Den Traum vom WM-Titel im Gepäck

Fabio Holenstein trainiert für die WM in Abu Dhabi. Bilder: VSSM

Weltmeisterschaft.  Fabio Holenstein und Sven Bürki haben sich gegen 900 Mitstreiter durchgesetzt. Sie haben die Sektionsmeisterschaften und den Schweizermeistertitel gewonnen. Diesen Oktober fahren sie an die WM nach Abu Dhabi.

Vom 15. bis 18. Oktober kämpft der 21-jährige Fabio Holenstein aus Bazenheid SG um den Weltmeistertitel im Massivholzschreinern. Dazu muss er zwei Objekte herstellen, für die er 22 Stunden Zeit hat. Jedes Objekt muss innerhalb von 11 Stunden fertig sein.

Noch voll im Training

Auch jetzt, so kurz vor der Abreise, ist Fabio im Trainingsmodus. «Ich bin noch nicht 100 Prozent parat», gibt er zur Antwort. Ich werde die Objekte weiter üben, bis wir nach Abu Dhabi fliegen. Schweizer Meister zu werden oder gar an die Weltmeisterschaft zu reisen, war nie Fabios Ziel. Das sei einfach so passiert. Eins nach dem anderen. Nervös sei er darum nicht, bis jetzt noch nie vor Wettkämpfen. «Wenn es klappt, ist das schön, wenn nicht, ist es eine super Erfahrung. Hauptsache ist, dass man immer sein Bestes gibt.»

Es kann noch anders kommen

Erst vor ein paar Wochen wurde bekanntgegeben, was die jungen Schreinerathleten an der WM in Abu Dhabi überhaupt bauen werden. Es ist ein Rahmen und ein Rednerpult. Die Pläne dazu werden am Wettkampf selbst noch einmal bis zu 50 Prozent abgeändert, damit keiner sich auf nur eine Version einschiessen kann. «Das ist ein Vorteil für mich oder überhaupt für uns Schweizer. Unsere Ausbildung ist vielseitiger als die der anderen Länder. Wir sind flexibler», schätzt Fabio die Situation ein. Bevor Fabio wusste, was er an der WM bauen wird, hat er vor allem verschiedene Verbindungen geübt.

Die Stelle gekündigt

Fabio Holenstein hat seine Stelle im Betrieb aufgegeben. Zuletzt konnte er in seinem Lehrbetrieb noch im Stundenlohn arbeiten. Momentan konzentriert er sich voll auf die Weltmeisterschaft. «So aus der Stifti heraus ginge das gar nicht. Ich hätte sowieso unbezahlt nehmen müssen und habe zum Schluss auf Stundenlohnbasis arbeiten dürfen», sagt Fabio. Die Teilnehmer sind angewiesen auf Sponsoren, die die WM-Teilnahme ermöglichen, die Auszeit mitfinanzieren oder Werkzeuge spenden.

Nach der WM

Seine ganze Familie, Freunde und Bekannte werden in Abu Dhabi vor Ort sein. Zusammen zwischen 25 und 30 Personen. Allerdings sieht Fabio sie frühestens am letzten Tag, wenn der Wettkampf vorbei ist. Vorher ist volle Konzentration angesagt.

Wohin es ihn nach der Weltmeisterschaft verschlägt, weiss er noch nicht. Er wird sich eine Stelle suchen.

Die Teilnahme an der WM, der Ehrgeiz, die Erfahrung und sein Biss werden ihm dabei behilflich sein, ganz egal, ob er nun gewinnen wird oder nicht.

Neue Verbindungen

Nicht anders ergeht es dem 22-jährigen Möbelschreiner und Schweizer Nati-Mitglied Sven Bürki aus Lanzenneunforn TG. Vor Kurzem ist seine Aufgabe bekannt geworden. Bei ihm sind es nicht zwei Objekte, sondern nur ein Möbel, das er in der vorgegebenen Zeit von zwanzig Stunden herstellen muss. Das heisst aber auch, dass er nur eine Chance bekommt, alles richtig zu machen und seine Genauigkeit unter Beweis zu stellen. Diese Aufgabe wird er nun noch zwei- bis dreimal durchspielen und die Details üben. An der WM wird auch seine Aufgabe abgeändert. «Erfinden werden sie nichts Neues», sagt Sven Bürki, «ich habe sicher alles schon mal mehr oder weniger gemacht.» Vermutlich würden die Verbindungen geändert, meint Sven.

Intarsien für Genauigkeit

Sein Trainer Tobias Hugentobler sei wichtig für die Vorbereitung. Er könne ihm Tipps geben, was geändert werden könnte, und er könne seinem Trainer jederzeit Fragen stellen, wenn er unsicher sei. Zwischendurch feilte er an diversen Details. Zwei Tage des Trainings investierte er allein in Intarsien, also Einlegearbeiten mit Furnier. Diese werden zwar kaum Teil der Wettbewerbsaufgabe sein, als Übung für Genauigkeit und sauberes Arbeiten war das Training jedoch hervorragend geeignet.

Medientraining im Vorfeld

Die WM-Teilnehmer wurden in Teamweekends geprüft und geschult. Sie haben Teambildungsevents wie Feuerlaufen überstanden und ein ganztägiges Medientraining absolviert. Die vielen Medienanfragen können während des Trainings auch mal zu viel werden. Für die innere Ruhe haben die Nati-Mitglieder auch ein Mentaltraining machen dürfen. «Ich muss den Kopf frei haben», sagt Sven Bürki. «Wenn ich nach der Arbeit oder dem Training daheim bin, muss ich auch mal abschalten können.»

Immer wieder Ostschweizer

Es ist auffallend, dass die Schreiner-Nati immer wieder aus Ostschweizer Schreinern besteht. Dies komme wohl von der Vorbildfunktion, der Erfahrung und der Motivation, die die Vorgänger den Lernenden weitergeben können. So seien bereits die beiden Söhne des Chefs von Fabios Lehrbetrieb, der Egli Schreinerei AG in Niederstetten, an den Weltmeisterschaften 2009 und 2013 gewesen. So komme man als Lernender bereits dazu, WM-Luft zu schnuppern, und kenne die Herausforderungen, Anforderungen und Tücken.

Das Material ist bereits weg

Die Werkzeuge der beiden Athleten sind schon längst in Abu Dhabi. Die Werkzeuge haben Fabio und Sven säuberlich in eigens dafür hergestellte Kisten verpackt, wobei jede Kiste am Ende zwischen 600 und 700 Kilo wog. Zum weiteren Training benutzen beide fast identische Kisten, damit sie am Wettkampf blitzschnell die richtigen Werkzeuge aus der richtigen Schublade ziehen können. Wir wünschen ihnen auf jeden Fall viel Erfolg.

AJ

Veröffentlichung: 05. Oktober 2017 / Ausgabe 40/2017

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