«Die Winkel wurden extra für mich hergestellt»

Der filigrane Schreibtisch aus Eichenmassivholz von Nico Kühne. Zu einem späteren Zeitpunkt wird er einen dazu passenden Korpus produzieren. Bild: Nico Kühne

Für eine Projektarbeit in der Berufsschule hat sich Nico Kühne aus Uznach SG für einen Schreibtisch entschieden. Er sollte filigran und minimalistisch sein. Wie die Produktion verlaufen ist und welche Herausforderungen er zu meistern hatte, erzählt der 17-Jährige im Monatsinterview.

Ist deine Wahl für die Projektarbeit schnell auf einen Schreibtisch gefallen?

Nico Kühne: Ja, denn ich brauchte einen neuen. Zuerst wollte ich ein Pult mit einem Korpus an der Seite anstelle von Beinen machen. Dann hatte ich die Idee, die Beine nach unten zu verjüngen. Mit meinem Berufsbildner habe ich schliesslich entschieden, aus Zeitgründen den Tisch ohne Korpus zu realisieren und diesen später zu produzieren.

Weshalb?

Ich absolviere während der Lehre auch die Berufsmaturität. Gleichzeitig zur Projektarbeit hatte ich dort Abschlussprüfungen und musste schauen, dass ich alles bewältigen konnte.

Für welches Holz hast du dich entschieden?

Eiche, weil ich bereits ein solches Bettgestell und eine Lampe habe. So passt alles zusammen. Da ich nur selten mit Massivholz arbeite, wollte ich die Gelegenheit nutzen. Zudem ist die Stabilität von Massivholz besser als bei einem furnierten Tischblatt.

Wie ist die Planung verlaufen?

Gut, ich habe mehrere Skizzen gemacht und so das Design entwickelt. Es sollte filigran und minimalistisch sein. Deswegen musste ich überlegen, wie der Tisch gebaut werden kann, damit er stabil steht. Ohne eine Stütze wäre er zu wackelig gewesen.Wie sieht die Lösung aus?Die Idee einer Querstrebe hat mir nicht gefallen. Eine Querstrebe mit Verjüngung überzeugte mich ebenfalls nicht. So suchte ich mit meinem Berufsbildner eine Möglichkeit, dass eine Stütze auf der Innenseite des Beins montiert werden konnte. Die Beine sind nur 22 Millimeter dick, und im oberen Bereich sind noch Winkelfedern eingenutet. Deswegen ist es nicht möglich, zusätzlich etwas seitlich einzunuten. Also habe ich mich für dreiseitige Metallwinkel entschieden. Leider habe ich keine passenden gefunden, alle waren zu gross.

Wie bist du mit dem Problem umgegangen?

Die Winkel habe ich selbst entworfen, im CAD gezeichnet und speziell anfertigen lassen. Dafür musste ich eine Firma suchen. Die Emde Blechfabrik AG wurde mir empfohlen und hat dies für mich umgesetzt. Ich habe mich für Chrom-Nickel-Stahl entschieden. Ich habe sie mit 4-×-20-mm-Schrauben in die Beine und 4-×-25 mm-Schrauben ins Tischblatt befestigt.Gab es weitere Herausforderungen?Ja, die Beine. Ich musste sie zweimal machen. Der erste Versuch war mit Winkelfedern, und ich habe die Beine mit Klebband geleimt. Dieses hat sich aber verzogen, und die Beine waren nicht winklig. Beim zweiten Mal habe ich sie mit einem Gehrungsverleimprofil gemacht. So stimmte der Winkel besser. Ich habe dafür den Leimständer benutzt. Es ist wichtig, dass die Kanten der Gehrung auf der oberen Seite der Beine auf einer Flucht sind. Sonst hat es später Luft zwischen Tischblatt und Bein.

Wie hast du die Oberfläche behandelt?

Da habe ich mich für Öl entschieden. Das Pult wird nicht allzu stark belastet, deswegen reicht der Ölschutz aus. Zudem finde ich die Haptik von geöltem Holz angenehmer als von lackiertem. Der Geruch ist ein weiterer Vorteil. Ich kann den Tisch auch selbst ölen und muss ihn nicht von jemand anderem spritzen lassen. Ich habe das Pult dreimal geölt.

Bist du mit dem Pult zufrieden?

Ja. Ich finde, es sieht gut aus und ist mir gut gelungen. Natürlich ist nicht alles perfekt. Die Fuge zwischen dem Tischblatt und den Beinen ist zum Beispiel nicht überall genau so, wie ich es wollte. Der Tisch steht nun in meinem Zimmer. Und ich habe fest vor, später den Korpus herzustellen. Die Pläne habe ich ja.Wie wurde dein Objekt bewertet?Von meinem Berufsschullehrer habe ich eine gute Note erhalten. Auch im Betrieb und in meinem Umfeld habe ich sehr positive Rückmeldungen erhalten. Die Projektarbeit war dann auch noch ein Lernendenwettbewerb der VSSM-Sektion Thur-Linth, und es durften neben den Experten auch alle Lernenden eine Bewertung abgeben. Dort kam der Tisch nicht so gut an, weil er so filigran war und nach wenig aussieht. Zuerst hat mich das etwas getroffen, aber eigentlich ist das nicht entscheidend.

Interview mit:

Nico Kühne, 17 Jahre, aus Uznach im Kanton St.Gallen. Die Lehre als Schreiner EFZ absolviert er bei der W. Rüegg AG in Kaltbrunn SG. Er befindet sich im dritten Lehrjahr. Die Berufsschule besucht er in Ziegelbrücke, wo er auch die Berufsmaturität in vier Jahren erlangen möchte. Seine Freizeit verbringt Kühne gerne im Freien, entweder beim Biken oder im Winter dann auf seinem Snowboard auf und neben den Pisten der Flumserberge, des Pizol oder in Graubünden.

Nicole D'Orazio

www.ruegg-kaltbrunn.ch

 

Veröffentlichung: 07. Dezember 2023 / Ausgabe 49/2023

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