Entspannung im Transit

Bilder: Valentin Jeck Das Pistenkreuz an der Thekenrückwand orientiert sich an der Grafik der Rollfelder.

Flughafen.  Die Fluggesellschaft Swiss hat am Zürcher Flughafen eine neue Lounge eröffnet. Das Gestaltungskonzept orientiert sich an den Formen in der Fliegerei. Mehrere Schreinereien waren am Umbau beteiligt. Sie verarbeiteten viel Holz und Mineralwerkstoffe.

An Flughäfen herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Wie also kann man an einem solchen Durchgangsort eine Atmosphäre schaffen, die zum Verweilen einlädt? Dieser Frage widmeten sich im Auf-trag der Swiss die Gestalter des Zürcher Designstudios Greutmann Bolzern. Diese setzen auf Schweizer Werte wie hochstehende Qualität. Eichenholz war dabei eine Materialvorgabe und wurde klug ergänzt.

Die in Eiche furnierte Wand hinter der Empfangstheke zeigt eine Weltkarte, die per Siebdruck aufgebracht worden ist. Das Swiss-Logo in Leuchtbuchstaben lässt keinen Zweifel am Aufenthaltsort offen.

Offene Räume, fliessende Übergänge

Die Lounges der Business, Senator und First Class befinden sich im obersten Stockwerk des Midfield-Terminals und erstrecken sich auf insgesamt 2800 m2. Auf dem langgezogenen, rechteckigen Grundriss reihen sie sich aneinander. Die Übergänge sind fliessend. Ziel war es, offene Räume zu schaffen, die bei Bedarf abgrenzbar sind. Die Planer orientierten sich an der bestehenden Struktur. So wurden die Betonkerne des Gebäudes belassen raumhohe, umlaufende Fensterfronten bestimmen das Innere. Einbauten und Möbel strukturieren die Fläche in Ess-, Entspannungs- und Arbeitsbereiche. «Die Formensprache der Flieger und die Gestaltung der Pistensysteme lieferten die ästhetische Inspiration», sagt Designer Urs Greutmann.

Konkret umgesetzt ist die Idee Greutmanns etwa an der Rückwand der Frontcooking-Theke in der Business Class. Entlang der passgenau ausgefrästen Durchbrüche entstanden die Pisten des Flughafens Kloten. Die Einzelelemente wurden vor Ort verleimt und montiert. Die Unterbauten der Rückwand sind in Chromnickelstahl gefertigt und einbrennlackiert, und zwar im selben Farbton wie Rück- und Seitenwand aus mehrfach verleimtem MDF. So entstand ein einheitliches Bild. Eichenholzfurnier ziert die Fronten. Tellernischen und Arbeitsflächen sind in weissem Corian gefertigt.

«Alle Arbeiten bedurften exakter Massaufnahmen, zumal das Gebäude längs ein konstantes Gefälle von 0,6 % aufweist, das auszugleichen war», sagt Pius Nadler, Geschäfsinhaber der gleichnamigen Schreinerei aus dem zürcherischen Höri. Diese führte weitere Gastroelemente aus wie Bars, Kaffeeinseln, Kühlmöbel sowie Getränke- und Gebäcktheken.

Oberflächen aufeinander abgestimmt

Die Behandlung aller Oberflächen erfolgte nach einheitlicher Vorgabe. So sind die furnierten Fronten mit DD-Lack behandelt, die weissen Flächen mit 2-K-Lack in NCS-Weiss lackiert. In Kombination mit dem bestehenden Sichtbeton ergibt sich eine warme Tonalität. Die Worklounge besteht aus weissem MDF. Sie grenzt Essplätze und Loungebereich voneinander ab. Der Kubus misst 4600 × 4600 × 2420 mm. Er enthält sechs Arbeitsplätze. Das Innere wurde mit horizontal verlaufendem Eichenfurnier ausgekleidet. Die Kuben sind nach oben offen. Dadurch sei die Belüftung durch die zentrale Raumklimaanlage gewährleistet, sagt Geschäftsführer Martin Wagner von der Schreinerei Wagner AG in Elsau ZH.

Massarbeit war auch am Kubus gefragt. Alle Elemente sind mit einer 4 × 4-mm-Nut aneinandergesetzt, also beispielsweise auch bei der Verbindung zwischen dem furnierten Mittelband und dem weissen MDF. «Es ist unabdingbar, dass die Ausführung solch anspruchsvoller Arbeiten von der Planung bis zur Montage durch qualifiziertes Personal ausgeführt wird», sagt Wagner. Weitere Aufgaben waren die Ausstattung von Büros und Tagesräumen.

Wichtig war eine genaue Planung

Wegen des Brandschutzes wurden die Wand- verkleidungen im Eingangsbereich in speziellen «Alucobond A2»-Platten ausgeführt, ebenso die Empfangsschalter. Die Schürzen über den Ausgabebuffets sind aus «Pro-maswiss»-Platten gearbeitet.

Die vielen verschiedenen Arbeitsabläufe erfolgten termingerecht. Durch genaue Planung der Anlieferung blieben Engpässe trotz wenig Lagerplatz gering. Für die grossen Möbel und Raumteiler bedurfte es eines Pneukrans. Dafür musste zeitweise mindestens ein Flugzeugstandplatz gesperrt werden, eine Bewilligung beim Flughafen war einzuholen. Geschäftsführer Wagner lobt die gute Zusammenarbeit. Während sich in Business und Senator Class die Möbel und Einbauten ähneln, trifft man im gehobenen Segment auf gedämpfte Farben und massives Eichenholz. Eindrucksvoll ist der reliefierte Raumteiler aus Eichenholzlamellen im American Diner. Im abgerundeten Relief kehrt die Formensprache der Flieger wieder. «Die Entwürfe konnten wir nicht 1:1 umsetzen, sondern wir mussten sie zuerst für die CNC-Bearbeitung konfigurieren», sagt Wagner. Die Behandlung der Holzoberfläche mit einem hochwertigen Mehrschichtlack mit UV-Filter erfolgte ebenfalls im Haus. Allein 7 m3 massive deutsche Eiche kamen für Raumteiler und Sichtschutz zum Einsatz.

Jedem Wein seine Temperatur

Aber auch Kunstharz war erlaubt, wenn es auf das übrige Interieur abgestimmt werden konnte. So etwa das Regalelement am Ende des American Diners in mattem Kunstharz. Die Aussparung gibt den Blick auf ein Atrium frei. Über die Ecke mündet der Einbau in einen Weinklimaschrank. Dieser besteht aus separaten Temperaturzonen für Rot- und Weisswein sowie Champagner. Es handelt sich um eine Spezialanfertigung der Schreinerei Pendt AG in Gossau ZH, die sich auf Weinklimaschränke spezialisiert hat. Das Innenleben des Weinschranks ist farblich auf die Oberflächen abgestimmt, sodass ein einheitliches Bild entsteht. Die Fronten bestehen aus Isolierglas, teilweise rückseitig lackiert.

Holz und Metall aus einem Guss

Vor dem Weinklimaschrank prangt eine ausladende Bar. Das U-Element, ein zweischaliger Grundkorpus, besteht zum einen aus der zurückgesetzten, geraden Front in furnierter, dunkel gebeizter und lackierter Eiche, zum anderen aus der vorstehenden, geschweiften, durchgehenden Furnierverkleidung. Die Holzoberflächen erhielten den im Gastobereich üblichen 2-K-Klarlack. Die Arbeitsfläche der Baranlage besteht aus Chromnickelstahl. Das Spülbecken wurde nahtlos und flächenbündig in die Abdeckung eingeschweisst, die CNS-Flaschenwanne exakt eingebaut.

«Der Qualitätsanspruch am Flughafen ist sehr hoch. Fugenlose Verarbeitungen sind auf den stark beanspruchten Flächen ein Muss», sagt Pius Nadler, Experte für Holz- und Metallverarbeitung. Auch bei der freistehenden Theke brauchte es eine verdeckte Unterkonstruktion aus Stahl, damit der Korpus nicht kippen kann.

Doch auch in der Senator Class steht eine Whisky-Bar in hochwertiger Ausführung. Das Motiv des Pistenkreuzes wiederholt sich auf der Rückwand, ebenfalls aus weiss lackiertem MDF. In den mit LED-Stripes hinterleuchteten Nischen scheinen die Tablare zu schweben. Die Konstruktion wurde von der Firma Pendt AG hergestellt. Das Trägermaterial ist ein hochglanzlackierter Holzwerkstoff. Die separat gefertigten Rahmen sind an den runden Ecken mit Multiplex verstärkt und auf die Fläche gesetzt. Flächenbündigkeit entstand mittels einer Kunstharzplatte. Auf demselben Prinzip fussen auch die hinterleuchteten Deckenspiegel. «Schreinerlösungen waren gefragt», sagt Projektleiter Marko Prevodnik. Zusammen mit der vorkragenden Decke wirkt die Bar wie aus einem Guss, besteht aber aus diversen Einzelteilen in MDF, Spanplatte und Multiplex. Die Decke ist ausserdem von oben heruntergehängt.

www.gbdesign.ch

www.piusnadlerag.ch

www.wagner-schreinerei.ch

www.pendt.ch

MZ

Veröffentlichung: 13. Oktober 2016 / Ausgabe 41/2016

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