Diskrete Wege zum sicheren Stand

Wirklich gute Nivelliersysteme sind entweder perfekt inszeniert oder, wie hier, unsichtbar. Bild: Andreas Brinkmann

Nivellierung.  Schrankmöbel sind in der Regel umplatzierbar und müssen sich an ihrem neuen Standort schnell und unkompliziert anpassen lassen. Das bedeutet, dass wechselnde Bodenbeschaffenheiten möglichst einfach mit Stellfüssen ausnivelliert werden können.

Die Schlichtheit moderner Möbeldesigns mit meist glatten, kubischen Formen erlaubt keine unkontrolliert hervorstechenden Details. Erst wenn Proportion, Form und Funktion stimmig miteinander harmonieren sowie die Materialisierung durchgängig abgestimmt passt, kann von einem hochwertigen Produkt die Rede sein.

Die Übereinstimmung von Auflagen

Kaum ein Bau ist derart perfekt, dass ein durch seine kubische Kastenform sehr verwindungssteifes Möbel perfekt auf dem Boden aufliegt. Was mehr als drei Auflagepunkte aufweist, muss in der Regel durch stellenweises Unterlegen oder mit Stell- füssen zu einem stabilen, schaukelfreien Stand gebracht werden. Damit die gestalterische Wirkung des Möbels nicht beispielsweise durch unterlegte Bierdeckel gestört wird, bieten spezialisierte Beschlägehersteller pfiffige Lösungen an.

Die Möglichkeit des Ausnivellierens eines Korpus sollte bereits als ein wichtiger Bestandteil der Möbelkonstruktion vorgesehen sein. Stellfüsse können regelrecht inszeniert werden, sodass sie Bestandteil des gestalterischen Ausdrucks werden und offen ihre Funktion zeigen. Wenn das nicht ausdrücklich gewünscht wird, ist es aber besser, diese Einstellmöglichkeit nahezu unsichtbar zu machen.

Stellfuss mit Muffe

Die einfachste Möglichkeit, einen Stell- fuss anzubringen, besteht wohl darin, eine Muffe von unten im Boden oder an der Seite eines Korpus einzusetzen. Wird dann ein Kunststofffuss mit Gewindestift in die Muffe gedreht, hat man einen einfachen Nivelliergleiter. Wer weniger Luft als diese Fussdicke unter dem Möbel wünscht, kann mit einer Stufenbohrung diese Kunststoffscheibe auch noch einlassen.

Da man direkt an dem Kunststofffuss drehen muss, um die Höhe einzustellen, geht das nicht, ohne jeweils den Korpus leicht anzuheben, um überhaupt mit den Fingern dorthin zu kommen.

Es gibt Stellfüsse, deren Gewindestifte oben einen Innensechskant für die Bedienung mit einem Inbusschlüssel haben. In ausreichend dicke Bodenplatten kann somit ein dreifaches Stufenloch gebohrt werden: Das grösste Loch unten ist für die Aufnahme des Kunststofffusses, danach folgt die Einschraubmuffe und darüber dann das durchgehende, unauffällig kleine Loch, damit man von oben den Inbusschlüssel hineinstecken kann.

Unsichtbar im Sockel versteckt

Nivelliersysteme, die erlauben, dass ein fertig positionierter und allenfalls schon voll beladener Korpus ausgerichtet werden kann, lassen sich in der Regel nicht nachrüsten. Die erforderlichen Bearbeitungen für die Beschlagsaufnahme und die spätere Bedienung haben noch im zerlegten Zustand an oft mehreren Korpuselementen zu erfolgen.

Stellfüsse, wie diejenigen der Serie «300» der italienischen Firma Camar, werden mit der Korpusseite fest verbunden und können über ein kleines Loch im darüberliegenden Boden bedient werden. Das Möbel muss also über einen Sockel verfügen. Die Beschläge gibt es in verschiedenen Versionen, die unterschiedlichen Anforderungen entsprechen.

Alle Versionen haben einen Auflagewinkel, auf dem die Korpusseite steht, und einen Gleitfuss aus Kunststoff, damit die Bodenfläche keinen Schaden nehmen kann. Der Korpus steht auf diesem Gleiter, und die Seite schwebt optisch immer mindestens 2,5 mm. über der Fussbodenfläche. Der Platzbedarf im Sockel beträgt in der Höhe 32 mm, und die Hubhöhe weist 20 mm auf. Belastet werden darf so ein Fuss mit bis zu 150 kg. Da es auch eine Doppelfussversion für Mittelwände gibt, trägt das durchaus auch grosse Bücherschränke.

Ein modulares Beschlagsystem

Eine im Grundsatz gleiche Funktion wie der «300» von Camar haben die Serien «LV100» und «LV200» des italienischen Herstellers OMM srl. Der Beschlag «LV100» hat einen Auflagewinkel mit zwei Rückhaltedornen, die in stirnseitige Löcher greifen. Der «LV200» wird seitlich und von unten angeschraubt. Zusätzliche Distanzstücke sind nicht zur Abstützung am Korpusboden gedacht, sondern dafür, dass der Inbusschlüssel bis zum Beschlag geführt wird.

Die Firma hat verschiedene Korpusverbinder in ihrem Angebot und bietet als besondere Spezialität deren Kombination mit Nivellierfüssen an. Das heisst, dass über das gleiche Funktionsloch im Korpusboden mit einem Schraubenzieher der Verbinder angezogen wird und sich später dann mit einem Inbusschlüssel der Stellfuss darunter ausrichten lässt.

Flach unter dem Möbelkorpus

Mit der Serie «LV300» führt OMM sehr flache Fusssysteme, die von unten im Korpusboden eingebohrt und montiert werden. Alle Modelle greifen auch unter die Seitenwand, damit diese auf diesem Beschlag steht und nicht nur durch den Verbinder auf Scherbelastung getragen wird. Ein Korpusverbinder ist bei diesen Modellen fester Bestandteil des sehr flachen Fusses. Der «LV344» trägt beispielsweise nur 5 mm unter dem Möbelboden auf und kann 8 mm ausfahren. Er ist dabei mit maximal 150 kg belastbar.

Lösungen in Stahlblech

Gico-Beschläge kommen von der deutschen Rainer Givers GmbH. Ihre Nivelliergleiter basieren auf Kunststoff-Stellfüssen mit Gewindestiften aus Stahl. Getragen werden diese mit einer Vielzahl von Stahlblechkonsolen, mit an die der jeweiligen Funktion angepassten Versteifungen. Beispielsweise ist der «Eckverbinder» ein sehr flacher, nach drei Seiten verschraubbarer Eckwinkel mit einem M10-Gewinde, der Sockel- blende, Korpusseite und Boden zusammenhält. Der «Heavy M10» wird an Möbelseiten oder Sockeltraversen seitlich montiert und greift mit seiner winkligen Form tragend unter deren Kante.

Unsichtbar in die Seite gesteckt

Camar führt mit dem Modell «306» einen Nivellierbeschlag, der von unten in die Korpusseite eingebohrt wird. Dieser steht dann auf dem 5,5 mm dicken, quadratischen Fuss. Durch ein kleines Loch auf der Innenseite der Korpuswand wird der Beschlag mit einem Inbusschlüssel bedient, wobei eine Höhenverstellung von bis zu 25 mm möglich ist. Die Belastbarkeit pro Fuss liegt auch hier bei 150 kg. Diesen Beschlag gibt es in mehreren Längen, womit eine gute Anpassung an verschiedenen Sockelsituationen gewährleistet ist.

Der Einbohrbeschlag «316» hat mit 12 mm einen höheren, rechteckigen Fuss. Direkt an ihm kann mit einem Inbusschlüssel die Höhe verstellt werden. Somit lässt sich der Korpus von aussen ausnivellieren, solange er von der Seite zugänglich ist. Wie beim Modell «306» gibt es mehrere Zylinderlängen, wobei der Längste davon eine Hubhöhe von 15 mm erlaubt.

Verbundene Beine

Nicht alle Schrankmöbel reichen bis nur wenige Millimeter über den Boden. Manchmal sind auch etwas längere Füsse sinnvoll, da diese dem Möbel die Schwere nehmen und es weniger wuchtig wirken lassen. Beine mit Stellfüssen, die einen Gewindestift haben, unterteilen diese kurze Distanz der Beinlänge nochmals, was störend wirken kann. Beim «LV1021» von OMM bewegt sich ein etwas dünneres Rohr mit dem Gleitfuss aus dem Hauptrohr heraus. Der Antrieb der Höhenverstellung befindet sich in der Befestigungsplatte, gleich unter dem Korpusboden. Der «LV1021» bietet die Besonderheit, dass sich jeweils das vordere Bein mit dem hinteren, mittels einer Kardanstange, unter dem Möbelkorpus verbinden lässt. Somit lassen sich beide Beine, unabhängig voneinander, von der vorderen Möbelseite her einstellen.

www.camar.itwww.omm.namewww.gico-fittings.com

Andreas Brinkmann

Veröffentlichung: 02. November 2023 / Ausgabe 44/2023

Artikel zum Thema

25. April 2024

Stabile Wände fürs stille Örtchen

WC-Trennwände.  In öffentlichen Gebäuden wie Restaurants oder Hotels, wo die Toilette aus einem Raum besteht, sorgen WC-Trennwände für Privatsphäre und Ruhe. Die Schreinerzeitung stellt Systeme verschiedener Hersteller vor und zeigt, wo die Unterschiede liegen.

mehr
25. Januar 2024

Alles von der Rolle

Rad und Rolle.  Mit der richtigen Rolle wird alles mobil. Wie man zur richtigen Rolle kommt und was es braucht, um dauerhaft gut unterwegs zu sein, darüber geben zwei Experten der Branche Auskunft. Ein Fazit daraus: erst auf die praktischen Aspekte achten und danach auf das Design.

mehr

weitere Artikel zum Thema:

Beschläge