Ein Blatt mit mehr als zwei Seiten

Innenansicht einer gelungenen Haustür im Neubau. Geplant von den Architekten Mathis Meier, umgesetzt von der Schmidiger AG. Bild: Hugo Raeber

Gestaltung.  Wer eine gut gestaltete Haustür erschaffen möchte, muss seinen Blick weiten. Nicht nur Aussen- und Innenansicht gilt es zu betrachten, sondern auch die ganze Umgebung, einschliesslich der Bewohnerschaft. Zwei Spezialisten verraten, worauf es dabei noch ankommt.

In Zürich gibt es keine Himmelspforte. Dafür aber ein Höllentor. Es findet sich rechts neben dem Haupteingang zum Kunsthaus. Seit 75 Jahren steht es dort. Eine Attraktion, erschaffen vom Künstler Auguste Rodin. Einen bleibenden Eindruck trägt davon, wer das Portal mit seinen 186 dargestellten Figuren genauer inspiziert.

Und die reale Eingangstür des renommierten Hauses? Kaum jemand kennt die Antwort. Unauffällig kommt die in Metall gefasste Glastür daher. Ihren Zweck jedoch erfüllt die Eingangstür zur Kunst. Sich selbst zurücknehmend, eingebettet in der Umgebung des mächtigen Eingangsportales mit der Funktion eines Windfangs, verrichtet sie unauffällig ihren Dienst.

Fragen drängen sich auf, wenn man sich umsieht nach Haustüren aus den letzten Jahrzehnten. Etwa ob das gewisse Extra von Aussentüren ein Privileg der Vergangenheit sei. Und: Warum Haustüren, vor allem im privaten Bereich, allzu oft wie Fremdkörper im Gebäude wirken. Wer Beispiele dagegen sucht, hat einiges zu tun. Es gibt sie, doch anderes findet sich meist leichter.

Erstmal recherchieren

Bevor Franz Schmidiger (kleines Bild) mit der eigentlichen Arbeit für eine neue Haustür beginnt, steht eine Recherche vor Ort an. «Das Alter des Hauses, seine Geschichte, die Bauart, die räumliche Umgebung und nicht zuletzt die Persönlichkeit der Eigentümer gilt es dabei zu ergründen», erzählt Schmidiger, Inhaber und Geschäftsführer des gleichnamigen Fachbetriebes für Fenster, Türen und Innenausbau in Baar ZG. Schliesslich sage eine Haustür nicht nur etwas über das Haus, sondern auch über die Bewohnerschaft und deren Einstellungen aus.

Wohl jeder würde sagen, dass eine gut gestaltete Haustür Beratung und Ideenreichtum braucht. Wie man aber zu einer stimmigen Aussentür kommt, bleibt im Detail meist nebulös. Für Schmidiger ist klar, dass man ein Haus gesehen haben muss, um eine passende Tür entwerfen zu können. Wie bei vielen anderen Arbeiten aus der Schreinerei auch habe die Kundschaft meist keine konkrete Vorstellung davon, wie etwas sein könnte oder sollte. Deshalb müsse man den Kunden dort abholen, wo dieser stehe. Die Kundschaft für die Wichtigkeit der Haustür zu sensibilisieren, stehe oft am Anfang.

Erfassen und danach gestalten

Gute Gestaltung ist immer ein Prozess im Kontext der realen Gegebenheiten. Und damit ist es etwas ganz anderes, als ein für sich genommen gutes Design aus einem Katalog auszuwählen.

Die Wege und damit auch die Priorisierung von Aspekten hin zur guten Gestaltung einer Haustür können deshalb unterschiedlich sein. Der Eingang zum Gebäude kann kontrastreich daherkommen, sich aber trotzdem stimmig ins Ganze einfügen oder völlig eigenständig gestaltet sein und dennoch mit dem Gebäude und der Umgebung harmonieren. Die gute Gestaltung kann auch in einer eher unscheinbaren Tür münden, vor allem wenn die Umgebung eher schwierig ist und eine starke Farb- und Formensprache für den Eingang am Ende schlicht zu viel des Guten wäre.

«In der Regel muss die Tür in das Ensemble der Fassade oder eine Fensterfront integriert werden. Man kann sie gar nicht isoliert betrachten», sagt Schmidiger. Für den Schreinermeister fügt sich in der Haustür zusammen, was sein tägliches Geschäft bedeutet. Als Fensterbauer hat das Unternehmen das bauphysikalische sowie technische Wissen und Können, und aus dem Innenausbau bringt das Team auch die gestalterische Kompetenz mit. Denn Haustüren, die unpassend wirken, entstammen nicht nur Katalogen, sondern kommen auch aus Werkstätten von Schreinern.

Die Haustür stimmig gestalten ist nicht in jeder Schreinerei ein Steckenpferd. Fensterbauer seien oft fokussiert auf Technik, Schreiner und Innenausbauer dagegen auf die Gestaltung im Inneren. Für Haustüren brauche es beide Kompetenzen. Nur so könne vermieden werden, dass eine an sich gut gestaltete Tür und ein schmuckes Haus am Ende nicht zusammenkommen und so «beide nichts mehr zu sagen haben», wie Schmidiger es ausdrückt. Die Folge: Die Aussentür stiehlt dem Haus die Show, oder der Eingangsbereich wird gar nicht als solcher wahrgenommen.

Kompetenzen zusammenbringen

Besonderes herausfordernd ist deshalb die Haustür in einem bestehenden Gebäude. Wird die Aussentür vom Architektenteam entworfen, korrespondiert diese, von aussen gesehen, meist mit den Fenstern und der Fassade. Störende Missgeschicke im Detail wie unpassende Beschläge oder eine Vergitterung des Glasausschnittes in völlig anderem Stil unterlaufen den professionellen Gestaltern kaum. Im Neubau mit freier Planung ist die gelungene Haustür deutlich einfacher, gegenüber einem Exemplar im Bestand mit einer Geschichte und deren Spuren.

Eine enge Zusammenarbeit von Planenden und Schreinerei ist nicht nur für das Gelingen der Gestaltung wichtig, sondern auch, um die heute hochstehenden technischen Anforderungen in das Konzept mit einzubinden. Ansprüche und Planung von Technik und Elektronik würden von Architekten oft unterschätzt. Zwar stünden Öffnungssysteme, Fingerscanner, Motorenschlösser bis hin zur Alarmanlage, genauso wie Schallschutz, Einbruchhemmung oder Wärmedämmung, einer guten Gestaltung nicht im Wege, doch nehme mit jedem Anspruch auch der Aufwand für eine Haustür zu.

Kleinigkeiten entscheiden

Wie diffizil das Ganze ist und welchen entscheidenen Einfluss Details haben können, zeigt ein aktuelles Beispiel aus Riehen BL (Bild unten), das von der Schreinerei Della Torre GmbH in Luzern umgesetzt wurde. Die raumhohen Verglasungen im Erdgeschoss sind teilweise mit kräftigen Holzlamellen zur Beschattung verkleidet. Die Hauseingangstür sollte ursprünglich das Lamellenprofil aufnehmen und so gestalterisch eine Verbindung schaffen. «Damit die Tür aber auch für sich steht, haben wir uns für die glatte Oberfläche ohne Lamellenprofil entschieden», erklärt Orlando Della Torre (kleines Bild), Inhaber und Geschäftsführer der ausführenden Schreinerei aus Luzern. Auch die Architektenschaft hatte erkannt, dass die Haustür gegenüber der urspünglichen Idee mit den Lamellen eine stärkere Eigenständigkeit braucht. Die gestalterische Verbindung der Elemente bleibt auch ohne Lamellen durch den Einsatz von roh belassener, feinjähriger Berglärche gewahrt.

Bei der Della Torre GmbH kommt man aus den Innenräumen zu den Haustüren. «Was wir besonders gut können, das ist das Gestalten und die Ausführung von Anschlüssen», sagt Della Torre. Den Anspruch, jede Tür selbst fertigen zu müssen, hat das Unternehmen nicht. Stattdessen arbeitet man mit Partnern zusammen, die auch ein 2,90 m hohes Türblatt so produzieren, dass es am Ende funktioniert. «Wir sind quasi Vermittler, die für ein gutes Ergebnis sorgen, weil die Planungskompetenz bei uns liegt», sagt Della Torre. So wurde das Element für das Lärchen-Türblatt von der Entla AG in Entlebuch LU gefertigt. Das Team von Della Torre kümmerte sich um die nötigen stabilen Anschläge des schweren Portals in der Glasfront, die saubere Anbindung der Bauanschlüsse und das vorgehängte Tür-Doppel samt der Oberflächenbearbeitung für eine gelungene Gestaltung.

Aussen anders als innen

Die Schreinerei Della Torre GmbH ist Spezialistin für die feinen und grossformatigen Schiebetür-Elemente und Raumteiler von Rimandesio aus Italien. Seit 25 Jahren arbeitet die Schreinerei in der Schweiz exklusiv mit den meist raumhohen Elementen. Dadurch wird die Schreinerei bereits zu einem frühen Zeitpunkt am Bau tätig. «Wenn wir die Rimandesio-Zimmertüren realisieren, kommt oft der Wunsch auf, dass die Wohnungseingangstür oder die Haustür gestalterisch an die raumprägenden Elemente anknüpft», erklärt Della Torre. Dadurch kann die Gestaltung auch im Rauminneren aus einem Guss ausgeführt werden.

Für Della Torre ein spezielles Merkmal der Haustür: «Man muss sie von aussen und innen unterschiedlich betrachten.» Beide Seiten müssten in die Überlegungen miteinbezogen werden, um einen häufig gemachten Fehler zu vermeiden: Man konzentriert sich ganz auf die Wirkung der Tür von aussen in der Gebäudehülle und beachtet dabei nicht, dass die Tür im Rauminneren wie aus dem Rahmen gefallen wirkt.

Ganz besondere Aussen- und Innentüren finden sich auch im Erweiterungsbau des Kunsthauses Zürich, realisiert von der Frank Türen AG in Buochs NW. Die gestalterische Linie der mit Messingblech belegten Türen taucht dabei auch an der Eingangstür in der Fassade auf. Golden schimmernd, bildet das doppeflüglige Bauteil einen verheissungsvollen Eintritt in die heiligen Hallen der Kunst. Zumindet aus der Sicht von Kunstliebhabern hat Zürich so nun vielleicht doch eine Himmelspforte.

www.schmidiger-fenster.chwww.dellatorre.ch

Christian Härtel

Veröffentlichung: 10. Februar 2022 / Ausgabe 6/2022

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