Ein Brett fürs genussvolle Gleiten

Um wirklich gute Kerne für Snowboards zu erhalten, müssen erst einmal dicke Schicht-holzblöcke hergestellt werden. Bilder: SZ, Andreas Brinkmann

Sport mit Holz.  Das Snowboard hat sich in der Schweiz seit den 80er-Jahren einen festen Platz bei den Wintersportlern erobert und besteht in der Regel zu einem wichtigen Teil aus Holz. Entsprechend vertraut wirken die handwerklichen Entstehungsschritte.

Der Wintersport hatte Anfang der 80er-Jahre gerade mal wieder einen Höhepunkt erreicht. Für jeden Fahrstil gab es spezielle Ski, und als Könner galt, wer seine zwei Bretter absolut parallel halten konnte. Doppelbindungen auf erhöhten Konsolen wurden auf normalbreite Monoskis montiert, und für den Tiefschnee gab es extrabreite Ski ohne Metallkanten, auf welche beide Bindungen nebeneinander montiert werden konnten. Vom Surfen im Wassersport inspiriert, entstanden Skateboards für die Strasse. Und dieses Gefühl des seitlichen Gleitens sollte auch im Schnee möglich werden. Findige Tüftler haben in der Folge diese Umsetzung auf sehr verschiedenen Wegen versucht, woraus dann kleinere Manufakturen entstanden sind. Die heutigen Bretter sind den aktuellen Ski aber in vielen Dingen sehr ähnlich.

Der Kern ist aus Holz

Durch ihre Breite brauchen Snowboards, ausser der Festigkeit in der Längsbiegung, für ein ruhiges Fahren eine gut definierbare Verwindungssteife. Etwas vom Wichtigsten ist der Kern, der die Grundform gibt, alle Befestigungspunkte aufnimmt und für die grundsätzliche Festigkeit sorgt.

Nach vielen Versuchen mit anderen Materialien – vor allem im Skibereich – verwenden die meisten Hersteller dazu vor allem wieder Holz. Der Grossteil dieser Kerne entsteht in Döttingen AG bei der Firma Hess &  Co. AG. «Jeder Auftraggeber hat seinen ganz persönlich entwickelten Schichtaufbau», weiss Jürg Mock, der für die Skiprodukte verantwortlich ist. «Dieser bestimmt, mit welchen Materialien, Dicken und in welcher Reihenfolge der Kernaufbau zu erfolgen hat.» So dick, wie die Kerne später breit sein sollen, werden dann Schichtholzblöcke verleimt. Neben ganz verschiedenen Holzsorten können diese auch Schichten aus Bambus oder Kunststoff enthalten.

Die Blöcke werden dann mit einer kleinen Vollgattersäge in die gewünschten Kernrohlinge aufgeteilt. Die Schnittfläche ist dabei dennoch sehr fein und weist keine starken Spuren auf. Speziell am Aufbau ist, dass die Schichten im fertigen Brett letztendlich immer stehend sind und sowohl aus dickem Schälfurnier als auch aus gehobelten Brettern bestehen. Eine durchgängig konstante Holzfeuchtigkeit ist bei der gesamten Verarbeitung äusserst wichtig, da der Mix aus harten und weichen Hölzern sonst kaum die Form halten würde.

Vorarbeiten am Serienrohling

Wünscht das der Kunde, werden die Rohlinge anschliessend auf dem CNC-Fräscenter fertig bearbeitet. Sie erhalten so die geforderten Konturen in der Höhe und Breite sowie alle Bohrungen und Ausfräsungen für die Befestigungselemente, die auch gleich eingeleimt werden. Manche Hersteller wollen auch, dass nach der seitlichen Konturfräsung Kunststoffkanten angeleimt werden, was dann noch vor der Fräsung der Dicke geschehen muss.

Serienkerne erhalten eine ganze Reihe von Anschraubmöglichkeiten, um später verschiedene Bindungen in unterschiedlichen Positionierungen aufnehmen zu können. Je nachdem für welches Board diese Kerne gedacht sind, unterscheiden sich dann die Bohrbilder.

Ein individuelles Angebot

Etwas anders als bei grossen Stückzahlen sieht die Fertigung in einem kleinen Betrieb aus, der sich darauf spezialisiert hat, das Snowboard auf seine Kunden zugeschnitten herzustellen. Die Firma Oxess GmbH aus Bubikon ZH ist eine solche. Ihr Gründer Marcel Brunner ist Spezialist für Verbundwerkstoffe, hat für das einzige Schweizer Formel-1-Team gearbeitet und ursprünglich Schreiner gelernt. Aus Liebe zu seinem Hobby und mit Wissen und Können aus seinen Berufen entstanden Anfang der 90er-Jahre die ersten Snowboards – damals noch in der Freizeit. Der Erfolg verhalf Marcel Brunner diese Tätigkeit zum Beruf zu machen. Dabei wurden die Produkte in den vergangenen Jahren, auch mithilfe der Rennfahrer, die diese an Wettkämpfen einsetzten, weiter optimiert.

«Wir kaufen den Kern immer in seiner parallelen Rohform ein», erklärt Marcel Brunner. «Dadurch ist es uns möglich, ganz spezifisch auf die Konturwünsche vor allem der Athleten einzugehen und auch dem Normalkunden ein weitgehend angepasstes Snowboard bieten zu können.»

CNC-Bearbeitungen einmal anders

Die eigentliche Produktion erfolgt mit wenigen Mitarbeitern und einigen spezielleren Maschinen. Für den Zuschnitt der verschiedenen Schichten nimmt ein CNC-Cutter, wie er sonst im Bereich Leder- oder Kartonzuschnitt verwendet wird, einen grossen Teil der Werkstatt ein. Neben dem Schneidaggregat, mit verschiedenen oszillierend laufenden Messern, trägt die Maschine auch ein Fräsaggregat, das eine Drehzahl von 50 000 U/min erreicht. Dadurch ist es möglich, feste Materialien bis 19 mm Dicke zu bearbeiten. Das reicht für sämtliche Fräs- und Bohrarbeiten. Gebohrt wird auf Wunsch für die vorgesehene Bindung und im Abstand, wie es der Nutzer braucht.

Die Präzision des Cutters erlaubt zudem passgenaue Einlegearbeiten, wie etwa den Schriftzug im Belag. Dafür wird für diesbezügliche Sonderwünsche nur eine EPS-Datei zur Umsetzung gebraucht. Die Rohkerne erhalten also auf dieser Maschine zuerst ihre Taillierung, um anschliessend noch mit Hartholz- und Kunststoffkanten versehen zu werden.

Die CNC-Breitbandschleifmaschine übernimmt dann in der Folge nicht nur den Planschliff, sondern ist in der Lage, die Dickenkontur individuell in den Kern zu schleifen. Somit kann das Fahrverhalten des Snowboards ganz entscheidend fallbezogen beeinflusst werden.

Sandwichaufbau

Ist der Kern fertig bearbeitet, werden die Gewindemuffen gesetzt und die Schichtverleimung mit dem vorgängig geschnittenen Belag, den Alublechen und Fiberglasmatten sowie der Deckschicht beginnt. Manche Schichten müssen dabei schon die definitive Grösse haben und andere sind mit einem Übermass leicht vorstehend. Zuerst werden auf den Belag die Metallkanten geklebt, was wie bei allem Folgenden auf der Basis von Epoxidharz geschieht. Bretter, die nur einseitig eine Schaufel aufweisen, erhalten zudem eine Abschlusskante aus Aluminium. «Die Kante ist dazu da, das Board abstellen zu können, ohne es zu verletzen. Sie dient aber nicht dazu, haftenden Schnee durch Aufschlagen abzuschütteln», ermahnt Marcel Brunner.

Der ganze Klebevorgang mit dem Aufbringen der einzelnen Schichten ist dabei reine Handarbeit.

Dauerhaft verbinden

Für eine dauerhafte feste und dichte Verbindung aller Schichten sowie zur Formgebung wird das ganze Paket in eine Schab- lone mit Heizmatte gelegt und mit einem Vakuumsack verpresst. Dieses Gesamtpaket gelangt dann noch für mehrere Stunden in einen Druckbehälter, wodurch der Pressdruck auf etwa 5 kg/cm2 erhöht wird. Zusammen mit dem Aufheizen und Abkühlen des Boards entsteht dann während rund 4,5 Stunden die erforderliche Festigkeit der gesamten Verbindung. Dieses Tempo genügt für eine individuelle Fertigung nach Kundenwunsch. Die Industrie arbeitet allerdings in anderen Temperaturbereichen, um ein höheres Tempo zu erreichen.

Sobald das Snowboard umfräst wurde und die Schraubgewinde zugänglich sind, wird es lackiert und ist bereit für den ersten Kontakt mit dem weissen Element, das vom Himmel fällt.

www.hessco.chwww.oxess.ch

ab

Veröffentlichung: 10. Dezember 2015 / Ausgabe 50/2015

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