Durch Leckagen verpufft Geld

Einsparungen in barer Münze lassen sich bei den meisten Druck-luftanlagen recht leicht realisieren. Bild: Christian Härtel

Druckluft.  Druckluft ist teure Energie. Hat die Druckluftanlage ein Leck, strömen mit der Luft auch die Franken hinaus. In kleinen Optimierungsschritten kann ein Betrieb erheblich Energie und Kosten sparen. Es beginnt mit der Beseitigung von Leckagen im System.

Druckluft ist eine vielseitig einsetzbare, in der Fertigung von Schreinereien und Holzbaubetrieben unverzichtbare, aber auch teure Energieform. Das ist bekannt.

Wie kostspielig die Druckluft aber konkret ist, wie viel Geld sich pro Jahr durch Leckagen in Luft auflöst oder im Leitungsgewirr hängen bleibt, weil Komponenten nicht richtig aufeinander abgestimmt sind, überrascht die Akteure doch immer wieder.

Hinschauen lohnt sich

Druckluft ist in jedem Holz verarbeitenden Betrieb vorhanden, fast selbstverständlich. Aber kaum einmal steht sie im Fokus der Überlegungen. Dabei wäre genau dies bare Münze wert. Denn auch ohne grosse Ersatzinvestitionen lassen sich durch Optimierungsmassnahmen die oft viel zu hohen Betriebskosten spürbar senken. René Schneebeli, Inhaber und Geschäftsleiter der gleichnamigen Schreinerei in Ottenbach ZH, hat sich seine Druckluftanlage schon vor vielen Jahren genauer angesehen. Zusammen mit dem Bundesamt für Energie hat er bereits 2002 eine Analyse erstellt. «Wir konnten mit den Ergebnissen so einiges einsparen. Etwa indem wir Absperrventile eingebaut und die Laufzeiten gesenkt haben. Zudem fahren wir die Anlage heute auch mit weniger Druck», sagt Schneebeli und fügt hinzu: «Vermutlich sind sich viele der Kostenproblematik mit Druckluftanlagen nicht bewusst.»

Dabei ist die Rechnung relativ einfach, auch wenn konkrete Grundlagen, sprich Zahlen, für den eigenen Betrieb oft fehlen. Für eine Abschätzung genügen Durchschnittswerte für die Kosten je Kubikmeter aufbereiteter Druckluft. Und die gibt es. «Ein Kubikmeter Druckluft kostet im Schnitt etwa fünf Rappen», sagt der Fachlehrer Kurt Hächler, der als Referent bei der Veranstaltung «SchreinerUpdate» zum Thema informiert. Die Experten von Energie Schweiz, dem Programm des Bundesamts für Energie, gehen sogar von deutlich höheren Kosten aus, von mindestens zehn Rappen pro Kubikmeter aufbereiteter Luft.

Immer wieder vorrechnen

Die Kosten der Arbeit mit druckluftbetriebenen Werkzeugen lassen sich so einfach einschätzen. Als Beispiel kann der oft vorhandene und eingesetzte Exzenterschleifer dienen. Die neusten und sparsamsten Modelle benötigen etwa 300 Liter pro Minute.Andere, ebenfalls neue Werkzeuge liegen sogar jenseits der 500-Liter-Marke, von älteren Modellen ganz zu schweigen. Und die sind häufig noch in Betrieb, weil Druckluftwerkzeuge oft sehr alt werden.

Für die Schleifarbeit mit dem Druckluftwerkzeug mit 500 Litern pro Minute braucht es pro Stunde 30 Kubikmeter Druckluft. Bei einem Kubikmeterpreis von nur 5 Rappen sind dies 1,50 Franken Kosten pro Stunde nur für die Energie.

Würde man stattdessen einen elektrisch betriebenen Exzenterschleifer mit heute gängigen 300 Watt Leistungsaufnahme verwenden, resultiert nach einer Stunde Schleifen ein Verbrauch von 0,3 kWh. Bei durchschnittlichen Kosten von 20 Rappen pro kWh könnte die gleiche Schleifarbeit also für ganze 6 Rappen erledigt werden. Damit liegen die Kosten für das druckluftbetriebene Werkzeug beim luftintensiven Schleifbeispiel um das 25-fache höher, als es eigentlich nötig wäre. «Der Umstieg auf elektrische Varianten bei sehr luftintensiven Druckluftwerkzeugen ist durchaus eine Überlegung, der man sich stellen sollte», sagt Stefan Portmann, Leiter Diplomausbildungen und Seminare der Höheren Fachschule Bürgenstock.

Umfassende Optimierung

Prominentes Beispiel für eine umfassende Optimierung der Druckluftanlage ist die Türenfabrik Brunegg. Das Unternehmen konnte seinen jährlichen Stromverbrauch laut Energie Schweiz durch eine neue Anlage um ganze 24 000 kWh senken. Durch die ebenfalls umgesetzte Nutzung der Druckluftabwärme kommt dazu noch eine Einsparung bei der Wärmeenergie von jährlich 75 000 kWh hinzu.

Das Beispiel zeigt, dass mit anstehenden Ersatzinvestitionen für die gesamte Druckluftanlage erhebliche Einsparungen einhergehen. Aber auch kleine und kleinste Massnahmen senken die Kostenbelastung spürbar. So rechnet Energie Schweiz vor, dass sich mit 20 Prozent der möglichen Massnahmen bis zu 80 Prozent Wirkung realisieren lassen. An erster Stelle steht dabei die Beseitigung von Leckagen.

Hand aufs Herz, wer kennt es nicht: Alle Maschinen stehen still und auch die Bankarbeit ruht. Erst jetzt hört man das Pfusen, manchmal auch aus mehreren Quellen, an verschiedenen Orten. Das ist der Moment, bei dem man sicher sein kann, dass sich Geld gerade in Luft auflöst. Schaltet sich dann auch noch der Kompressor ein, obwohl alle Verbraucher längst Feierabend haben, besteht dringend Handlungsbedarf.

Das Zischen hört man manchmal

«In einem Druckluftsystem, das lediglich mit 6 Bar betrieben wird und irgendwo eine Leckage von 1 Quadratmillimeter hat, entweichen rund 70 Liter pro Minute», weiss Hächler. Dies eine Leck verursache so Kosten von etwa 700 Franken pro Jahr.

«Leckagen im System sind bei einem grossen Teil der Anlagen die bedeutendste Verlustquelle. Untersuchungen zeigen, dass 25 bis 60 Prozent der erzeugten Druckluft über Lecks verloren gehen», so Energie Schweiz. Und dabei muss es noch nicht einmal hörbar pfusen. Denn auch in sorgsam gewarteten Anlagen würden regelmässig Lecks auftreten.

Wenn ein Kompressor während der Laufzeit sorgsam beobachtet wird und ausserhalb der Lastzeiten der Verdacht von vorhandenen Leckagen aufkommt, sollte man sich auf die Suche begeben. Die einfachste und rationellste Methode der Ortung von Lecks ist der Einsatz eines Ultraschall-Messgerätes. Dies ist auch während des laufenden Betriebes möglich. Das Gerät kostet rund tausend Franken. Wer eine solche Anschaffung scheut, kann sich von seinem Druckluft-Partner-Unternehmen auch für einige Tage ein Mietgerät besorgen.

Laut den Experten ist die Wahrscheinlichkeit von Leckagen umso grösser, je näher man den Endverbrauchern kommt. «Mehr als 95 Prozent der Verluste durch Leckagen treten nach der Druckluftzentrale auf», so Energie Schweiz. Deshalb ist es sinnvoll, mit dem Messgerät systematisch die Komponenten zu prüfen. Wenn Leckagen trotz des Messgerätes nicht zweifelsfrei zu lokalisieren sind, hilft der Einsatz von Prüfschaum oder auch einfach Seifenlauge, die an den Knackpunkten Blasen bildet.

Nicht auf der dünnen Leitung stehen

Lohnend ist auch eine Überprüfung des Leitungsnetzes im Hinblick auf den für den jeweiligen Verbraucher nötigen Volumenstrom an Druckluft. «Relativ häufig finden sich irgendwo im Netz zu kleine Querschnitte, was dann zu einer höheren Druckeinstellung führt, damit am Ende genügend Luft ankommt», weiss Hächler. Ein zu dünn dimensionierter Schlauch im Netz sorgt so für einen möglicherweise unnötig hohen Druck im ganzen System. Verantwortlich dafür können auch zu klein dimensionierte Anschlusskupplungen sein, die dann den gleichen Effekt haben. Auch diese Optimierung zahlt sich aus. Energie Schweiz zeigt auf, dass sieben Prozent an Energiekosten eingespart werden können, wenn der Systemdruck um 1 Bar gesenkt werden kann. Damit lässt sich auch das Risiko der Leckbildung verringern. Denn weniger Druck bedeutet eine geringere Belastung für sämtliche Teile im System.

Viele Hebel zum Ansetzen

Um den erforderlichen Netzdruck anhand des Kompressors einschätzen zu können, muss man sich am höchsten Betriebsdruck orientieren. Dieser Wert plus etwa 1 Bar an Druckverlust durch die nachgeordneten Komponenten ergeben über den Daumen gepeilt den nötigen Netzdruck. Es empfiehlt sich, zur Optimierung den Netzdruck in kleinen Schritten zu reduzieren, um dem minimal nötigen Druck näherzukommen. Dies kann etwa eine wöchentliche Absenkung um 0,1 Bar sein.

Läuft alles ohne Einschränkung weiter, ist der höhere Druck auch nicht erforderlich. Die einfachste Variante, Energie und Kosten bei der teuren Druckluft zu sparen, ist das Abschalten. Was banal klingt, wird oft nicht gemacht, damit es am nächsten Morgen bei Arbeitsbeginn nicht zu Verzögerungen kommt. Denn etwa der Kältetrockner braucht etwas Zeit, bis er nach dem Einschalten seine Betriebstemperatur erreicht. Trotzdem lässt sich durch Abschalten der Druckluftanlage über Nacht und an Wochenenden eine Menge Energie einsparen. Geschieht dies manuell, müssen einige Punkte beachtet werden, damit das Druckluftsystem keinen Schaden nimmt.

Automatisierter Vorgang

Ein Kugelhahn kann innerhalb kürzester Zeit geöffnet werden. Dies sollte man jedoch bewusst vermeiden und durch langsames Öffnen für einen sanften Druckaufbau sorgen. Auch zu diesem Thema hat Energie Schweiz Merkblätter mit Anleitungen herausgegeben, um ein manuelles Ein- und Ausschalten der ganzen Druckluftanlage, oder Teilsträngen davon, korrekt zu bewerkstelligen. Komfortabler und risikoärmer geht dies freilich mit Automatisierung. Für die Installation einer vollautomatischen Steuerung benötigt es laut Energie Schweiz eine Investition zwischen 1000 und 3000 Franken. Diese koppelt das Leitungsnetz 30 Minuten nach Betriebsschluss mit einem elektrisch betriebenen Kugelhahnen ab und schaltet den Kompressor samt dem Trockner aus.

Mit der Schaltuhr lässt sich leicht die Steuerung der Komponenten einstellen, sodass diese vor Arbeitsbeginn wieder betriebsbereit sind. So entstehen weder zusätzliche Wartezeiten oder Arbeitsschritte. Verschiedene Experten haben eine solche Massnahme nachgerechnet und kommen dabei auf eine Amortisationszeit von etwa 1,5 Jahren bei einem Investitionsvolumen von unter 3000 Franken. Die laufende Energieeinsparung ist dabei beachtlich. Bei einer grossen Zwei-Zoll-Leitung beträgt diese über 4000 Franken pro Jahr.

Zuständigkeiten sind geregelt

In der Schreinerei Schneebeli sind die Zuständigkeiten für die Druckluftanlage seit der Untersuchung und der Optimierung damals klar geregelt. Der Betriebsleiter ist verantwortlich für die Anlage, und mit der regelmässigen Wartung ist ein Mitarbeiter betraut. Das eingesparte Geld kann die Schreinerei so seit Langem sinnvoller einsetzen, als es in Luft aufzulösen.

www.schneebeli.chwww.hfb.chwww.brunex.chwww.druckluft.ch

Schreinerupdate

Die nächsten Termine

Ein praxisnahes Wissens-Update auf zwei Themengebieten von je 66 Minuten Dauer bietet der VSSM mit der Reihe «SchreinerUpdate». Die nächsten Termine mit dem Thema «Arbeiten mit Druckluft» sind:

  • 17. Januar 2020, Gordola TI
  • 11. März 2020, Kriens LU
  • 19. Oktober 2020, Bern
www.schreinerupdate.ch

ch

Veröffentlichung: 14. November 2019 / Ausgabe 46/2019

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