation und Schmuckschicht

«Platten, die ohne Hinterlüftung direkt auf eine Wand, beispielsweise in der Dusche oder der Küche, geklebt werden, müssen unter dem Dekorpapier eine Aluminiumfolie als Isolation haben», meint Rolf Wermelinger, Marketingleiter bei Argolite in Willisau. Obwohl HPL-Platten in sehr hohem Masse feuchtigkeitsbeständig sind, können sie im Extremfall etwas Wasser aufnehmen und reagieren.

Ungleiche Feuchtbereiche sollten auch bei der Lagerung vermieden werden: Massivholzplatten sauber und eben stapeln sowie beidseitig mit einer Abdeckplatte decken.

Aluminium, welches als Gestaltungselement im mittleren Bereich einer dickeren HPL-Platte Verwendung findet, muss mit Vorsicht betrachtet werden, denn die Unterschiede im thermischen Verhalten der beiden Materialien können zu Rissen führen. Fassadenplatten enthalten entsprechend kein Aluminium, dafür in der Deckschicht Zusätze, die sie UV-beständiger machen.

Farbige Kerne

Durchgefärbte Kerne erfreuen sich steigender Beliebtheit, haben aber oft nicht ganz die gleichen Eigenschaften wie die von Haus aus braunen Kerne. Die Eigenfarbe des Phenolharzes wirkt sich ungünstig auf die Leuchtkraft oder Helle der Farben aus. Melaminharz ist zwar farblos, aber härter, und somit auch anfälliger für Spannungen. Bisher wurden zudem farbige Kerne aus durchgefärbtem Dekorpapier gemacht. Da dieses Papier schon sehr dicht ist, wird der Kern dann sehr hart.

«Wir verwenden durchgefärbte Kernpapiere, die mit Melaminharz getränkt wer- den und die somit etwas mehr Elastizität haben», sagt Rolf Wermelinger. Ein schwarzer Kern ist mit phenolgetränktem und schwarz durchgefärbtem Kernpapier gut möglich, denn die Eigenfarbe des Phenols bleibt unsichtbar.

Grosse Individualität

Unter dem Strich kann also ganz vieles vom Schreiner bestimmt werden, und eine einzelne, individuelle Sonderplatte ist durchaus wirtschaftlich herstellbar. Eine einzelne Platte von 0,9 mm Dicke, mit Digitaldruck von einem angelieferten Bild, kostet laut Rolf Wermelinger rund vier- bis fünfmal so viel wie eine Katalogplatte. Da die aber nicht mal auf dreissig Franken pro Quadratmeter kommt, werden Endprodukte zwar etwas teurer, aber der Kunde hat dafür ein absolutes Unikat.

Jeder HPL-Plattenhersteller versucht ausserdem, die Ideenvielfalt mit speziellen Produkten zu fördern. Argolite bietet beispielsweise neben den textilen Stoffen auch interessante Flächen mit Kernpapieren. Aber wie die deutsche Firma Homapal zeigt, gibt es noch mehr Möglichkeiten: Ihr Produkt «Arti- Pelam» hat eine Aussenfläche aus Kunst- leder.

Was noch wissenswert ist

Wichtig für viele Anwendungen ist aber die definierte Qualität der speziellen Eigenschaften von HPL-PLatten. Sie unterscheiden sich wesentlich von ähnlichen Produkten wie beispielsweise der Beschichtung einer Spanplatte. Deshalb werden auch belegte Platten angeboten, was den Produktionsablauf in der Schreinerei ebenso vereinfacht.

Informationen zur Handhabung und Verarbeitung von HPL finden sich zudem beim internationalen Verband ICDLI.

www.argolite.chwww.homatrade.dewww.icdli.com

ab

Veröffentlichung: 20. November 2014 / Ausgabe 47/2014

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