Es ist Zeit für die Mutigen

Schaut man sich auf dem Holzmarkt um, entdeckt man einige Alternativen zur Eiche. Bild: Noah J. Gautschi

Massivholz.  Der Werkstoff Holz ist seit jeher gesetzt, wenn es um die Gestaltung und die Herstellung von Innenausbauten geht. Um das Potenzial des Materials voll ausschöpfen zu können, sollte der Schreiner neben der Eiche, dem Klassiker, die ganze Palette an Holzarten einsetzen.

Das Parkett besteht aus zwei Meter langen Eichendielen, die Wandverkleidung aus gebürstetem Eichenklinker, das Sideboard aus sägerohen Eichenbrettern und der Tisch aus feinster geräucherter Eiche.

So etwa zeigt sich der aktuelle Gestaltungstrend, was die Holzauswahl im Innenausbau betrifft. Ganz klar, die Eiche ist ein hervorragendes Holz, neben den sehr guten Eigenschaften und Verarbeitungsmöglichkeiten ist auch die Vielfalt fantastisch, was die Modifikation und die Gestaltung angeht. «Mit Eichenholz kann der Schreiner fast nichts falsch machen. Er macht jedoch auch nichts Neues, kann sich nicht von der Masse abheben und sich somit keinen eigenen Namen machen», sagt Tobias Scherg. Er ist Leiter des Geschäftsbereiches Furniere bei der Roser AG in Birsfelden BL. Das Unternehmen ist bekannt für seine Furniere und Massivholzplatten, wodurch es einen guten Einblick hat in die aktuelle Situation im Massivholzmarkt.

Es braucht umsetzbare Lösungen

Hört man sich um, stösst man immer wieder auf spezielle Holzarten, die auf den ersten Blick sehr vielversprechend klingen. Sucht man dann jedoch nach einem gut verarbeitbaren Produkt, steht man als Schreiner schnell alleine da. Im Moment findet der Schreiner Halbfabrikate wie beispielsweise furnierte Platten oder Elemente zum Weiterverarbeiten standardmässig meistens nur in Eiche. «Es ist unsere Aufgabe als Produzent und Händler, den Schreiner zu unterstützen und ihm ein hochwertiges Alternativprodukt anzubieten, das er einfach in seiner Produktion weiterverarbeiten kann», sagt Scherg. Dadurch sinkt die Hemmschwelle, und der Schreiner kann alternative Holzarten gewinnbringend an die Kunden bringen. Mit dem Roser-Produkt «Furnier Express» kann der Schreiner zum Beispiel ab einer Losgrösse von 30 m2 jede Holzart als kaschiertes Furnier mit passendem Kantenmaterial, als Akustikplatte oder als Wandelement beziehen.

Gemäss Scherg ist es wichtig, den Entscheidungsträgern alternative Holzarten vorzulegen, damit diese in ihrer Holzauswahl einen Platz erhalten: «Wir versuchen, Bauherren, Architekten und Designer frühzeitig abzuholen und ihnen dadurch schon im Vorfeld attraktive Alternativen schmackhaft zu machen.»

Ein Raum mit Wirkung

Im Furnierlager der Roser AG findet sich schon seit 2015 ein Konzeptraum, der eigens für individuelle Bemusterungen vorgesehen ist. Innenausbauer, Architekten und Planer können hier ganze Furnierbild-Abwicklungen, aufgehängt an einer Magnetwand, begutachten. Dadurch erhalten sie ein präzises Bild der Wirkung der unterschiedlichen Holzarten. Auch der Schreiner kann diesen Raum mit seiner Kundschaft nutzen und diverse Holzarten ausprobieren. Laut Tobias Scherg werden neben grossen Projekten auch immer wieder Furniere für einzelne Möbelstücke wie beispielsweise Sideboards oder Küchen bemustert. Alle Muster im Raum sind lediglich mit einer Nummer versehen. So kann sich der Kunde auf die Erscheinung und die Wirkung der jeweiligen Holzart konzentrieren und wird nicht durch bekannte Namen in seiner Auswahl beeinflusst.

Die Wirkung der jeweiligen Holzart auf den Menschen sollte mitunter ein zentrales Auswahlkriterium sein. «Die Eiche wirkt als einheimische Baumart sehr vertraut auf den Betrachter und steht für Beständigkeit», sagt Scherg. Dadurch kommt sie häufig in Wohnbauten, Alterszentren und Kliniken zum Einsatz. Durch das frühzeitige Aufzeigen von Alternativen konnten schon einige solcher Objekte mit Holzarten mit ähnlicher Wirkung wie etwa Ulme, geräuchertem Birnbaum, gedämpfter Akazie oder Eukalyptus umgesetzt werden.

Spezifische Eigenschaften kennen

«Es ist wichtig, dass der Schreiner die Wünsche, Anregungen und Anforderungen der Kundschaft in der Holzauswahl aufgreift. Dafür muss er die spezifischen Eigenschaften kennen, um die Holzarten korrekt einsetzen zu können», sagt Raffael Lütolf, zuständig für den Verkauf von Klotzbrettern, Furnier und Altholz bei der Holzwerkstoffe Gfeller AG in Landquart GR. Besonders wenn technische Eigenschaften wie Witterungsbeständigkeit oder Dichte und Härte gefragt sind, wie sie die Eiche bietet, muss auch die Alternative diese erfüllen. «Hierfür ist eine genaue Kenntnis der vorgesehenen Holzart ausschlaggebend», sagt Lütolf.

Man muss nichts neu erfinden

Hört man sich die Namen dieser alternativen Holzarten an, wird schnell klar, dass es sich um keine unbekannten und speziellen Baumarten handelt. Vielmehr ist es eine Wiederentdeckung bekannter Holzarten, die durch natürliche Modifikationen wieder konkurrenzfähig gemacht werden. So erhält der Birnbaum durch eine Räucherung einen dunkleren Charakter, der sich problemlos im aktuellen Trend einsetzen lässt. Geräuchert oder mit der natürlichen Vergrauung «Stone» wird der Eukalyptus zur Holzart mit allerlei Einsatzmöglichkeiten, und auch die Ulme bekommt durch das «Stone»-Verfahren einen neuen Charakter.

Spiel mit der Modifikation

Es gibt einige Möglichkeiten, um Holz mittels einer natürlichen Modifikation optisch zu verändern. Zum aktuellen Trend passen folgende besonders gut:

  • Beim Räuchern kommt das Holz in eine Vakuumkammer mit Ammoniakgas und erhält so eine gleichmässig dunkle Farbe. Weil der Farbton von der Menge der Gerbsäure im Holz abhängt, bleiben natürliche Unterschiede erhalten.
  • «Stone» steht für eine natürliche Vergrauung mittels Oxidation bei verschiedenen gerbsäurehaltigen Hölzern (Eiche, Eukalyptus etc.). Die Gerbsäure im jeweiligen Holz reagiert mit Metallionen, und es kommt zu einer dauerhaften natürlichen Graufärbung.
  • Beim Dämpfen werden die natürlichen Farben des Holzes angefeuert und dadurch intensiviert. Besonders gleichmässig verfärben sich Buche, Birnbaum, Ahorn, Kirschbaum und Nussbaum.

Je nach Holzart und Gestaltungsidee kann somit eine Holzart an die Vorstellungen angepasst werden.

Ausprobieren und wiederbeleben

In den Lagern befinden sich unzählige Furniere, und für einige ist die natürliche Modifikation der Schlüssel zum Einsatz. «Der Birnbaum lag für eine lange Zeit bei uns im Lager, erst nachdem wir ihn geräuchert hatten, wurde er wieder gefragter und fand Absatz», sagt Scherg. Ähnlich ging es mit dem Eukalyptus. Als Gegenzug bei furnierten Platten schon länger im Einsatz, wurde die Art durch Modifikation zu einer echten Alternative für Eiche. Weil sich Eukalyptus in Nordspanien und Portugal, wo der Baum nicht heimisch ist, sehr stark ausbreitet, handelt es sich um ein interessantes Holz europäischer Herkunft, das bedenkenlos geschlagen werden kann.

Starke Partner nutzen

Wie schon am Beispiel des Konzeptraumes zur Holzauswahl gesehen, kann der Schreiner von der Beratung über die spezifische Holzauswahl bis zur Umsetzung und Projektbegleitung von tollen Angeboten seitens der Produzenten und Händler profitieren. «Bei Bedarf besorgen wir das Holz zusammen mit der Kundschaft direkt bei unserem Lieferanten», sagt Lütolf.

Natürlich kann nicht bei jedem Auftrag eine neue Holzart eingesetzt werden, aber eine Spezialisierung auf eine oder zwei Alternativen zum funktionierenden Eichenholz verleiht jedem Portfolio ein bisschen mehr Pep und Spielraum. Ausserdem kann der Schreiner seiner Kundschaft auf diese Weise ein einmaliges und somit konkurrenzloses Angebot unterbreiten.

www.roser-swiss.comwww.woodpeckerholding.ch

njg

Veröffentlichung: 21. Februar 2019 / Ausgabe 8/2019

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