Ein paar mehr bitte

Materialerfahrung und Kompetenz schliessen auch die vielfältigen Holzarten mit ein. Manche Manufakturen nutzen diesen Image-gewinn in Zeiten einer alles beherrschenden Holzmode. Bild: Morelato

Besondere Hölzer aus der Schweiz.  Welchen Wert ein Holz hat, liegt zuallererst im Auge des Betrachters. Viele seltene Holzarten werden aufgrund geringer Dimensionen nicht wertgeschätzt, dabei können gerade diese für Schreiner den Unterschied ausmachen.

Immer noch ist es die Eiche. Davor war es lange der Nussbaum. Kurze, fast aufmüpfig erscheinende Intermezzi von Tanne und Lärche mit eingeschlossen. Was Mode ist beim Holz, wird gestaltet durch Marktgiganten im einstimmigen Chor mit den Begleitern. Dem kann sich auch der Handwerker kaum verschliessen, einige wenige machen das freilich schon, und zum Teil auch sehr erfolgreich. Wer legt derzeit schon noch Kirschbaum-Klotzbretter ins Holzlager, oder wünscht er sich diese nicht eher weg? Möge doch endlich ein Auftrag kommen für den mächtigen Ahornstamm, der einst teuer eingekauft wurde, doch derzeit besteht dafür kaum eine Chance. Schaut man sich auf den Möbelmessen um oder blättert in den Hochglanzmagazinen für das Wohnen, muss man feststellen: Die Holzmode ist schnell geworden und vor allem alles durchdringend. Man könnte auch sagen, sie ist globalisiert, was etwa dasselbe sein dürfte. Auf der anderen Seite hört man dauernd, dass es die Kompetenz des Handwerks und insbesondere des Schreiners sei, mit der Vielfalt an Materialien umzugehen. Das hat auch zugenommen, keine Frage, und macht auch nicht Halt vor Lichtkonzepten oder Badezimmerplanungen. Auch das ist gut.

Doch beim Holz, genauer gesagt, bei den Hölzern, ist es nicht ganz so eindeutig. Nicht wenige Säger und Holzlieferanten beklagen einen gewissen Schwund bei der Massivholzkompetenz des Schreiners, etwas, wofür doch der Berufsstand zuallererst steht. Den Schreiner fragt man als Kunde und vertraut ihm, wenn es um Holz geht.

Vielfalt zeigen

Dass es auch anders geht und die Lücken nutzbar sind, die durch das omnipräsente Angebot der Modeholzarten entstehen, zeigt etwa die Schreinerei Spicher. Zum 25-jährigen Bestehen der Firma brachte man «Abwechslung auf den Tisch». Unter diesem Motto fertigte die Schreinerei 25 Tische in 25 verschiedenen Holzarten und präsentierte damit eine 125 m lange Installation an der Muba in Basel, darunter solche aus nicht alltäglichen Holzarten wie Eibe aus dem Tösstal, Mehlbeere aus Laufersdorf, Aprikose aus dem Unterwallis und sogar aus dem Holz des Christusdorns, geerntet in der Parkanlage in Wildegg. Schreiner Markus Spicher hat einfach auch Freude am reichen Fundus an Holzarten, auch an denen aus dem Garten des Nachbarn. «Das Aprikosenholz habe ich lange suchen müssen», sagt Spicher. Natürlich war die Tischserie aus den seltenen Holzarten ein grosser Aufwand, und für gewöhnlich arbeitet die Schreinerei mit etwa 15 verschiedenen Hölzern. Aber bei Bedarf sind den Möglichkeiten offensichtlich kaum Grenzen gesetzt. «Ein Schreiner kann viel besser auf die Materialvielfalt eingehen, als dies etwa der Möbelfachhandel kann. Derzeit arbeiten wir auch viel mit Elsbeere und Mehlbeere», sagt Spicher und nutzt das hohe Engagement in der Materialwirtschaft für das Marketing seines Unternehmens. «Sehr gefreut am Muba-Event hat uns das grosse Interesse der Besucher für die Tischserie», so Spicher.

Diese Erfahrung bestätigen auch Schreiner, die mit Obsthölzern arbeiten, auch wenn es dabei nicht um Quitte oder Aprikose geht. «Arbeiten aus Apfel, Elsbeere oder Zwetschge werden von den Kunden durchaus honoriert, auch im Preis», sagt Laura Ducret, Gründerin von Lorbeer Holzdesign. Die Schreinerin arbeitet gerne mit solchen Hölzern. «Das Problem bei noch selteneren Holzarten ist einfach der Aufwand, diese zu finden. Und – man hat sehr viel Verschnitt, muss schauen, ob es die nötige Länge überhaupt gibt», so Ducret. Interessieren würden sie solche Hölzer durchaus, aber der Zugang dazu fehlt einfach. Damit gehört Ducret aber zu einer kleinen Gruppe derer, die sich überhaupt mit einem solchen Thema beschäftigen.

Kompetenz in Holz

«Nach besonderen Holzarten fragen nur wenige Schreiner. Wenn es einen konkreten Kundenwunsch gibt, kommt so etwas schon mal vor, ansonsten arbeiten die Schreiner mit den zwei, drei gängigen Hölzern», erklärt Andreas Koller, Inhaber der Sägerei Koller AG. Das Unternehmen ist bekannt für seine auch in kleineren Dimensionen vorhandene Vielfalt an Holzarten. Schon die Standardpreisliste enthält Hölzer wie Eibe, Mammut, Thuja oder auch Zeder. Auf Lager würden sich Schreiner solche Hölzer jedoch nicht legen, auch aus eigenem Antrieb frage kaum jemand danach. «Einige wenige haben das Thema für sich entdeckt. Eine gewisse Begeisterung und auch Wissen über die Hölzer braucht es dafür natürlich», so Koller. Damit er ein gut bestücktes Lager an seltenen Holzarten vorweisen kann, muss auch der Säger einen beträchtlichen Aufwand auf der Beschaffungsseite betreiben. Weil viele Exemplare in Gärten und Parks bei Pflegearbeiten anfallen, braucht es dazu ein Beziehungsnetz, damit die Hinweise auf die speziellen Stämme bei der Sägerei rechtzeitig ankommen. «Oft werden interessante Stämme nicht zur richtigen Zeit geerntet, weil es ja nicht zuerst um die Ernte geht», so Koller. Dann kommt es darauf an, schnell zu sein, damit die Hölzer durch eine zu lange Lagerung nicht Schaden nehmen.

Viele enden als Hackschnitzel

«Theoretisch müsste man mit der Waldseite zusammenarbeiten, damit Spezialitäten verfügbar werden. Doch dann braucht man auch ein entsprechendes Lager zum Trocknen des Holzes. Heute, wo alles relativ schnell gehen muss, ist das schwierig», sagt Ducret. Als Sägerei arbeitet Koller natürlich mit dem Forst zusammen. Doch sieht der Experte auch auf der Forstseite nur eine geringe Neigung, auf spezielle Holzarten zu schauen. «Alles, was gegenüber der Norm dünner und kürzer ist, wandert oft in den Häcksler», so Koller. Obwohl der Säger stets Augen und Ohren offenhält und immer wieder Hinweise gibt, dass man doch melden solle, wenn etwas ausserhalb der Reihe anfalle, kommt Koller oft zu spät. So befindet sich der Säger in einer Vermittlerrolle. Einerseits sind es nur wenige Schreiner, die Spezialitäten beachten, andererseits «sind es auch im Forst nur wenige, die einen Bezug zu diesem Thema haben».

Der Umgang mit den Besonderheiten ist dabei für den Säger kein Hindernis. Auch kurze Stämme können mit der Bandsäge eingeschnitten werden. Nach einer Vortrocknung an der Luft wird künstlich auf die entsprechende Gebrauchsfeuchte getrocknet. Freilich braucht es dazu Erfahrung und Wissen um die richtige Behandlung der unterschiedlichen Hölzer. Doch daran scheitert das Ganze aus Sicht Kollers nicht.

Wald und Forst hätten viel zu bieten

Spezialitäten wachsen in den Schweizer Wäldern viele. Wohl die wenigsten davon sind der Mehrheit der Schreiner bekannt und, bezüglich der Verwendungsmöglichkeiten, wohl auch nicht den Forstleuten. zum Beispiel einheimische Arten wie Speierling, Vogelbeere, Mehlbeere, Wildapfel oder etwa die Stechpalme. Dazu kommt eine Reihe eingeführter Arten, die auch als Park- und Alleenbäume selten einer höherwertigen Verwertung zugeführt werden – manchmal jedoch Platane, Mammutbaum, Lebensbaum, Zeder oder Eibe, fast nie der Baumhasel oder Baumformen des Goldregens.

Werden solche Stämme einmal auf Submissionen oder Versteigerungen von Wertholz angeboten, geht das meist durch die Presse als Kuriosität. Fehlen dem vermeintlich richtigen Käufer die entsprechenden Informationen oder die reale Einschätzung über den Wert des angebotetenen Stammes, bleibt dieser sogar liegen und endet dann doch als Hackschnitzel, weil Käufer und Verkäufer sich nicht finden. «Es kommt oft vor, dass wir auf Spezialitäten bieten, der Forst aber sein Angebot zurückzieht. Wird kein anderer Käufer gefunden, erhalten wir wiederum ein Angebot vom Forst, denn die Einschätzung, was ein Stamm wert ist, wird überspielt von der Besonderheit der Art, sprich, der Preis ist zu hoch und die Ausbeute oft gering», sagt Koller. In solchen Fällen liegt das Holz dann ein Jahr im Wald, bevor man sich auf der Forstseite an das Angebot erinnert. Nicht wenige Hölzer sind dann wertlos geworden.

www.spicher.chwww.lorbeeren.chwww.saegerei-koller.ch

Materialarchiv

Seltene Hölzer zum Anfassen

Eine gute Möglichkeit, seltene einheimische Hölzer kennenzulernen, bietet das Materialarchiv. Neben Informationen zu Eigenschaften und Einsatzmöglichkeiten, auch von aussergewöhnlichen Holzarten, kann der Interessierte im Gewerbemuseum Winterthur auch Mustertafeln in die Hand nehmen. Darunter sind solche von Mehlbeere, Flieder, Gingko oder Quitte.

www.materialarchiv.ch

Slow Wood

Netzwerk für «hölzige» Schreiner

«Natürlich lehnt sich der Name an die ebenfalls in Italien entstandene Slow-Food-Bewegung an», sagt Gianni Cantarutti, der Gründer des noch jungen Netzwerkes Slow Wood. Die Ziele sind ehrgeizig und die Mitglieder Überzeugungstäter. Man möchte eine starke Stimme auf dem Gebiet der hochwertigen italienischen Möbelhersteller werden. Bestehend aus einem Netzwerk von erfahrenen Handwerkern und Designern, möchte man ein tiefergehendes Wissen um die Hölzer und ihre speziellen Verwendungsmöglichkeiten im Team bündeln, um sich so besser am Markt positionieren zu können. «Unser Grundverständnis ist davon geprägt, dass jedes Stück Holz einzigartig ist und es dem Wissen und Können des Betrachters obliegt, etwas entsprechendes daraus zu machen», sagt Cantarutti.

www.slowwood.net

ch

Veröffentlichung: 20. November 2014 / Ausgabe 47/2014

Artikel zum Thema

09. Mai 2024

«Einfach mal durchklicken»

Dokumentation.  Auf der Internetseite holzbaukultur.ch wächst eine Dokumentation heran, die den Werdegang des Holzbaus in der Schweiz begreifbar macht. Bis Ende des Jahres sollen 400 Gebäude online sein. Im Gespräch dazu Elia Schneider von der Berner Fachhochschule in Biel.

mehr
17. April 2024

Ein meisterlicher Botschafter

Parkettverband ISP. Im Schloss Laufen am Rheinfall fand die 55. Generalversammlung der Interessengemeinschaft Schweizer Parkettmarkt (ISP) statt. Ein abgekühlter Markt und der Mangel an Lernenden beschäftigt die Bodenlegerbranche auch in diesem Jahr.

mehr

weitere Artikel zum Thema:

Werkstoffe