Entsorgen heisst nicht wegwerfen

Gebinde, die leer sind oder deren Inhalt ausgehärtet ist, dürfen im Industrieabfall entsorgt werden. Bild: Michi Läuchli

Entsorgung.  Farben, Lacke und Öle gelten aufgrund ihrer Inhaltsstoffe als Sonderabfall und sind behutsam zu behandeln. Wer bei der Entsorgung mit Köpfchen arbeitet, kann wertvolles Material zurückgewinnen.

Wo gehobelt wird, fallen Späne – bei der Oberflächenbehandlung gilt Ähnliches – dort fallen Lösungsmittelabfälle an. Etwa durch die Überschussmenge an Lack, der am Werkstück vorbeigeht (Overspray), dem Verdünner, der zur Gerätereinigung benötigt wird, wie auch dem Lack respektive der Farbe, die am Ende übrig bleibt.

Abfälle sind nicht zu verhindern, allerdings können gewisse Massnahmen zu einer Reduktion führen. Sei dies mittels modernen Spritzpistolenköpfen, die dank Strahlummantelung mit Luft bis zu einem Drittel weniger Material verbrauchen, oder durch Kalkulieren des effektiv benötigten Auftragsmaterials. Aber auch bei den Filteranlagen lässt sich Hand anlegen. «Bei Farbnebelfiltersystemen lohnt es sich, darauf zu achten, dass die Aufnahmekapazität an Farbstaub möglichst hoch ist. Dadurch spart der Schreiner beim Filterkauf und der Entsorgung, sagt René Lüthi, Geschäftsleiter der Serva Air Systems AG. Zudem stellt sich die Frage, ob sich statt Zweikomponentenlack auch Einkomponentenlack einsetzen lässt. Dieser hat im Gegensatz zu Ersterem keine Topfzeit, so können Reste nach Gebrauch wieder ins Gebinde geschüttet werden.

Abgabesteuer schafft Anreiz

Dass ein bewusster Umgang mit Lösungsmitteln aus ökologischer Sicht sinnvoll ist, liegt auf der Hand. Beispielsweise ist man bei der Firma Teknos Schweiz AG bestrebt, Produktionsreste aufzuarbeiten und im Idealfall wiederzuverwerten. Das schone die Umwelt und spare Ressourcen, sagt Andreas Müller, Marketing und Communication Manager. Darüber hinaus ist sparsames Arbeiten mit Lösungsmitteln auch im Portemonnaie spürbar, weil die Lösungsmittel aufgrund ihrer Inhaltsstoffe seit dem 1. Januar 2000 besteuert werden müssen. Die Lenkungsabgabe auf flüchtige organische Stoffe (VOC) wurde geschaffen, um die VOC-Emissionen zu reduzieren. Pro Kilogramm Lösungsmittel müssen seitdem drei Franken an Abgaben bezahlt werden. Durch den finanziellen Anreiz gehen Betriebe bewusster mit den Lösungsmitteln um. Dies spürt auch Lackproduzent Bernd Günther, Geschäftsführer und Inhaber der Graf & Günther AG in Strengelbach SO: «Durch die hohen Abgaben wird viel bewusster mit den Produkten umgegangen, sodass weniger Abfall entsteht.»

Stoffe sind kategorisiert

Lösungsmittel wie Lacke, Farben und Öle benötigen wegen ihrer chemisch-physikalischen oder biologischen Eigenschaften besondere technische und organisatorische Massnahmen bei der Entsorgung, werden deshalb als Sonderabfall eingestuft und unterliegen strengen Gesetzesvorschriften. Bei Lagerung, Transport und Beschriftung muss einiges beachtet und eingehalten werden. Die Handhabung mit Sonderabfällen wird vom Bundesamt für Umwelt (Bafu) genau geregelt (siehe Box, Seite 10).

Registrierung erforderlich

Schreiner, die Abfall produzieren, sind verpflichtet, abzuklären, ob es sich bei diesem um Sonderabfall handelt. Auf den Originalgebinden von Farben, Lacken oder Ölen ist dies durch einen entsprechenden sechsstelligen Code angegeben. Der sogenannte Veva-Code dient zur Kennzeichnung der Stoffe und wird vom Spediteur für die Transportunterlagen benötigt. Um welchen Stoff es sich tatsächlich handelt, kann auf der Website des Bafu abgefragt werden, dort befindet sich das Verzeichnis sämt- licher Sonderabfälle.

Um als Betrieb überhaupt Sonderabfälle entsorgen zu können, ist eine Veva-Betriebsnummer erforderlich. Auf dem digitalen Service des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) kann sie beantragt werden. Wichtig ist, zu wissen, dass ein Standortwechsel der Firma meldepflichtig ist, da die Betriebsnummer mit dem Standort korrespondiert.

Kleinmengen und Abgabe

Lösungsmittelabfälle von Betrieben dürfen bis 50 Kilogramm ohne Weiteres an der örtlichen Sammelstelle oder im Entsorgungsunternehmen abgegeben werden. Handelt es sich um mehr Abfall, muss jedes Gebinde über einen Begleitschein verfügen. Dieser gibt Auskunft über den Gebindeinhalt und muss mit dem Abfallcode, der Betriebs- und Gefahrennummer sowie den Gefahrenpiktogrammen versehen sein. Die Belege müssen vom Abgabebetrieb mindestens 5 Jahre aufbewahrt werden.

Gewisse Lackhersteller bieten einen Entsorgungsservice an. Die Adler Lack AG zum Beispiel organisiert in Zusammenarbeit mit dem Entsorgungsunternehmen Thommen-Furler die Abholung der Sonderabfälle, nachdem der Kunde mitgeteilt hat, um welche Produkte es sich handelt. Die auf Lacke, Farben und Giessharz spezialisierte Firma Graf & Günther AG bietet gleich ein Paket für ihre Kunden an. Es besteht aus der Bereitstellung der Etiketten und Gebinde, dem Ausfüllen der Begleitscheine sowie der Abholung der Sonderabfälle.

Um Sonderabfälle entgegenzunehmen, muss ein Betrieb oder eine Entsorgungsfirma über eine kantonale Bewilligung verfügen, die alle 5 Jahre verlängert werden muss. Solche Entsorgungsfirmen unterstehen strengen Auflagen und werden regelmässig kontrolliert.

Abfälle trennen

Reste von Lösungsmitteln, Wasserlack und Öl sollen immer getrennt gesammelt werden, weil sich vermischte Abfälle später schlecht bis gar nicht mehr trennen lassen. Auch haben ölgetränkte Lappen, Pinsel oder fremde Chemikalien nichts in den Gebinden zu suchen, schlimmstenfalls können sie gefährliche Reaktionen auslösen. Vorzugsweise werden Reste in Originalgebinden gesammelt. Diese sind gesetzlich für den Transport zulässig und benötigen bestenfalls kein weiteres Umschütten durch den Transporteur. Bei Kunststoffkanistern ist das eingeprägte Produktionsdatum zu beachten, da sie für den Transport nicht älter als 5 Jahre sein dürfen.

Wertvolles Recycling

Für Betriebe, die ein Destilliergerät einsetzen, ist das Trennen der unterschiedlichen Flüssigkeiten zwingend, da sich nur lösungsmittelhaltige Lacke und keine Wasserlacke destillieren lassen. Das Wasser würde beim Aufkochen schlicht verdampfen. Daher müssen Wasserlacke vom Entsorgungsunternehmen fachgerecht entsorgt werden.

Lacke und Farben zu destillieren, zahlt sich relativ schnell aus. So lassen sich gemäss einer Berechnung der Firma Tonet AG mit einem 15-Liter-Gerät pro Durchgang rund 120 Franken einsparen. Der Vorgang beim Destillieren ist dabei relativ simpel: Durch das Destillationsprinzip wird das verunreinigte Material von Pigmenten und Lacken gereinigt. Dabei setzen sich die Destillationsrückstände am Boden des Kessels (Folienbeutel) ab und können nach Beendigung der Destillation problemlos entfernt werden. Das saubere Lösemittel wird im Behälter aufgefangen und als Putzverdünner wiederverwendet. Die festen Bestandteile im Folienbeutel können dann einfach im Betriebskehricht entsorgt werden.

www.serva-airsystems.chwww.thommen-furler.chwww.teknos.chwww.adler-lacke.comwww.tonet.chwww.gg-lacke.ch

Umgang mit Lösungsmitteln

Wichtiges zur Entsorgung

  • Straffe Produktlinie gibt weniger Lackabfälle
  • Benötigte Materialmenge berechnen statt eine ungefähre Menge anzumischen
  • Farb- und Lackresten destillieren, reduziert Abfall und erzeugt wertvollen Putzverdünner
  • Lösungsmittelabfälle wie Lacke, Farben, Öle getrennt sammeln und korrekt etikettieren
  • Abfälle am besten in Originalgebinden sammeln, sie sind zum Transport gemäss Bundesamt für Strassen (ASTRA) zugelassen
  • Für Transport in Kunststoffgebinden Ablaufdatum beachten (5 Jahre haltbar)
  • Handhabung von Sonderabfällen: → www.bafu.admin.ch
  • Abfallverzeichnis Sonderabfälle: → www.veva-online.admin.ch
  • Betriebsnummer beantragen: → www.uvek.egov.swiss

Michi Läuchli, ML

Veröffentlichung: 11. Oktober 2023 / Ausgabe 41/2023

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