Eine Fläche zum Leben erwecken

Furnier braucht nicht nur grosse Flächen, um zu wirken, sondern spielt auch auf unterschiedlichen Friesen Stärken aus. Bild: Victoria-Jungfrau Grand Hotel & Spa, Strasserthun, Roser

Furnier.  Kaum ein anderes Material erschafft derart einzigartige Bilder. Wenn ein besonderer Baumstamm in dünne Furnierblätter aufgeteilt wird, können riesige Flächen mit diesem einen Exemplar gestaltet werden. Die Möglichkeiten werden immer grösser.

Aus einem Kubikmeter Baumstamm lassen sich mehr als 500 m2 Holzflächen mit Furnier verwirklichen. Das bedeutet: 500 m2 gleicher struktureller Aufbau, gleicher Farbton und trotzdem verschiedene Möglichkeiten von individuellen Bildern. Und dabei ist der wirtschaftliche Aspekt der Ausnutzung eines besonders schönen Stammes noch gar nicht berücksichtigt.

Dünne Bretter vervielfältigen das Bild

Kein Blatt ist wirklich gleich wie das andere, aber da diese Bretter ja meistens nur 0,8 mm dick sind, ist der Unterschied so gering, dass sie, in der richtigen Reihenfolge zusammengesetzt, ein gleichmässiges Gesamtbild ergeben. Etwas, das mit Massivholz nicht möglich ist. Auch Holzimitationen schaffen diese Individualität nicht, weil sich eine gedruckte Fläche nach einer gewissen Strecke wiederholen muss. Es kommt also immer wieder das gleiche Bild.

Ein Unikat entsteht

Mit Furnier wird jede Fläche ein Unikat. Von schlichten, geraden Linien bis zu wilden, geflammten Holzstrukturen kann alles vorkommen. Die Schnittrichtung, in welche der runde Stamm mit dem Messer bearbeitet wird, bringt verschiedene Maserungen hervor. Durch das Stammzentrum geschnitten, zeigen sich sehr gerade, schlichte Linien. Parallel dazu kommen, je weiter vom Zentrum entfernt, desto stärker geflammte Bilder zum Vorschein. Die Jahrringe sind dort in der Mitte weiter voneinander entfernt als gegen die Blattränder hin.

Durch das Zusammensetzen gleicher oder verschiedener Furnierblätter vom gleichen Stamm werden eigene individuelle Bilder geschaffen, die beispielsweise eine Tischmitte stark betonen oder ein Türblatt durchgängig ganz schlicht erscheinen lassen können. Beide Teile im gleichen Raum ergeben eine Durchgängigkeit, die in einer Weise lebt, die kaum mit einem anderen Material erreicht werden kann.

Wer furniert noch?

Die Schweiz ist im Wandel und Schreiner, die früher noch viel furniert haben, verfügen oft nicht mehr über die entsprechenden Fachleute. Markus Barmettler von der Bollinger Furnier AG in Nürensdorf ZH bedauert einen Kenntnisverlust bei zahlreichen Schreinern und Architekten.

Ein starkes Preisdenken bei kleineren Bauvorhaben erschwert zusätzlich die Auseinandersetzung mit dem grossen Mehrwert, der für ein Gebäude entsteht, wenn individuelle, natürliche Flächen mit Unikatcharakter verwendet werden. Tobias Scherg vom Furnierproduzenten Roser AG in Birsfelden BL sieht aber auch die Gegenbewegung. Betriebe, die das Individuelle suchen und sich profilieren wollen, nutzen vermehrt die vielen Möglichkeiten, die es heute mit Furnier und Produkten daraus gibt. Gerade bei öffentlichen Gebäuden ist das Material mit den verschiedenen Ausführungstechniken im Kommen, was beide Händler stärker spüren. Neue Möglichkeiten der Oberflächenbehandlung bieten zudem einen vielfältigen Schutz und genau die gewünschte optische sowie haptische Wirkung. (siehe SZ-Nr. 7/2015, Seite 17)

Produkte für einfacheres Arbeiten

Auch wenn die Bäume immer noch gleich aufgebaut sind und somit die gleichen Eigenschaften haben: Das Produkt Furnier ist um einiges vielfältiger geworden. Natürlich ist jedes Holz, das legal erhältlich ist, als Rohfurnier verfügbar. Ein Furnierbund besteht immer aus einer Anzahl Blätter, die sich durch vier teilen lässt, was in vielen Anwendungsfällen zu einer guten Ausnützung führt. Nicht jeder Handwerker ist aber gewillt und in der Lage, diese Blätter perfekt zu fügen und die Fugen auch sauber zu verleimen.

Es gibt das Angebot von fugenverleimten Furnierblättern, welche, den Angaben des Schreiners entsprechend, hergestellt werden. Die Verleimung der Fuge hat den Vorteil, dass sie somit geschlossen ist und kein Leimfaden durchzeichnen kann. Ein Einfluss auf das genaue einzelne Bild besteht bei diesem Angebot allerdings auch nur bedingt, da es von jemandem Aussenstehenden zusammengestellt wird, ohne direkte Beteiligung.

Standardflächen mit Strukturen

Im Format «Four by Eight» werden aber auch fertig konfektionierte Furniere angeboten, die fugenverleimt und auf ein Vlies kaschiert sind. Sie sind in Breite mal Länge rund 120 × 240 cm gross und in verschiedensten Ausführungen standardmässig erhältlich. So gibt es neben unbearbeiteten Flächen solche, die geflext wurden und somit in alle Richtungen biegbarer sind. Diese Flächen sind bereits geschliffen. Analog dem Trend bei den HPL-Platten und im Massivholzbereich sind in diesen Formaten auch strukturierte Flächen möglich. Von sägeroh bis zu eingeprägten Strukturen ist ein wachsendes Angebot an speziellen Oberflächen entstanden. Das Vlies sorgt neben zusätzlicher Stabilität auch für eine einfachere Leimaufnahme. Das ist zum Beispiel bei Bambusfurnier wichtig, da dort nicht jeder Leim eine sichere Verbindung aufbauen kann.

Farben mit Tiefe

Auch Farben sind heute nicht mehr nur eine Sache des verarbeitenden Schreiners. Trends, die für den Massivholzbereich gelten, wie beispielsweise das Räuchern, finden auch bei Furnier ihre Anwendung. Dass das bei Eiche sehr gut aussieht, weiss mittlerweile jeder. Fantastisch ist aber auch der dunkle, rote Ton mit deutlich stärkerer Maserung bei Birnbaum und Elsbeer. Derart dünne Bretter haben aber auch den Vorteil, dass sie sich durchfärben lassen. Ein tiefes Schwarz ist also durchgängig möglich, womit direkte Bildzusammenstellungen mit hellen Hölzern und scharfen Abgrenzungen gemacht werden können. Es besteht auch ein gewisser Wunsch nach möglichst natürlichen Farben, die ohne Chemie auskommen und vom Holz entsprechend der eigenen Struktur aufgenommen werden. Dazu laufen zurzeit Entwicklungen mit mineralischen Produkten.

Natürlichkeit und Wärme

Die Bestellung bei einem Schreiner ist in jedem Fall etwas ganz Besonderes, da immer etwas Einzigartiges entstehen soll. Wäre dies anders, könnte das Gewünschte auch in Grossserie viel günstiger hergestellt werden. Etwas, das mehr kostet, weil es einen grösseren Aufwand verursacht, soll aber auch so wirken.

Eine grosse Individualität des Produktes gibt dem Kunden etwas Persönliches. Dinge, die Geschichten erzählen, sind noch viel begehrenswerter. So haben Stämme, die an besonderen Orten, wie dem heimischen Wald oder einem Moor, gestanden sind, zusätzlich noch einen speziellen emotionalen Mehrwert. Etliche Architekten und Schreiner haben diesen ursprünglichen, handwerklichen Weg des speziellen Angebotes neu entdeckt und sind damit erfolgreich.

Lohnarbeiten

Auch wer keine Einrichtung zur Furnierverarbeitung oder schlicht die momentan notwendige Kapazität nicht hat, muss nicht darauf verzichten, solche Angebote zu machen. Die Plattenindustrie bietet auch Fertigprodukte, die sogar das gleiche Furnier über mehrere Platten ermöglichen.

Das ist auch bei der Firma Tavapan im Berner Jura der Fall. Sie bietet aber ihre Möglichkeiten auch für ganz konkrete Einzelaufträge an. Sie und auch andere grössere Betriebe mit Spezialeinrichtungen fertigen auch Halbfabrikate für Schreinereien an. Das geschieht nach deren Plänen und mit dem vom Kunden persönlich ausgesuchten Furnier vom jeweiligen Händler. Das Angebot reicht von furnierten Platten verschiedenster Art bis zu fertig lackierten Elementen. So können auch kleinere Betriebe von den industriellen Einrichtungen profitieren und ihre eigenen Kapazitäten steigern.

Nutzen aller Möglichkeiten

Letztlich ist aber die Mischung aus allen Möglichkeiten das, womit sich Schreiner in starkem Masse profilieren können, und erst noch echtes und einmaliges Holz anbieten. Eine saubere Planung ermöglicht beispielsweise mit Holz von nur einem Stamm Folgendes:

  • Die Herstellung von Schrank- und Deckenelementen als Lohnarbeit
  • Die besonderen Bildaufbauten von Tischblättern und dergleichen mit wilden und schlichten Furnierblättern
  • Die mit dem gleichen Furnier beschichte- te Glastrennwand mit Hinterleuchtung

500 m2 Furnier sind schliesslich eine ganze Menge und stellen ja nur eine Möglichkeit dar. Für die meisten Aufträge dürfte etwas weniger schon genügen.

www.bollinger.chwww.roser-swiss.comwww.tavapan.ch

ab

Veröffentlichung: 12. März 2015 / Ausgabe 11/2015

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