Durch jedes Leck entweicht Bares

Blaspistolen geltenals kostspielige Besen. Sie sind aber schier unentbehrlich in der Schreinerei. Bild: Gervasoni

Druckluft.  Laut Energie Schweiz ist Druckluft zehn Mal teurer als elektrische Energie. Damit sich Geld nicht einfach in Luft auflöst, gibt es mehrere Ansatzpunkte der Optimierung einer Druckluftanlage. Der genaue Blick darauf lohnt sich in jedem Fall.

Es muss nicht unbedingt ein Montag sein. Aber eine gewisse Vorliebe für den unpassendsten Tag der Woche für einen Totalstillstand scheint nicht von der Hand zu weisen. Der Kompressor steht schweigend, und die Produktion liegt flach. Ohne Druckluft geht kaum etwas. Sowohl der Kantenanleimer als auch das Bearbeitungszentrum und die Beschlagbohrmaschine quittieren den Dienst. Die Breitbandschleifmaschine, der Vierseitenhobel und so manche Kehlmaschine laufen ebenfalls nicht. Lackieren geht natürlich auch nicht und so manches mehr. «Solche Notfälle kommen durchaus vor, nicht jede Woche, aber doch immer wieder», weiss Reto Knöpfel, Leiter Infrastruktur bei der Näf Service und Maschinen AG in Herisau AR. Meist kann ein Servicetechniker das Problem vor Ort beheben. Falls nicht, hält das Unternehmen stets einen Kompressor als Leihmaschine bereit. «Dieser passt für fast 80 Prozent der Betriebe in der Schreinerbranche», sagt Knöpfel.

Eigentlich dürfte es einen solchen Montagmorgen in dieser Form gar nicht geben. Am Freitagabend ist der Druckluftspeicher meist prall gefüllt und müsste deshalb zum Wochenstart noch ordentlich Power haben. Falls also kein Pumuckl am Wochenende auf Entdeckungstour in der Werkstatt war, sollte auch bei einem plötzlichen Ausfall des Kompressors die Arbeit nach der Pause zumindest starten können. Doch das ist in vielen Betrieben nicht so. Der Grund: Das «Pfuusen» durch Leckagen bis hin zum gut hörbaren Chorrauschen sorgt über das Wochenende dafür, dass sich der Druck bis Montag in Luft aufgelöst hat und zunächst der Kompressor mit der Arbeit dran ist.

Wo das «Pfuusen» wohnt

«Ich komme oft in Werkstätten, in denen es ‹pfuuset›. Ob das so ist, das kommt meist auf den Arbeitgeber an. Manche hassen das, anderen scheint es egal», so die Eindrücke von Peter Schweizer, Druckluftexperte für die Neue Protechnik AG im aargauischen Neuenhof. Es gehe dabei meist um den letzten Abschnitt. Hotspots für Leckagen sind die Maschinen selbst. Denn darin sind oft Leitungen aus billigem Kunststoff verbaut. Mit der Zeit verlassen die sogenannten Weichmacher das Material. Der Kunststoff wird spröde, und die Leckage kommt unweigerlich. Kaum an einer Stelle behoben, «pfuuset» es nebenan. Eine permanente Aufgabe. Ansonsten wird aus dem «Pfuusen» bald ein Rauschen.

«Bei undichten Kunststoffschläuchen in den Maschinen sollten diese durch hochwertige Polyamidschläuche ersetzt werden. Manche Schreiner bestellen bei uns dann einige Meter des Schlauchmaterials und machen das selbst. Andere möchten, dass wir das neu installieren. Beides geht, wichtig ist nur, dass es gemacht wird», sagt Knöpfel. Optimal wäre es, wenn es einen Verantwortlichen dafür gäbe, so wie bei den Maschinen auch.

Das «Pfuusen» kennt noch eine andere wichtige Ursache: Das sind die Steckverbindungen. «Schläuche mit Kupplungen werden herumgezogen, die Kupplungen fallen auf den Boden, und irgendwann wird die Verbindung undicht», sagt Knöpfel. Neben dem Verschleiss durch die Benutzung geht es dabei auch um die Qualität der Steckverbindungen. Der Preisunterschied zwischen gut und schlecht liegt beim Faktor zwei bis drei. Es würden oft schlechte Kupplungen gekauft. Und das liege einfach am Preisunterschied, denn die Passgenauigkeit und die Qualität der Dichtung könne man nicht ohne Weiteres erkennen, sagt Schweizer.

Nicht am falschen Ort sparen

Wer Sicherheitskupplungen einsetzt, kann sich eher auf der sicheren Seite wähnen. Denn diese etwas kostspieligeren Steckverbindungen bringen meist auch eine höhere Qualität mit sich. Und: Durch die Druckentlastung vor dem Lösen der Verbindung sind sie gefahrlos und auch entspannt zu handhaben. Wer kennt das nicht, dass man an der Kupplung unter maximaler Muskelkraft hängt, das Gesicht dabei zur Faust geballt und es gerade einfach nicht zu lösen ist. Bis dann die beiden Teile schlussendlich mit ordentlich unkontrolliertem Druck explosionsartig voneinander lassen! Bei den Sicherheitskupplungen löst sich die Verbindung erst, wenn der Druck auf etwa 1,5 bar abgesunken ist. Die Kupplungen sollten – wie auch die Schläuche – einen möglichst grossen Innendurchmesser haben, um den Druckabfall gering zu halten. Energie Schweiz empfiehlt für Standardanwendungen Kupplungen, die mindestens der Euronorm mit 7,5 mm Innendurchmesser entsprechen und nicht solche nach der Schweizer Norm mit nur 5,5 mm.

Auch die Stecknippel der Werkzeuge sollten ab und zu überprüft werden. Diese nützen sich ab und sind dann ebenfalls Ursache für Luftverluste. Schadhafte Nippel sollten, wie die Kupplungen auch, zeitnah ersetzt werden. Solche aus gehärtetem Stahl nutzen sich weniger schnell ab und halten damit länger dicht.

Schadhafte Kupplungen, Stecknippel und Leckagen in den Schläuchen wirken wie Düsen, durch welche die Druckluft mit hoher Geschwindigkeit austritt. Da es sich dabei um Dauerverbraucher rund um die Uhr handelt, ist der Aufwand zum Ausgleich der Verluste beträchtlich. Ein nur ein Millimeter grosses Loch im Schlauch sorgt für spürbaren Mehraufwand. Exemplarische Rechnungen dazu gibt es viele. Zum Beispiel: Bei acht bar Netzdruck entweichen aus einer solchen Leckage 75 Liter pro Minute. Für den dazu nötigen Volumenstrom muss der Motor 0,6 Kilowatt bereitstellen. Bei einem Strompreis von 20 Rappen je Kilowattstunde ergeben sich durch das winzige Leck Mehrkosten von etwa tausend Franken pro Jahr.

Angaben führen zu heisser Luft

Optimierungspotenzial gibt es meist auch beim Herzstück einer Druckluftanlage, dem Kompressor. Oft ist dieser alt, hat vor 20 Jahren den Bedürfnissen entsprochen, weshalb die entscheidende Frage lautet: Stimmt die Anlage auch heute noch für den Betrieb? «Der Bedarf an Druckluft hat zugenommen», sagt Knöpfel. Wenn man sich die Datenblätter der Maschinenhersteller ansieht, kommt man auf erstaunlich hohe Resultate beim Luftbedarf. Klar, beim Werkzeugwechsel im Bearbeitungszentrum geht recht viel Luft weg, und Breitbandschleifmaschinen blasen die Bänder ab, auch dort wird permanent ordentlich Druckluft verbraucht. Aber: «Die Hersteller geben die Werte im Moment der grössten Leistung an. Die wird aber nur punktuell benötigt. In der Realität ist also der Druckluftbedarf im Durchschnitt kleiner als die Summe der Werte aus den Datenblättern. Wenn man diese zugrunde legt und aufsummiert, einen entsprechenden Kompressor und Speicher beschafft, ist die Anlage am Ende zwei oder dreimal zu gross geraten», erklärt Knöpfel. Und das ist dann auch nicht gut. Das Einmaleins der Druckluft ist also komplexer, als man zunächst annehmen mag. Gleichzeitig ist der zentrale Punkt: Der Kompressor sollte eine optimale Grösse haben, damit einerseits alles funktioniert und andererseits die teure Energie und damit bares Geld nicht einfach verpuffen. «Das Gespräch mit den Verantwortlichen im Betrieb darüber, wie gearbeitet wird, ist entscheidend. Nur dann lässt sich die optimale Lösung finden», sagt Schweizer.

Falls zu klein, einfach noch einen

Tendenziell sind die eingesetzten Kompressoren in den Schreinereien heute allerdings eher zu klein. Zwar ist der Einsatz von druckluftbetriebenen Handwerkzeugen zurückgegangen, doch dafür ist der Bedarf bei den stationären Maschinen gestiegen. Eine Lösung ist, dem Kompressor einen zweiten hinzufügen. Der neue Kompressor liefert dann die Luft, und der alte steht als Ersatz parat, falls es doch einmal zu einem dieser Montage kommen sollte. Generell ist die Kombination von Kompressoren eine interessante Lösung. Diese können mithilfe einer Steuerung gekoppelt werden. Bei Näf hat man jüngst eine solche für bis zu drei Geräte entwickelt. Somit können die Laststunden geteilt werden, aber vor allem erhält die Schreinerei dadurch eine hohe Betriebssicherheit. Nachteilig dabei ist der höhere Wartungs- und Serviceaufwand, der laut Schweizer auch in mittelgrossen Unternehmen zunehme.

Manchmal braucht es auch keinen grösseren oder zusätzlichen Kompressor. So können Bedarfsspitzen auch durch zusätzliche Drucklufttanks aufgefangen werden – und zwar durchaus direkt an der Maschine platziert. Das ist dann eine besonders kostengünstige Variante. «Man muss den Bedarf des Kunden genau kennen, dann findet sich auch die richtige Lösung», sagt Knöpfel. Auch solle man nicht zu weit in die Zukunft planen bei der Druckluft durch künftige Maschinenanschaffungen. Mit einem richtig dimensionierten Kompressor lassen sich laut Energie Schweiz rund zehn Prozent an Energie einsparen. Und: Kompressoren sollten auch laufen, vor allem die Schraubenkompressoren seien gegenüber Stillstandszeiten empfindlich. Diese benötigen eine gewisse Betriebstemperatur. Ist dieser zu gross dimensioniert, geht viel Energie durch die Anlauf- und Nachlaufzeiten verloren. Bei den Gesamtkosten für einen Kompressor von der Anschaffung bis zur Entsorgung entfielen 15 % auf die Investition, 10 % auf den Unterhalt, aber 75 % auf die benötigte Energie, schätzt Knöpfel.

Leitungen sind schnell installiert

Druckluftleitungen halten meist recht lange. Sehr alte, dann meist aus verzinktem Material eingesetzte Exemplare können Rost angesetzt haben, was zu Beeinträchtigungen bei der Qualität der Luft führen kann. Eine Leckage bei der Installation einer Ringleitung würde laut Knöpfel aber nur in den wenigsten Fällen auftreten.

Trotzdem kann es zielführend sein, auch die Installation als Effizienzkiller genauer ins Visier zu nehmen. Denn zu geringe Querschnitte sorgen für einen übermäs- sigen Druck und damit zu hohe Kosten. «Sind die Leitungsquerschnitte zu klein, kann der neue Kompressor seine Leistung im Prinzip nicht fördern», erklärt Schweizer. Inzwischen gibt es Langzeiterfahrungen mit Kunststoffrohren. Bei ursprünglich von Schneider Airsystems erfundenen Rohren könne man mit der Installation auf 20 Jahre Erfahrung zurückblicken, sagt Knöpfel. Das Rohr aus wertigem Polyamid hat einfache Steckverbindungen, die werkzeuglos montiert werden und sogar wieder gelöst werden können. Das Rohr muss lediglich sauber abgeschnitten und entgratet werden (Seite 10). «Das kann ein Schreiner auch selbst erledigen», sagt Knöpfel. Auch für Aluminiumrohre gibt es inzwischen Stecksysteme. Andere werden verspresst, genauso wie bei Wasserleitungen. Wichtig ist, dass der Durchmesser einer Ringleitung zum Bedarf passt. «In den meisten Fällen reichen 28 mm für Schreinereien», sagt Knöpfel. Noch so eine entscheidende Frage: Welchen Innendurchmesser hat die Ring-leitung in der Werkstatt eigentlich?

www.naef-ag.chwww.protechnik.chwww.schneider-airsystems.de

Förderprogramm des Bundes

Förderanträge für die Anschaffung eines energieeffizienten Kompressors können noch bis Montag, 2. Mai 2022, auf der Seite prokw.ch eingereicht werden. Im Rahmen des Programmes vom Bundesamt für Energie werden bis zu 30 Prozent der Investitionskosten erstattet. Die Zielgruppe sind laut Amt Betriebe mit einer Gesamtleistung der Drucklufterzeugung von 5 bis 50 kW. Voraussetzung dabei ist, dass die Massnahme noch nicht umgesetzt wurde. Also erst beantragen, den Bescheid abwarten und erst dann den neuen Kompressor bestellen.

www.prokw.ch/de

Christian Härtel, CH

Veröffentlichung: 07. April 2022 / Ausgabe 14/2022

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