Entscheidende Details

Ein Merkmal der Möbel von Yomei: der Beschlag mit Funktion und als Designelement. Bild: Yomei

öffnungsarten.  Fronten müssen nicht immer mittels Auszügen, Dreh- oder Schiebetüren geöffnet werden. Andere Lösungen können beim Kunden durchaus Begeisterung wecken. Ein Spielfeld, auf dem auch Schreiner mit eigenen Ideen brillieren können.

«Man kann das Rad nicht neu erfinden», heisst es so trefflich. Das gilt auch für das Öffnen von Korpusmöbeln mittels Drehen, Schieben und Schwenken – vielleicht noch dem Falten sowie Kombinationen daraus. Wirklich Neues kommt selten als Beschlag auf den Markt. Also zumindest im Sinne eines neuen, vielleicht anderen Rades. Und so sind es manchmal Kleinigkeiten, die einen Zusatznutzen generieren oder beim Benutzer einen Wow-Effekt erzeugen.

Solche kleinen Änderungen werden gar nicht selten von Schreinern erdacht und sodann in Kleinserie gefertigt. Etwa ein Möbelband, dessen Drehpunkt verlagert ist, oder ein abgewandelter Schiebetürbeschlag, mithilfe dessen sich Regalkorpusse, die einer Regalfront vorgelagert sind, verschieben lassen. Durch zwei Regaltiefen entsteht mehr Stauraum, ähnlich wie in einer Bibliothek. Manchmal erfordert auch ein bestimmter Entwurf eines Möbelbauers das Erfinden eines Beschlagmechanismus, der dann aber meist nicht in den Handel kommt. Möbel-bauer, wie die weithin bekannte Thut AG in Buchs ZH, haben viel Erfahrung mit der Konstruktion von eigenen Beschlaglösungen. Oder man denke nur an das schon fast als Klassiker geltende Regal «Duo» von Beat Karrer für die Kollektion Röthlisberger in Gümligen BE, bei dem sich das Regal über einen Schiebemechanismus in der Breite variieren lässt.

Querdenken erlaubt

Auch die Möbel von Yomei leben von eigenen Beschlaglösungen. In jedem Stück der Kollektion, die in der Schweiz über eine ganze Reihe von Handelspartnern vertrieben wird, sind die Beschläge fundamentaler Bestandteil des Designs und oft auch besonderer Funktionen. So lässt sich die Platte des Couchtisches «Drive» über einen Mechanismus mit Gasdruckfeder um 20 cm in der Höhe verstellen und auch in der Horizontalen in jede Richtung um 30 cm verschieben. Bei den Kabinettschränkchen und Schreibtischen wird das Zusammenspiel von Beschlag und Möbel noch enger. So ist beim Sekretär «Moneypenny» mit seiner aufklappbaren Haube der Faltmechanismus im geschlossenen Zustand nur als feine Linien sichtbar. Nach dem Aufklappen lässt sich die Tischplatte zum Benutzer hin ausziehen, sodass mehr Fläche entsteht, als das Möbel vermuten lässt.

Der italienische Möbelhersteller Riva 1920 erzielt Wow-Effekte über den Einsatz von ganz normalen Beschlägen, die einfach etwas zweckentfremdet werden. So etwa beim einflügligen, 140 cm breiten Schrank «Pinocchio», bei dem die 21 cm tiefe Kastentür einfach über entsprechend tragfähige Bänder für schwere Raumtüren angeschlagen ist. Entsprechende Materialstärke vorausgesetzt, sorgt das Möbel bei den Benutzern immer wieder für Überraschung, wie sich bei Messeauftritten des Herstellers beobachten lässt. Denn in diesem Fall dienen die tragfähigen Türbänder dazu, den geschlossenen Schrank in ein doppelt so breites Wohnmöbel zu verwandeln.

Verwandlung ist keine Kunst

Einfache Klappen und Türen werden von vielen als praktisch empfunden und eher selten hinterfragt. Noch praktischer sind Fronten, die beim Öffnen gleich verschwinden. Seit einiger Zeit gibt es hierfür Lösungen. Zum Beispiel von Hawa. Mit dem Falt-schiebebeschlag lassen sich ganze Küchen-zeilen öffnen und die beiden Türenpaare flächenbündig in seitliche Taschen am Korpus einschieben.

Besonders wandlungsfähige Möbelbeschläge bietet der italienische Beschlaghersteller Pozzoli. Mit dem brandneuen «Girotondo» lässt sich etwa ein offenes Regal im Handumdrehen in ein Gästebett verwandeln. Dazu wird das Möbel einfach über den mittig angebrachten Drehmechanismus be- wegt, wodurch gleichzeitig ein Auszug im Funktionsprinzip einer Schubstange akti-viert wird und das Element nach vorne hin zum Benutzer schiebt. Dadurch wird das Tiefenmass deutlich vergrössert und funk-tioniert auch mit einem 140 cm breiten Bett. Dieses ist an der Rückwand mit einem Drehbeschlag befestigt und wird sodann heruntergeklappt.

Nach ähnlichem Prinzip funktioniert auch die kleine Schwester «Giravolta». Mit dem Beschlag lässt sich etwa ein Flachbildschirm einfach wegdrehen. Rückseitig angebracht kann dann – wie bei «Girotondo» – ein Regal zum Vorschein kommen. Intelligent sind die Beschläge vor allem, weil Dreh- und Schiebebewegung in einem Zug ausgeführt werden. Denkbar wäre aber auch die Trennung beider Mechaniken voneinander. Dazu müsste zunächst ein tragfähiger Kulissenauszug betätigt wer-den, um anschliessend den Korpus im Raum um seine Längsachse drehen zu können. Lediglich ein drehendes Auflager zwischen Korpus und Auszugsmechanis-mus ist dazu nötig.

Mit Sesam-öffne-dich-Gefühl

Fronten aus dem Weg schaffen können auch vertikale Schiebebeschläge, die es sowohl manuell als auch elektrisch betätigt gibt. Salice bietet eine Lösung für die Bewegung nach oben und unten. Mit dem «Mover» und «Mover Flat» lassen sich so von Hand in inzwischen recht geschmeidiger Bewegung Fronten öffnen und verschliessen, ohne dass diese dann im Weg sind. Mit den senkrechten Schiebetürbeschlägen kann die Front in jeder Position angehalten werden. Dazu sind weder doppelte Seitenwände oder Gegengewichte vonnöten. Stolze 2400 mm breit darf die Front sein. Damit ist sie den marktgängigen Klappenbeschlägen um Längen respektive an Breiten doch deutlich voraus.

Für schiebende Öffnungen nach oben hat Perin den «Vert Move» erdacht. Inzwischen ist dieser auch elektrisch betrieben erhältlich. In ruhigen Räumen stören die Laufgeräusche aber etwas. Gegenüber dem von Hand zu bedienenden Beschlag lässt sich die E-Variante auch weniger weit öffnen.

Ausgereift ist der elektrische Lamellenlifter «Climber» von Ludewig. Für das Aktivieren der motorischen Öffnungsmechanik genügt eine leichte Berührung am Sensor unterhalb des Hängeschrankes. Dann klappen und schieben sich die 13 cm hohen ESG- Lamellen nach oben. Den Beschlag gibt es jedoch nur als komplettes Schrankmodul in vier Breiten, bestehend aus Korpus, Rollladensystem und Motoreinheit. Wer einfach auspacken und aufhängen möchte, bekommt den Climber in der Schweiz über die Rudolf Geiser AG in Langenthal BE.

Der italienische Möbelbauer Horm gilt als einer der Kreativsten in der Branche. So mancher ausgetüftelte Beschlag ist in den Kollektionsstücken schon aufgetaucht. Dass man auch einen erweiterbaren Tisch ganz anders konstruieren kann, zeigt das Unternehmen mit dem «Wow». Um die Platte von 140 auf 220 cm zu erweitern, wird diese einfach mit einer Schwenkbewegung angehoben, wodurch sich das über Scharniere verbundene Erweitungsstück ausklappt. Schon ist Platz für mehr.

www.yomei.dewww.hawa.chwww.pozzoli.bizwww.salice.comwww.perinspa.comwww.gela.chwww.horm.it

ch

Veröffentlichung: 07. Februar 2019 / Ausgabe 6/2019

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