Einer der heikelsten Arbeitsschritte

Sicher sind diese Korpusfronten nicht alltäglich, aber auch sie sollte man beim Lackieren zwischenschleifen können. Bild: Andreas Brinkmann

Lackzwischenschliff.  Die Bearbeitung lackierter Flächen ist schon bei ebenen Elementen schwierig und wird mit zunehmenden Rundungen und Strukturen immer anspruchsvoller. Das Kennen und die bewusste Anwendung der geeigneten Schleifmittel sind da schon fast zwingend.

Da behauptet doch so manch einer, dass das Bearbeiten und vor allem Schleifen von furnierten Teilen besonders schwer sei. Wenn die Teile dann aber fertig sind, kommen sie in die Oberflächenbehandlung, wo dann der Schliff noch anspruchsvoller ist. Durch die Flüssigkeit quellen die obersten Holzfasern leicht auf, wodurch sich heruntergedrückte Fasern wieder aufstellen. Die Oberfläche wird rau und muss zwischengeschliffen werden – diese Lackschicht muss dabei unbedingt erhalten bleiben, damit sich nicht wieder Fasern aufstellen können.

Die obere Liga bezüglich Durchschleifen

Damit ein Hauch von Nichts nur angeschliffen wird, tüfteln Schleifmittel- und Maschinenhersteller an immer besseren Möglichkeiten. Moderne Breitbandschleifmaschinen sind derart sensibel und präzise, dass sie den Lackzwischenschliff beherrschen, ohne im Randbereich durchzuschleifen (siehe SZ Nr. 22/17). Selbst im Bereich der Kanten ist die maschinelle Bearbeitung machbar (siehe SZ Nr. 22/16).

Sobald aber Rundungen, Profile und fliessende Übergänge ins Spiel kommen oder die Flächen sogar strukturiert sind, wird es heikel. In sehr vielen Fällen sind dann handwerkliches Können und der gezielte Einsatz geeigneter Schleifmittel erforderlich, die eine saubere, gleichmässige Auflage ermöglichen, welche überall einen gleichen Druck überhaupt zulässt.

Verklebung reduziert die Standzeit

Lackschichten bestehen aus gehärteten Ölen oder Kunststoffen, können relativ elastisch weich oder sehr hart sein und reagieren auf Wärme. Die Reibung von Schleifmitteln erzeugt Wärme, wodurch der Schleifstaub verkleben kann und sich zwischen den Schleifkörnern festsetzt.

Mit einer Stearat-Beschichtung wird bei Lackschleifpapieren dieses Ankleben verhindert. Das Stearat wirkt gräulich-weiss. Wird es aufgeschmolzen, wie es die Sia Abrasives Industries AG in Frauenfeld TG bei einigen Produkten macht, ist es nicht sichtbar. Die Beschichtung baut sich durch die Benutzung langsam ab, verlängert dadurch aber die Lebensdauer des Schleifpapiers.

Eine neue Fertigungsanlage bei der Sia ermöglicht es nun auch, das Korn exakter und beim Lackschleifpapier offener zu streuen. Damit reduziert sich das Ansetzen von Schleifstaub nochmals. Walter Frei von der Sia weist auch darauf hin, dass die Kornart und deren fixe oder bewegliche Anbindung an das Papier für unterschiedliche Lacksorten vorteilhaft seien. Die Firma führt daher auch die drei unterschiedlichen Typen «1730 sialac» (grün), «1719» (blau) und «1918» (rosa). Für den Schreiner bedeutet das: unbedingt angeben, was verarbeitet wird, und nach dem richtigen Schleifmittel fragen.

Einen anderen erleichternden Faktor nennt Konstantin Prinz von der Mirka Schleifmittel GmbH im deutschen Sulzbach: Antistatische Papiere bieten bei der maschinellen Anwendung enorme Vorteile, da der Staub nicht haftet und besser entfernt wird.

Perfekter Übergang aus der Fläche

Weiche Rundungen und Kanten erfordern ein anpassungsfähiges, dünnes, weiches Trägerpapier. Auf einem Schaumstoff aufkaschiert, erhält es die erforderliche stützende Wirkung und ist dann ideal für den Handschliff oder die Arbeit mit Handschleifmaschinen. Das Papier passt sich mit der weichen Unterlage gut an Wölbungen und Rundungen an. Dennoch erzielt die Papierspannung eine ausgleichende, die Fläche egalisierende Wirkung. Die Park AG in Rüti ZH führt mit dem Produkt «Rhynosoft» von Indasa solche Schleifpapiere als Rollenware, von der die gewünschte Bandlänge für den Handschliff abgerissen werden kann. Viele Hersteller bieten passende Produkte für Handschleifmaschinen an. Diese sind günstiger, weicher und anpassungsfähiger als deren optional erhältliche weiche Maschinenteller.

Dreidimensional verformbar

Wenn es nicht so viel ausgleichende Wirkung durch ein Trägerpapier haben darf, wird auf dieses eben verzichtet, wie bei den praktisch geformten Schleifschwämmen «siasponge» von Sia. Bei ihnen wird das Korn direkt mit einem Bindemittel mit dem Schaumstoff verbunden, was das Ganze weniger steif macht. Dieser weiche Schleifklotz von Sia ist enorm knitterresistent und kann sogar ausgewaschen werden. Durch diese Eigenschaften eignet sich der Schwamm selbst für enge dreidimensionale Konturen oder bei Flächenstrukturen.

Bei Strukturen mit scharfen Kanten ist dann allerdings immer noch Vorsicht geboten. Auch der Schaumstoff versucht seine Form zu halten, wodurch die eingedrückten Bereiche mehr Druck beim Schleifen erzeugen und spitzige Konturen eher durchschleifen können.

Fast wie Stahlwatte – nur besser

Wenn es dann noch mehr in die Tiefe mit stark differierenden Strukturen gehen muss, bieten sich vor allem Vlies-Schleifmittel an. Sie bestehen aus Polyamidfasern, auf die mit einem Bindemittel das Schleifkorn befestigt wurde. Das macht sie ähnlich mit den Schleifnetzen, auch bezüglich der geringen Verstopfungsgefahr. Die Fasern schichten sich beim Vlies allerdings ungeordnet übereinander und erreichen auch sehr enge Bereiche. Beim «Mirlon Total» von Mirka verteilen sich die Schleifkörner beispielsweise gleichmässig auf der gesamten Faser des Schleifmittels, was die Aggressivität erhöht.

Aufpassen muss man mit Vlies-Schleifmitteln, dass man bei Holzoberflächen nicht hängenbleibt und so allenfalls Splitter herausreisst. Werden Vlies-Schleifmittel sorgfältig angewendet, dürften damit aber selbst lackierte sägerohe Flächen zwischengeschliffen werden können.

Übereinstimmendes Schleifbild

Jedes Schleifmittel hat in der Anwendung ein eigenes Schleifbild. Wie anfangs bei den Produkten von Sia beschrieben, spielt es eine Rolle, ob die Anbindung des Korns an das Trägermaterial fix oder leicht beweglich ist. Somit ist die Beweglichkeit des Trägermaterials natürlich ebenfalls ein wichtiges Kriterium, denn ein leicht ziehender Schnitt des Korns schafft feinere Spuren. Ebenso ist das Kornmaterial mitverantwortlich für die Aggressivität und die Tiefe der Spur. Das alles hat Auswirkungen darauf, wie sich die fertig lackierte Fläche später im Streiflicht präsentiert.

Es ist daher sehr wichtig, dass die Übergänge von Flächen zu Profilen und Strukturen mit Schleifmitteln ausgeführt werden, die ein identisches Bild ergeben. Dazu empfiehlt es sich, die Schleifmittel für die verschiedenen Situationen aufeinander abgestimmt vom Hersteller zu beziehen, denn die verwendete Korngrösse alleine genügt dabei nicht.

www.sia-abrasives.comwww.mirka.comwww.parkag.ch

ab

Veröffentlichung: 26. Oktober 2017 / Ausgabe 43/2017

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