Damit der gute Ruf nicht baden geht

Das Badezimmer als Wohlfühl-Oase. Grosse und helle Räume bieten auch dem Schreiner viel Platz, sich kreativ auszutoben. Bild: Pascal Aeschbacher

Nassräume.  Oberflächen in Badezimmern müssen auch unter starker Beanspruchung bestehen. Eine an die Nutzung angepasste Wahl der Materialien und die notwendige Pflege lassen die Kundschaft jedoch lange Freude an einem Bad aus Schreinerhand haben.

Die Zeiten sind längst vorbei, in welchen das Badezimmer einen rein praktischen Nutzen erfüllen musste. Vorrangig zweckdienlich geplant und realisiert, wurde der Raum früher oft im Bereich der Steigzone platziert. War diese nicht an der Aussenwand, hatte das Bad auch keine Fenster. Inzwischen wird dem Badezimmer eine viel grössere Beachtung geschenkt. Es entstehen nicht selten wahre Wellness-Oasen.

Der Schreiner, Ihr Bad-Macher

Die Entwicklung ist nicht zuletzt auch für den Schreiner interessant. Die Nachfrage nach individuellen und hochwertigen Um- und Neubauten von Bädern aus Schreinerhand ist gross. Dabei geht das Angebot schon lange über den klassischen Waschtischunterbau hinaus. Trennwände, Nischen, Waschtische und Möbel, Spiegelschränke und Duschtrennwände sind nur einige der möglichen Schreinerarbeiten im modernen Bad. Dabei können der Schreiner und seine Kunden aus einer nahezu endlosen Palette an Materialien und Oberflächen auswählen. Der Laie ist hier schnell einmal überfordert und auf die Beratung des Fachmanns angewiesen. Damit auch auf lange Sicht alle Beteiligten zufrieden sind, ist die Kommunikation in der Planungsphase entscheidend.

Die Schreinerzeitung hat bei zwei Schreinereien nachgefragt, welche Materialien im Nassbereich gerne eingesetzt werden und wie die Lösungsfindung im Kundengespräch vonstattengeht.

Das Gesamtpaket beachten

Andrea Ruepp ist Inhaberin der Ruepp Schreinerei AG in Sarmenstorf im Kanton Aargau und kann bei der Beratung ihrer Kunden auf 30 Jahre Erfahrung im Verkauf und in der Innenarchitektur zurückgreifen. Für sie ist klar, nicht jedes Material ist für jeden Kunden geeignet. «Ich muss herausspüren, wie mein Gegenüber tickt, damit ich das richtige Produkt empfehlen kann», sagt sie. «Wenn ein Kunde mit einer Oberfläche nicht zufrieden ist, kann das Material aber selten etwas dafür. Wahrscheinlicher ist, dass er schlecht beraten wurde.» Deshalb versuche Ruepp stets, das Gesamtpaket zu betrachten und alle Voraussetzungen vor Ort sowie die Gewohnheiten des Kunden in die Planung einzubeziehen.

Das Verständnis fürs richtige Putzen und Lüften, die Bereitschaft, Oberflächen zu pflegen, oder auch ob Kinder das Badezimmer mitbenutzen, können Faktoren sein, die es zu beachten gilt. «Viele Kunden wünschen sich eine Oberfläche, die leicht zu reinigen ist und möglichst wenig Pflege bedarf», sagt Ruepp. «Gerade bei liegenden Flächen verwenden wir deshalb gerne den Mineralwerkstoff Staron.»

Fugenlos verklebt

Staron, Corian, Hi-Macs und ähnliche Mineralwerkstoffe bestehen meist zu zwei Dritteln aus einem natürlichen Mineral und zu einem Drittel aus Acrylharz. Das Endprodukt ist unempfindlich gegenüber Feuchtigkeit und Säure. Die Bearbeitung gelingt problemlos mit Hartmetallwerkzeug, und mit dem passenden Klebestoff entstehen fugenlose Verbindungen. Die Oberfläche der Mineralwerkstoffe hat keine Poren und ist somit hygienisch und leicht zu reinigen. Allerdings gilt es bei der Kombination mit Holzwerkstoffen, auf das unterschiedliche Schwind- und Quellverhalten zu achten. Während Holz hauptsächlich auf die relative Luftfeuchtigkeit reagiert, ist bei den Mineralwerkstoffen die Temperatur für Dimensionsveränderungen ausschlaggebend. Darauf ist auf Verklebungen zu achten. Sonst können schnell Spannungsrisse entstehen.

Lack oder Öl

Des Schreiners liebster Werkstoff ist und bleibt aber das Holz. Der derzeitige Trend hin zu natürlichen Materialien kommt dem entgegen. Auch bei der Ruepp Schreinerei spüre man eine grössere Nachfrage nach Holzoberflächen.

«Massivholz und Furnier setzen wir zwar gerne bei den Fronten ein, selten aber für die liegenden Flächen», sagt Andrea Ruepp. Wenn der Kunde sich nun aber auch eine Waschtischabdeckung aus Holz wünscht, versuche man, möglichst gut über die Vor- und Nachteile von Öl und Lack aufzuklären. Auch da muss die Oberflächenbehandlung zum Einsatzort und zu den Gewohnheiten des Benutzers passen.

Öle punkten bekanntermassen durch eine natürliche und warme Optik und Haptik sowie durch die Fähigkeit, kleine Beschädigungen selbst auszubessern. Der Oberflächenschutz bleibt allerdings nur erhalten, wenn die Fläche regelmässig gepflegt und nachgeölt wird. Der österreichische Lackhersteller Adler hat mit der Legno-Reihe auch geeignete Öle für den Einsatz im Badezimmer im Angebot. Das Unternehmen empfiehlt diese jedoch ausschliesslich für stehende Flächen bzw. für Flächen mit geringer Feuchtigkeitsbelastung. In stark frequentierten Bereichen, wie beispielsweise einem Hotel, eigne sich Öl aufgrund des erhöhten Pflegeaufwandes weniger gut. Hier sei ein Lack die bessere Wahl.

Grundsätzlich sei eine lackierte Oberfläche zunächst einmal widerstandsfähiger als eine geölte. Aber mit der Zeit können durchaus auch Schwachstellen auftreten. Mechanische Beschädigungen und chemische Beanspruchungen, z. B. durch aggressive Reinigungsmittel, fetthaltige Cremes oder Seifen, können den Lackfilm beschädigen. Die Firma Adler Lacke weist besonders auf die Wichtigkeit einer entsprechenden Grundierung hin. Die Holzfasern müssen in einem ersten Arbeitsschritt gut gesättigt werden. Hierzu sei eine Isoliergrundierung zu verwenden. Als Endbeschichtung empfiehlt das Unternehmen einen Polyurethan-Lack, wie beispielsweise den Adler Pur-Strong. Für eine umweltfreundliche und nachhaltige Beschichtung könne aber auch Adler Bluefin Terra-Diamond verwendet werden. Das wasserbasierte Produkt besteht zu einem hohen Anteil aus nachwachsenden Rohstoffen.

Pflegeölung im Abo

Öl oder Lack? Diese Entscheidung fällt Dominic Frei leicht. Der 31-Jährige ist Inhaber der Schreinerei Werkstoffen im thurgauischen Hüttwilen, welche sich ganz dem Massivholz verschrieben hat.

«Holz ist meine Leidenschaft, und diese möchte ich auch an unsere Kunden weitergeben», sagt Frei. Deshalb fertige man nach Möglichkeit Waschtische aus Holz mit geölter Oberfläche. «Dafür verwenden wir ausschliesslich das 2K-Hartwachsöl Rubio Monocoat, welches wir bei der Firma Kuratle und Jaecker beziehen», sagt Frei. «Bisher haben wir damit nur gute Erfahrungen gemacht.» Wichtig sei es jedoch, das Öl richtig aushärten zu lassen. Deswegen liegen zwischen der Oberflächenbehandlung und Montage immer mindestens zwei Wochen. Nur wenn die Durchhärtung erfolgt ist, könne das Produkt den vollen Oberflächenschutz entwickeln.

Die Kunden können sich bei der Schreinerei Werkstoffen auch für ein Öl-Abo entscheiden. Wird dieses abgeschlossen, bekommt der Kunde alle sechs Monate einen Anruf. Er kann dann entscheiden, ob die Oberfläche einer Pflegeölung bedarf. Falls nötig, wird gleich ein Termin vereinbart. In jedem Fall wird der Kunde aber in der Pflege instruiert und bekommt mit dem neuen Möbel auch immer eine Flasche mit Öl.

Holz, Stahl und Stein

Geöltes Holz im Zusammenspiel mit anderen natürlichen Materialien: Die Kombination mit schwarzgebranntem Stahl hat es Frei besonders angetan.

Beim Schwarzbrennen wird ein dünner Ölfilm, oftmals Leinöl, aufgetragen und dann durch langsames Erhitzen in die Oberfläche eingebrannt. Dadurch erhält das Metall die charakteristische schwarz-matte Oberfläche und gleichzeitig einen Korrosionsschutz. Dieser reiche jedoch nicht aus, wenn das Metall regelmässig mit Wasser in Kontakt kommt.

Deswegen wäscht die Schreinerei Werkstoffen den Schwarzstahl zunächst gründlich mit Aceton, um ihn danach in zwei Arbeitsgängen mit Bienenwachs zu behandeln. So besteht die Oberfläche auch im Nassbereich. Allerdings muss der Stahl gelegentlich nachbehandelt werden, ähnlich wie geöltes Holz. «Mit der dunklen und matten Oberfläche des Stahls, beispielsweise für Beschläge oder die Beine des Möbels, entsteht ein toller Kontrast zum Holz», sagt Frei. «Dazu verkaufen wir meistens ein Aufsatzwaschbecken aus Naturstein.»

Stein oder nicht Stein

Auch im Umgang mit Naturstein gilt es, einige Dinge zu beachten. Da das Material von Natur aus offenporig ist und auch nach dem Polieren noch feine Risse und Löcher aufweist, können Flüssigkeiten einziehen. Deswegen gelte auch bei poliertem Granit: nur milde Reinigungsmittel oder Spezialreiniger für Natursteinplatten verwenden. Wasser und andere Flüssigkeiten sollten immer umgehend entfernt werden. «Besonders durch Nagellack können schnell mal Flecken entstehen», erklärt Andrea Ruepp. «Wenn Nagellack oft verwendet oder der Pflegeaufwand für das natürliche Material gescheut wird, empfehlen wir der Kundschaft eher einen Kunststein.»

Bei Kunststeinen wie beispielsweise Neolith oder Dekton werden Quarz, Glas- und Porzellanpartikel unter grossem Druck und bei Temperaturen von über 1200 Grad verpresst. Das Resultat ist eine kratzfeste Oberfläche, die unempfindlich gegenüber Flüssigkeiten, Säure und auch hoher Hitze ist. Imprägnierung oder spezielle Pflege sind nicht notwendig.

Das Material besitzt zwar viele positive Eigenschaften, ist aber recht teuer. Zudem ha- ben extrem harte Werkstoffe auch immer einen Nachteil, wie Ruepp weiss: «Es müssen zwar einige Faktoren zusammenkommen, aber es kann sein, dass es zu einem Abplatzen des Materials an den Kanten kommt.» Eine gläserne Parfümflasche, die aus dem Spiegelschrank fällt, könne da jedoch durchaus genügen. Diese Gefahr besteht auch bei den Aufsatz- oder Unterbauwaschbecken aus Keramik. Im Vergleich zu den Mineralwerkstoffen sind diese generell weniger schlagfest. Eine beschädigte Stelle kann durch einen Fachmann zwar repariert werden, wird aber immer leicht sichtbar bleiben. Ob Natur-, Kunststein oder Keramik, der Schreiner kann diese Werkstoffe nicht mehr selbst bearbeiten. Die reibungslose Zusammenarbeit mit anderen Handwerkern kann deshalb auch ein entscheidendes Detail sein, damit der Kunde am Ende zufrieden ist.

Der Charme der Jahre

Wer beim Schreiner ein Möbel bestellt, tut dies meist mit dem Gedanken an eine langfristige Nutzung. Insbesondere natürliche Oberflächen können nach ein paar Jahren aber auch mal etwas anders aussehen als im neuen Zustand. Gebrauchs- oder Abnutzungsspuren sowie Farbveränderungen machen oftmals genau den Charme dieser Werkstoffe aus.

Damit aber keine Missverständnisse entstehen, sollte man den Kunden darüber aufklären. Die Schreinerei Werkstoffen organisiert dazu gerne ein Gespräch mit früheren Kunden, um die Arbeiten vor Ort und im alltäglichen Gebrauch zeigen zu können. «So lässt sich wunderbar zeigen, wie sich eine Oberfläche über Monate oder Jahre verhält», sagt Frei. «Unsere Kunden bekommen so ein besseres Bild als nur anhand kleiner Muster.»

www.rueppschreinereiag.chwww.werkstoffen.chwww.adler-lacke.ch

Sven Bürki

Veröffentlichung: 09. Februar 2023 / Ausgabe 6/2023

Artikel zum Thema

08. Februar 2024

Präzise kontrollierte Beschichtungsnebel

Spritzverfahren.  Wenn Lacktröpfchen mit hoher Geschwindigkeit durch den Raum rasen, brauchen sie einen guten Luftleitstrahl, um sicher am Ziel zu landen. Heutige Spritzverfahren müssen hohe Anforderungen erfüllen und Spitzenqualitäten ermöglichen.

mehr
08. Februar 2024

Oberflächen mit Eindruck

Dekore.  Selbst Fachleute müssen mittlerweile oft zweimal hinschauen, um zu erkennen, ob es sich um ein Holzdekor oder um echtes Holz handelt. Aber wie kommen die täuschend echten Oberflächen zustande? Die Schreinerzeitung hat bei den Herstellern nachgefragt.

mehr

weitere Artikel zum Thema:

Oberflächen