In der Länge passend zum Moment

Der Elementtisch von IGN Design lässt sich innert Minuten auf dem Wagen verstauen. Bild: Andreas Brinkmann

Tischverlängerungen.  Wirklich grosse Tische brauchen einfach zu viel Platz und werden dann doch zu wenig gebraucht. Dieses uralte Problem beschäftigt findige Handwerker immer wieder von Neuem. Solche Situationen lassen sich durchaus passend lösen.

Tische sind Treffpunkte, Orte der Geselligkeit, des Schaffens und der Verhandlungen. Sie sollen immer einen bestimmten Zweck erfüllen, und zwischendurch müssen sie wachsen können, um zusätzlichen Platz zu schaffen. So lange es den Beruf des Schreiners gibt, so lange muss sich dieser schon mit solchen Themen auseinandersetzen. Herausgekommen sind viele faszinierende Möglichkeiten – erst nur aus Holz und dann auch immer mehr aus Metall.

Platte aus dem Tisch ziehen

Der Holländer-Auszug bestand zum Beispiel nur aus Holz. Er wurde in den Niederlanden entwickelt und im 19. Jahrhundert in ganz Europa verwendet. Zwei Auszugsplatten lassen sich jeweils längs unter der schwimmend gelagerten Tischplatte hervorziehen. Durch ihre konischen Auszugsleisten kommt die Verlängerungsplatte auf das Tischblattniveau, während sie die Tischplatte anhebt, bis sie selber voll ausgezogen ist. Dann fällt die Tischplatte zurück – und beide Platten sind bündig.

Aktuell gibt es mit Willisau Switzerland in Willisau LU einen Hersteller, der das System mit dem Modell «Diegaro» elegant neu interpretiert und die Elemente gekonnt betont. Die Lüönd Wohncollection aus Rothenthurm SZ nimmt das «Platte-aus-dem Tisch-Ziehen» sogar wörtlich. Sie hat einen Tisch konstruiert, dessen massive Holzhälfte aus der metallenen Hälfte herausgezogen wird. Die gewünschte Länge lässt sich so auf den Millimeter genau einstellen.

Der Auszug «Akrobat» der Meyer AG in Ennetbürgen NW lässt sich unter der Tischplatte hervorziehen. Die Ansetzplatte hängt mit der schönen Fläche nach unten am System. Nach dem schubladenartigen Hervorziehen wird sie dann mit drei Schwenkbewegungen in die Position einer Ansteckplatte gebracht und so verriegelt.

Schlicht, schön und sehr funktional

Wie hölzerne Vollauszüge für Schubladen haben schon früh findige Handwerker auch entsprechende Auszüge für Tische gefertigt. Diese wurden unter den Tischhälften befestigt. Ausgezogen, konnten auf ihnen weitere Einlageplatten aufgelegt werden. Den Systemnachteil, dass die Einlagen bei Nichtgebrauch einen guten Lagerort brauchen, hat die IGN Design AG in Sempach LU sinnvoll in Nutzen umgewandelt: Ihr Sitzungstisch-System hat synchron laufende Metallauszüge, die werkzeuglos mit den Untergestellen verbunden werden. Zwei Abschluss- und viele Einlageplatten erlauben es, den Tisch ohne Anstrengung und schnell in der gewünschten Länge aufzubauen. Sogar das vollständige Möbel findet bei Nichtgebrauch auf einem Rollwagen Platz und ist geschützt und frei platzierbar.

Aus der Versenkung aufklappen

Klappeinlagen verbleiben im Tisch und sind dann praktisch, wenn eine moderate Vergrösserung bereits ausreicht. Weil die wenigsten Esszimmer Säle sind, dürfte das sehr oft der Fall sein. Wie beim vorher beschriebenen Holländer-Auszug richtet sich die Einlagengrösse nach den Platzverhältnissen unter dem Tisch. Ein runder Tisch erlaubt nur eine Klappe, während unter einem rechteckigen Tisch durchaus mehrere Platz haben können. Die Mechanik mit Drehstange, Auflageleiste, Scharnieren und fixierenden Steckverbindungen wurde lange Zeit hauptsächlich aus Holz und vom Schreiner gefertigt. Hersteller wie Pöttker, der durch die Ackutech AG in Rotkreuz ZG vertreten wird, bieten verschiedene komplette Beschlagssätze aus Metall an.

Beim beschriebenen, einfachen Drehpunkt braucht die Klappe beim Aufschwenken nach unten hin Platz, was mit jedem Zentralfuss zum Problem wird: Unschöne, hohe Brückenelemente stören das Bild und die Kniefreiheit beim Sitzen.

Minimaler Platzbedarf

Pöttker hat aber auch eine sehr flach bauende Mechanik im Angebot. Mehrere Drehpunkte und eine Führungskulisse bewirken, dass die Klappe unterhalb der Auszüge keinen Platz mehr braucht. Aktuell ist sogar eine Mechanik mit stabiler Bodenplatte darunter geschaffen worden, womit ein runder Tisch von 1200 mm Durchmesser mit einem Zentralfuss versehen werden kann. Das wirkt dann auch vom Sofa aus sehr elegant. Trotz der 500 mm breiten Klappeinlage ist nur das 68 mm hohe System mit den Auszügen sichtbar.

In die flachen Klappmechaniken reiht sich auch das System von Seetalswiss aus Seon AG ein. Eingebaute Dämpfer verhindern ein ungewollt schnelles Zuklappen und erlauben so den problemlosen Umgang selbst mit Keramikoberflächen.

Über den Tisch hinaus denken

Bei jeder Konstruktion eines Auszugstisches ist es von grundlegender Bedeutung, wo er verlängert werden soll, denn die Zusatzelemente sollen die Tischplatte optisch perfekt ergänzen. Wo nach der Vergrösserung die Tischfüsse sind und ob sie allenfalls mit den Füssen der Benutzer kollidieren, ist ein weiteres Kapitel, wie auch ob der Tisch dann etwas versetzt werden muss. Beispielsweise vergrössert sich ein Tischblatt mit synchron laufenden Auszügen in beide Längsrichtungen, was bei einer Eckbank ein Platzproblem ergibt. Wird ein Tisch verlängert, fehlen dafür sofort Sitzplätze. Die Sitzplatz Schweiz AG aus Wolhusen LU hat die Klappmechanik so weiterentwickelt, dass sogar eine gepolsterte Eckbank verlängert werden kann.

www.willisauag.chwww.luond.comwww.meyer-systeme.chwww.ign.swisswww.ackutech.chwww.seetalswiss.chwww.sitzplatz.ch

ab

Veröffentlichung: 21. Mai 2020 / Ausgabe 21/2020

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