Dort, wo Emotionen sind

Details wie die Form der Haken haben nicht nur einen optischen Einfluss. Bild: Makk AG

Garderoben.  In modernen öffentlichen Gebäuden sollen sich auch die Kleiderablagen optisch in das Gesamtbild integrieren. Dabei gilt es aber, den praktischen Nutzen nicht aus den Augen zu verlieren, denn im harten Alltag müssen sie sich dann beweisen.

Geht es um Garderoben, kommt so manch einem Schreiner der Eingangsbereich einer Wohnung oder eines Hauses in den Sinn. Ein kleiner Schrank, vielleicht mit offener Hutablage, Sitzgelegenheit, Kleiderstange oder Haken, individuell gestaltet nach Kundenwunsch. Etwas andere Garderoben begleiten uns schon von klein auf. Spätestens im Kindergarten kommt man mit ihnen in Berührung: den klassischen Kleiderablagen in öffentlichen Gebäuden wie Schulhäusern und Sportstätten. Dort geht es bisweilen hoch zu und her, sei es aus Frust über die vermasselte Prüfung oder aus Freude über das gewonnene Spiel.

Spezialgebiet mit Stolpersteinen

Als Schreiner, Projektleiter oder Geschäftsführer stehen die Chancen nicht schlecht, dass man auch beruflich mit Garderoben in öffentlichen Gebäuden konfrontiert wird. «Immer häufiger werden solche nicht mehr separat ausgeschrieben, sondern sind Bestandteil der Schreinerarbeiten», sagt Marc Juchli, Gebietsverkaufsleiter bei der Makk AG. Das Unternehmen aus dem zürcherischen Dachsen ist spezialisiert auf Garderoben, Umkleide- und Schliessfachschränke. In solchen Fällen sollte sich der Schreiner etwas vertieft mit der Thematik auseinandersetzen. Insbesondere, wenn es sich um den ersten Auftrag dieser Art handelt. Denn obwohl solche Projekte auf den ersten Blick simpel erscheinen – man muss ja nur ein paar Haken montieren –, handelt es sich um ein sehr spezifisches Gebiet mit verschiedenen Stolpersteinen.

Wandbeschaffenheit früh klären

Wie die anderen Schreinerarbeiten auch werden die Garderoben eher am Ende eines Bauvorhabens montiert. Entsprechend spät erfolgt die Vergabe für diese Arbeiten, die Rahmenbedingungen sind somit meistens schon vorgegeben. Diese haben aber einen wesentlichen Einfluss auf Planung, Ausführung und Montage einer Garderobe. «Beispielsweise die Wandbeschaffenheit bestimmt zu einem grossen Teil mit, welche Garderobenform überhaupt infrage kommt», erklärt Iwan Wüest von der ebenfalls auf Garderoben spezialisierten Rena Bauspezialitäten AG aus Luzern.

Solange es sich um eine massive Betonwand handelt, ist die Befestigung in der Regel kein Thema. Auch Holzbauten sind selten kritisch, sofern die Konstruktion ausreichend dimensioniert ist. Heikler wird es bei Wänden aus Backstein und in älteren Gebäuden aus Sandstein. In solchen Fällen muss man eventuell mit Injektionsmörtel arbeiten. Am meisten Schwierigkeiten bereiten wie fast immer die Leichtbauwände. Wird die Montage nicht frühzeitig in der Planung mit entsprechenden Ausholzungen und Verstärkungen berücksichtigt, kommen freihängende Wandgarderoben kaum infrage. Beide Experten empfehlen in solchen Fällen nur den Einsatz von am Boden abgestützten Bänken.

Pflegeleicht und robust

Abgestützte Bänke haben wiederum einen Einfluss auf die Reinigung und Pflege des Bodens. Der Hauswart kann dann nicht mehr ohne Weiteres unter den Bänken durchwischen. Über die Lebensdauer eines Gebäudes gesehen, haben solche Details einen Einfluss auf die Betriebskosten.

Ähnlich verhält es sich mit den Kleiderhaken: Im Trend sind immer noch schlanke, einzeln montierte Haken. Das mag toll aussehen, die Montage ist allerdings aufwendig und die Befestigung weniger robust. Durch den grossen Hebel und die kleine Befestigungsfläche lassen sich einzeln montierte Kleiderhaken relativ einfach abknicken. «Jeder weiss doch, wie das läuft», sagt Iwan Wüest. «Sobald der Haken etwas Spiel hat, muss er auch irgendwann ganz ab.» Wenn immer möglich ist deshalb eine Hakenleiste zu bevorzugen. Das erleichtert die Montage, und die Belastungen werden besser verteilt. «Die Haken sind so fest mit der Schiene verbunden, dass man eher die ganze Schiene aus der Wand reisst, als den Haken abbricht», sagt Marc Juchli.

Sicherheit und Brandschutz

Kleiderhaken sind auch vom Design her immer wieder ein Diskussionspunkt. Optisch gibt es durchaus sehr formschöne Produkte. Im Alltag in öffentlichen Gebäuden müssen sie aber vor allem praktisch sein. Das heisst, Jacken, Mützen und Taschen sollten sicher und ohne grosses Gefummel aufgehängt werden können.

Ausserdem ist die Hakenform in den letzten Jahren bezüglich Sicherheit ein Thema geworden – im Ausland stärker als in der Schweiz. Auch hier empfiehlt die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU) in der «Fachdokumentation Sporthallen», Haken zu verwenden, die so ausgebildet sind, dass Verletzungen weitgehend vermieden werden. Weil es sich dabei nur um eine Empfehlung handelt, wird diesem Umstand aber nicht überall gleich viel Gewicht beigemessen. Doch es gibt spezielle, abgerundete oder nach hinten ausgerichtete Haken. Je nach Situation kann darüber auch ein Ablagebrett montiert werden, das die Haken etwas abschirmt.

Beide Garderobenlieferanten betonen zudem, dass ihnen in der Schweiz bisher kein Fall bekannt sei, bei dem sich jemand an einem Kleiderhaken in einem öffentlichen Gebäude ernste Verletzungen zugezogen hat. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass die Haken an der richtigen Stelle und auf der richtigen Höhe montiert werden. «Sobald es zum Beispiel um Handtuchhalter im Nassbereich geht, ist Vorsicht geboten», sagt Ivan Wüest.

Weil sich Garderoben meistens im Bereich von Durchgängen, Treppenhäusern usw. befinden und somit auch Fluchtwege tangieren, gilt es, die Vorgaben bezüglich der Abstände und des Brandschutzes abzuklären und einzuhalten.

Die Ansprüche der Nutzer kennen

Ansonsten richtet sich die Montagehöhe der Bänke und Haken hauptsächlich nach den Nutzern. In Kindergärten wird beides etwas tiefer befestigt als in einer Primarschule: Die Bank etwa auf 350 mm, die Haken auf 1100 mm. Nutzen verschiedene Altersgruppen eine Garderobe, sollte man sich an den Massen grösserer Kleidungsstücke orientieren. So können auch Erwachsene ihre Jacken problemlos aufhängen.

Oft wird ausserdem der Platzbedarf solcher Einrichtungen unterschätzt, respektive die Anzahl der benötigten Garderobenplätze. Manchmal sind die Verhältnisse derart beengt, dass doppelte Hakenreihen montiert oder zusätzliche, freistehende Sitzgarderoben aufgestellt werden müssen. «Solche Nachrüstungen erleben wir im Moment öfters, weil die Schulklassen tendenziell wieder grösser werden», sagt Marc Juchli.

Ebenfalls zu berücksichtigen gilt es Sonderfälle wie beispielsweise in Garderoben von Kunsteisbahnen. «Dort sollte man die Bänke höher montieren, weil es dann einfacher ist, die Schlittschuhe an- und auszuziehen», erklärt Wüest. Im öffentlichen Raum dürfen zudem die Anforderungen für handycapierte Personen in Bezug auf das Behindertengleichstellungsgesetz nicht vergessen gehen. Entsprechende Planungshilfen und Empfehlungen zu den Montagehöhen sind auch bei den Lieferanten verfügbar.

Der Klassiker ist Buche

Bei der Materialisierung von Konsolen, Hakenleisten, Haken und weiterem Zubehör gibt es kaum Grenzen. Die Hersteller können die Produkte dem Schreiner in verschiedensten Farben liefern. Je nach Bedarf kann man die Sitzflächen und die Montage auch gleich dazubestellen. Gemäss Marc Juchli wird ein Grossteil der Garderoben nach wie vor mit den klassischen Buchenlatten bestückt. «Letztendlich ist es halt immer eine Kostenfrage», sagt Juchli. Manchmal sind zudem geschlossene oder farbig lackierte Sitzflächen gefragt. Erfahrungsgemäss sind diese aber aufwendiger im Unterhalt als die gewöhnlichen Massivholzlatten.

Spielen in den Top-Ligen

Spezielle Lösungen sind teilweise in semiprofessionellen oder professionellen Sportgarderoben gefragt. Dort müssen in der Regel die Clubs und Vereine alles, was über eine Standardgarderobe hinaus geht, selber finanzieren. Je nach Sportart und Liga darf es dann auch etwas exklusiver sein. Insbesondere im Eishockey, wo sehr viel Ausrüstung in der Garderobe Platz finden muss, ist das schnell mal der Fall. Stockhalter sowie spezielle Aufhängungen für die Schlittschuhe und die Schutzkleidung sind dann gefragt. Auch die Gestaltung und Materialisierung kann etwas edler sein, weil die Garderobe mitunter das Heiligtum einer Mannschaft darstellt, dementsprechend Sorge getragen wird – meistens zumindest. Denn auch hier liegen Sieg und Niederlage oft nahe beieinander. Das sorgt für Emotionen in diesem Raum.

www.makk.chwww.rena.ch

ph

Veröffentlichung: 06. Februar 2020 / Ausgabe 6/2020

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