Eine Bühne für das alte Kunsthandwerk

Hans Werthmüller stellte kunstvoll verzierte Stilmöbel her. Bild: Stefan Liechti-Werthmüller

Zeitreise. Im Schaufenster der Schreinerei Werthmüller AG in Burgdorf kann man derzeit eine nahezu komplette Intarsien-Werkstatt aus vergangenen Zeiten bewundern. Sie gehörte einst dem Ebenist Hans Werthmüller.

Im November erscheint das neuste Jahresbuch 2019 der Stadt Burgdorf bei Bern. Dieses Buch hat mittlerweile eine lange Tradition. Seit 1934 werden darin jedes Jahr Informationen über Vergangenheit und Gegenwart der Stadt und Region Burgdorf festgehalten.

Der Schreiner im Rampenlicht

In der Ausgabe 2019 befasstsich das Jahrbuch mit dem Schreiner und Ebenist Hans Werthmüller (25.06.1908 - 10.04.1986). Dieser führte zusammen mit seinem Bruder Fritz Werthmüller und dessen Frau in vierter Generation die Schreinerei Werthmüller. Wenn es die Zeit erlaubte, war Häis, wie Hans er auch genannt wurde, in seiner Intarsienwerkstatt. Dieses kunstvolle Intarsien- und Marketerien-Handwerk studierte und erlernte er auf Reisen in Algerien nach seiner Lehrzeit. Die Technik begeisterte ihn von Anfang an und liess ihn nie mehr los. Zwischen 1940 und 1980 baute er prachtvoll verzierte Möbel im Stil von Rokoko, Louis XVI und Louis Philippe und wurde 1984 von der Stadt Burgdorf mit einem Anerkennungspreis für Kulturschaffende ausgezeichnet. Häis Biografie, die nun erscheint, wurde von seinem Neffen Urs Werthmüller aufgearbeitet. Er führte die Schreinerei zusammen mit Annelis Werthmüller in der fünften Generation.

Ergiebiger Fundus

Aus diesem aktuellen Anlass entschieden sich Corinne und Stefan Liechti-Werthmüller, Inhaber und Geschäftsführer der Werthmüller Schreinerei AG in sechster Generation, ihr Schaufenster ihrem Verwandten zu widmen und bauten kurzerhand seine Intarsien-Werkstatt wieder auf. «Alle Gegenstände im Schaufenster, inklusive dem Ofen für den Haut- und Knochenleim sowie den alten Werkzeugen, stammen aus dem Fundus unserer Schreinerei», berichtet Stefan Liechti. Neben der Intarsienwerkstatt sind auch zwei der schönsten Stilmöbel von Hans Werthmüller ausgestellt.

Bis ins Detail

Liechti beweist bei der Gestaltung des Schaufensters eine grosse Liebe zum Detail. Er liess es sich nicht nehmen und schrieb die Schaufenster mit dem damaligen Logo wieder an, welches er einem alten Briefkopf entnommen und bearbeitet hatte. Auch die Aussicht aus dem alten Werkstattfenster stellte Liechti originalgetreu wieder her: «Dafür fotografierte ich das Schloss und liess das Foto goss aufziehen, denn das war damals Häis Aussicht aus der Werkstatt.»

Wer sich für die Jahrbücher der Stadt Burgdorf interessiert, kann alle bereits erscheinen Exemplare hier einsehen.

ids

www.werthmuellerag.ch
www.burgdorf.ch

Begriffserklärungen

Ebenist
Ebenist ist die gebräuchliche Berufsbezeichnung für einen Kunstschreiner. Der Begriff «ébène» kommt aus dem Französischen und heisst übersetzt Ebenholz. Das Ebenholz stammt aus Afrika, ist tiefschwarz und sehr wertvoll.

Intarsien
Bei Intarsienarbeiten werden verschiedene Materialien wie zum Beispiel Holz, Metall, Perlmut oder Schildpat in einer Holzfläche ausgestochen und eingelassen.

Marketerien
Bei einer Marketerie hingegen werden «nur» verschiedene gleichdicke Hölzer zusammengesetzt und auf eine Holzmittellage aufgeleimt.

Veröffentlichung: 26. November 2019

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