«Die zwei alten Birken sind nun ein Bücherregal»

Das Büchergestell aus zwei Birken ist die IPA von Yves Loustalot. Bild: Yves Loustalot

Beim Ferienhaus seiner Familie in Molare im Tessiner Leventinatal sind zwei 80-jährige Birken gestanden. Aus Sicherheitsgründen mussten diese aber gefällt werden. Deswegen plante Yves Loustalot bereits Ende des ers- ten Lehrjahrs seine Individuelle Praktische Arbeit (IPA).

Weswegen mussten die zwei Birken bei eurem Ferienhaus gefällt werden?

Yves Loustalot: Sie standen gut 80 Jahre auf rund 1500 Metern. Die schweren Winter haben den Bäumen zu schaffen gemacht. Es bestand Sturzgefahr. Deswegen mussten sie gefällt werden.

Du hast das Holz für deine IPA benutzt. War das von Beginn weg die Idee?

Ja, wir wollten aus den Birken Möbel machen, weil sie uns etwas bedeutet haben. Ende des ersten Lehrjahres als Schreiner war der Zeitpunkt gekommen. Ich fand, dass das eine super Gelegenheit wäre für meine Abschlussarbeit. Meine Eltern fanden die Idee auch toll. Ich wollte zudem, dass wir beim Schnitt darauf achteten, dass der Mond in der richtigen Phase stand. Die Bretter wurden dann in Biasca zugeschnitten und lagerten dann in meinem Lehrbetrieb, damit sie trocknen konnten.

Wer hat entschieden, was du aus den Bäumen herstellst?

Zusammen mit meinen Eltern habe ich besprochen, welches Möbel im Ferienhaus gebraucht wird. Wir haben uns für ein Bücherregal entschieden. Im oberen Bereich hat es Platz für Bücher, der untere Teil besteht aus Kästen mit viel Stauraum. Dort haben wir Platten und CDs versorgt.

Ist die Herstellung gut verlaufen?

Ja, ich habe das Regal selbst geplant. Dabei habe ich auch auf den goldenen Schnitt geachtet. Bei den Türen habe ich Füllungen gemacht, die Zapfen von Hand hergestellt und bei den Schubladen Schwalbenschwanz-Verbindungen gemacht. Bei den zwei Türen in der Mitte habe ich mit meinem Lehrmeister ein Schiebesystem ausgetüftelt. Das ganze Regal kommt ohne Beschläge aus. Ich habe das Möbel zudem als Trainingsobjekt als Vorbereitung für die regionalen Schreinermeisterschaften genutzt.

Hat etwas nicht sofort geklappt?

Als ich die Stücke zusammenleimte, liess ich den Leim bei den Seitenwänden zu lange offen. Bei zweien ging er deswegen nicht ganz schön zu. Man sieht das aber nicht. Der Rest ist ohne Probleme verlaufen.

Bist du mit dem Ergebnis zufrieden?

Ja sehr, auch meinen Eltern gefällt das Regal gut. Fast noch mehr als mir. Es passt gut ins Haus. Und das Schöne ist, dass die Birken so weiterhin dazugehören.

Wie viele Stunden hast du aufgewendet?

Für eine IPA darf man maximal 80 Stunden haben. Ich hatte mit 77 geplant, am Schluss habe ich es in 70 Stunden geschafft.

Wie ist deine Präsentation der IPA gelaufen?

Gut. Wir haben zuerst grob über das Möbel gesprochen und dann detailliert über den Mondholzzuschnitt. Ich finde, dass zu wenig darauf geachtet wird. Mein Lehrmeister hat mich für die gute Arbeit gelobt. Die Note habe ich noch nicht bekommen.

Du hast die Schreinermeisterschaften angesprochen. Waren diese eine gute Erfahrung?

Ja sehr. Ich habe zweimal teilgenommen. Im zweiten und im vierten Lehrjahr. Ich fand es zwar stressig, aber eine tolle Herausforderung. Ich habe viel dabei gelernt.

Wie sehen deine Pläne nach der Lehre aus?

Mein Lehrvertrag läuft bis Ende August. Ich werde aber bis Dezember in meinem Lehrbetrieb bleiben. Es gefällt mir dort sehr gut. Wir stellen fast alles her. Von Fenstern über Türen bis zu Innenausbauten und Möbeln. Im Januar gehe ich dann in die Rekrutenschule. Danach würde ich gerne ein paar Jahre in der Deutschschweiz arbeiten und später nach Biel gehen, um Holztechnik zu studieren. Ich möchte in der Schreinerbranche bleiben. Ich bin überzeugt von diesem Beruf.

www.luratiefrei.ch

Interview mit:

Yves Loustalot aus Minusio im Tessin. Der 19-Jährige schliesst gerade seine Schreinerlehre bei der Lurati und Frei SA in Ascona TI ab. Sein Lehrvertrag läuft bis Ende August, dann bleibt
er bis Ende Jahr im Betrieb. In seiner Freizeit ist er gerne draussen. Er klettert, fährt Velo, macht im Winter Skitouren und mag die Berge allgemein sehr gerne. Da seine Eltern
aus der Deutschschweiz stammen, spricht Loustalot nicht nur italienisch, sondern auch schweizerdeutsch.

Nicole D'Orazio

Veröffentlichung: 07. Juli 2022 / Ausgabe 27-28/2022

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