Eine unerwartete Gemeinschaft

Vier Männer, die ihre Kräfte bündelten und den Kraftwerktisch erschufen: Daniel König, Martin Blaser, Jürg Scheidegger und Ralf Geckeler (v. l.). Bild: Alain Bucher

Schreinergeschichte.  Das Leben geht immer wieder überraschende Wege und führt zu erweiterten Netzwerken, mit denen Kooperationen möglich werden. Bei vier Männern hat altes Holz zu einem gemeinsamen Produkt geführt, das im Fachhandel erhältlich sein wird.

Jede Schreinerarbeit erfüllt einen Wunsch, eine Notwendigkeit, und verändert mit ihrer Durchführung einen kleinen Teil in dieser Welt. Sie wird dann unter Umständen sehr lange genutzt, bis die Zeit für Veränderungen gekommen ist. Altes muss dann entsorgt werden, damit wieder ein neuer Wunsch passend umgesetzt werden kann.

Holz zum Entsorgen

Nur weil etwas an einem Ort nicht mehr gebraucht wird, hat es noch lange nicht ausgedient. Es kann sogar dazu anregen, Neues zu erschaffen. Daniel König ist Geschäftsführer der Schreinerei König AG in Gümligen BE und hatte den Auftrag, im Wasserkraftwerk von Erlenbach im Simmental BE Bodenriemen herauszunehmen und zu entsorgen. Die Bodenbretter stellten sich als vollständig intakte Eichenriemen von 1300 mm Länge und in verschiedenen Breiten und 40 mm Dicke heraus – zu schade, um sie wegzuwerfen. Stirnseitig waren zudem alle Bretter beidseitig mit einer Schablonenschrift nummeriert.

König entschloss sich, den grossen Stapel Holz erst einmal bei sich einzulagern. Altholz ist grundsätzlich immer noch sehr gefragt, und weil die Firma auch immer wieder Arbeiten in historischen Gebäuden ausführt, würde man das Holz schon brauchen können. Er war sich jedoch nicht sicher, ob er einen Verwendungszweck für solch kurze Bretter finden würde.

Nützliche Verbindungen

Der Besuch eines Freundes setzte dem Grübeln ein Ende. Er war der Anstoss, der letztendlich zu einer interessanten Kooperation und zu einem Produkt geführt hat. Jürg Scheidegger ist Inhaber der Agentur Blugo GmbH in Bern und vertritt als Marketingspezialist verschiedene Möbelhersteller. Das Gespräch der Männer kam auch auf den Stapel, und sie waren sich einig, dass daraus etwas ganz Spezielles entstehen sollte.

Jürg Scheidegger isst gerne im Bistro seines Freundes Martin Blaser im alten Wasserkraftwerk in Hagneck BE. Blaser ist zudem Stahlbauer und Designer. In seinem Bistro wurde die Idee zum Kraftwerktisch geboren, und er sollte die Gestaltung übernehmen. Die drei holten noch Ralf Geckeler ins Boot. Dieser ist leitender Inhaber der Möbelmanufaktur Tossa GmbH in Fischingen TG und hat auch schon ein Modell von Martin Blaser in der Kollektion. Über Tossa sollen die Tische in den Fachhandel gelangen.

Ein gemeinsames Werk

Gemeinsam haben die vier Männer dann in Hagneck verschiedene Zusammenstellungen der Riemen für die Tischblätter entworfen, die nun erhältlich sind – in der Grösse den Kundenwünschen angepasst. Bewusst wurde darauf geachtet, dass auch die stirnseitigen Zahlen sichtbar bleiben.

Weil das vorhandene Altholz nur eine begrenzte Anzahl Tischblätter zulässt, gibt es das Tischmodell auch mit neuem Holz verschiedener Sorten von Tossa. Die Blattbilder bleiben und werden ebenso auf Kundenwunsch zusammengestellt. Die Schreinerei König ist beim Kraftwerktisch Produktionspartner von Tossa und fertigt die Tische aus den alten Bodenriemen. Für König ist das ein spannendes, aber auch absehbares Engagement mit neuen Kontaktmöglichkeiten.

Besondere Produktvorstellungen

Nach der Design- und Entwicklungsarbeit mussten die entstandenen Modellversionen dem Fachhandel vorgestellt werden. Mit wenigen Tagen Abstand wurden dazu drei Anlässe im Kraftwerk Hagneck, in der Schreinerei König und im Kloster Fischingen organisiert, wo sich die Werkstatt von Tossa befindet. Die Kunden konnten die Wirkung der Tische in äusserst unterschiedlichen Räumlichkeiten und somit auch in drei sehr verschiedenen Präsentationen geniessen.

www.kraftwerktisch.ch

Andreas Brinkmann

Veröffentlichung: 15. Juli 2021 / Ausgabe 29-30/2021

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