Es kommt darauf an

Grossformatige Dielen kennt man von früher mit mechanischer Befestigung. Heute werden auch breite Dielen vollflächig verklebt oder schwimmend verlegt. Bild: Mafi Naturholzboden GmbH

Schwimmend oder verklebt?  Welches die richtige Methode beim Parkettverlegen ist, hängt meist davon ab, wie sich die bauliche Situation darstellt und welche gewünschten Eigenschaften im Fokus stehen. Entscheidend ist die Gewichtung der jeweiligen Vor- und Nachteile.

Was haben das Chalet in Gstaad BE und das Loft in Zürich gemeinsam? Ja, sie kosten viel Geld. Aber neben dem Luxus sticht bestimmt noch etwas ins Auge: ein Boden aus Holz. Parkett ist indes nicht nur etwas für den weit offenen Geldbeutel. Der unbestritten vorteilhafte Holzboden ist ebenso ein Bedürfnis für Menschen mittleren Einkommens. Entsprechend gross ist die Vielfalt an Produkten, die sich im technischen Aufbau, in der Anmutung und ihrem Grad der Exklusivität unterscheiden.

Schwimmend oder verklebt?

Parkett kann unterschiedlich verlegt werden. Bei den Verlegearten gibt es bekanntermassen drei Varianten. Die älteste davon, die mechanische Befestigung, ist heutzutage nur in seltenen Fällen sinnvoll. Die Kontroverse darüber, ob man einen Parkettboden vollflächig verkleben sollte oder doch besser schwimmend verlegt, entspricht dagegen durchaus den Tatsachen. Warum sonst wurde vor gut 15 Jahren die Marketing- Gemeinschaft «pik» im deutschsprachigen Raum ins Leben gerufen, die das vollflächige Verkleben von Parkett mit dem Untergrund als die richtige und klassische Verlegeart in den Köpfen von wem auch immer zu etablieren suchte? Der Erfolg ist mässig. Und das ist gut so.

Befragt man die Akteure in der Praxis, dann finden sich nicht wirklich Verfechter der einen oder anderen Art, sondern lediglich unterschiedlich gewichtete Argumente für das eine oder andere Verfahren, je nach Situation versteht sich. Und auch das ist gut so, denn das Verkleben bietet Vorteile, ebenso die schwimmende Verlegung. Natürlich haben auch beide Varianten Nachteile. Und darum geht es. Vehemente Verfechter der einen oder anderen Verlegungsart finden sich kaum. «Es kommt auf die Bedingungen vor Ort an», erklärt Bekim Lasku, zuständig für den Verkauf bei der Blaser AG in Erlenbach ZH.

Nicht wirklich eine Streitfrage

Unter dem Strich ist die Sache in der Schweiz klar – anders als in manch anderem Land Mitteleuropas. Hierzulande werden neue Parkettböden etwa mit einer qualifizierten Dreiviertelsmehrheit vollflächig verklebt. Die schubfeste Verbindung von Parkett zum Untergrund mittels Klebstoffen ist damit Standard. Und das hat seine Gründe. Grundvoraussetzung für das vollflächige Verkleben von Parkett ist die Eignung des Untergrundes. Und die ist in der Schweiz in der Regel gegeben.

«Tendenziell bevorzuge ich das vollflächige Verkleben von Parkett, weil es hinsichtlich des Trittschalls besser ist und auch beim Schleifen keinerlei Schwierigkeiten bereitet», sagt Lasku. Und: «Der Boden muss am Ende die gleichen Eigenschaften aufweisen, egal ob er geklebt wurde oder schwimmend verlegt ist», so der Experte. Die durchaus verbreitete Meinung, bei schwimmender Verlegung liessen sich kleinere Unebenheiten des Untergrundes ausgleichen, erweist sich deshalb als wenig zielführend. Gleich welche Verlegeart zur Ausführung kommt: Je besser der Untergrund ist, desto hochstehender wird das Ergebnis sein.

Verarbeiter wollen nicht haftbar sein

Bodenleger haben zwar ihre Partnerlieferanten, eine feste Bindung oder Beschränkung in irgendeiner Form gibt es jedoch nicht. Auch deshalb sind die Bodenlegerbetriebe äusserst flexibel, wenn es darum geht, auf Kundenwünsche einzugehen. Das ist wichtig, denn Produkte, die für die vollflächige Verklebung erdacht sind, können in der Regel nicht schwimmend verlegt werden. Umgekehrt ist dies eher möglich. Zu beachten ist in jedem Fall jedoch, dass der Produzent nur dann Garantieleistungen übernimmt, wenn exakt nach den Herstellerangaben gearbeitet wurde. Ist ein Produkt nur für die eine Verlegeart freigegeben, die im konkreten Fall nicht dem Kundenwunsch entspricht, wird der Bodenleger ein anderes Produkt oder auch einen anderen Hersteller wählen, um im Zweifel als Verarbeiter nicht haftbar zu sein. Die schier unüberblickbare Anzahl von Parkettprodukten, ihre unterschiedlichen Aufbauten und auch Eigenschaften ist dabei Fluch und Segen zugleich. Konstruktionsbedingte Vor- und Nachteile können oft nicht mehr als klare Argumente angeführt werden, sondern es kommt darauf an.

Argumente gibt es zuhauf

Weist der Untergrund ein günstiges Trittschallverhalten auf, dann lässt sich dieser Vorteil mit der vollflächigen Verklebung im Gegensatz zur schwimmenden Verlegung erhalten. Das Kleben sorgt auch dafür, dass es weder ein Einfedern beim Begehen noch einen Hohlton beim Betreten gibt. Bei erhöhten Schalldämmanforderungen lässt sich mittels eines entsprechenden Aufbaus von Mehrschichtparkett auch eine zusätzliche Trittschalldämmung umsetzen. Eine Zwischenlage im Parkett, etwa in Form von Kork, erhöht ausserdem den Gehkomfort, weil diese den Boden weicher macht, denn bei der vollflächigen Verklebung etwa von massivem Parkett wird die Härte des Bodens oft als Nachteil empfunden.

Die Nutzung von Vorteilen

Ein unbestrittener Vorteil der verklebten Böden ist die Möglichkeit, Sichtanschlussfugen umzusetzen. Da das Quellen und Schwinden des Holzes bei der Verklebung nicht zu einer Änderung der gesamten Parkettfläche führt, können Anschlüsse und Übergänge mit sehr schmalen Anschlussfugen ausgebildet werden. Abdeckungen, etwa in Gestalt von Sockelleisten, die aufgrund des nötigen Wandabstandes bei schwimmender Verlegung zwingend nötig sind, können entfallen. Dies ist sicher ein Grund für die Beliebtheit des verklebten Holzes bei Architekten und Bauherren. Weiterer Vorteil beim Kleben: Eine Fussbodenheizung lässt sich aufgrund der relativ guten Wärmeleitung sinnvoll umsetzen. Die stets erforderliche Schicht zwischen Parkett und Untergrund bei der schwimmenden Verlegung entfällt.

Diese Vorteile von geklebten Parkettböden entfallen, wenn der Untergrund für eine Verklebung nicht geeignet ist. Die Prüfung dieses Sachverhaltes erfordert tiefere Fachkenntnisse, und deshalb kommt bei Zweifeln über die Eignung des Untergrundes oder bei fehlender Sachkenntnis der Hauseigentümer oft die schwimmende Verlegung zum Zuge.

Die Vorteile liegen auf der Hand: einfach umzusetzen, kurze Einbauzeiten trotz zusätzlichen Dämmschichten für die Verbesserung von Schall-, Wärme- oder Feuchteschutzmassnahmen sowie die einfache und schnelle Rückbauoption.

Gefühle und Meinungen zählen auch

Des Weiteren ist ein schwimmend verlegter Parkettboden frei von Zweifeln betreffend baubiologische Eignung. Wo kein Klebstoff eingebracht wird, kann dieser auch nicht ausgasen, sich im Laufe der Zeit verändern, und er muss am Ende einer Nutzungsdauer auch nicht aufwendig entfernt und entsorgt werden. Verfechter der schwimmenden Verlegung führen ausserdem an, dass ein leicht federnder Boden – was ein lediglich aufgelegter Belag aus Holz immer ist – gesundheitlich vorteilhaft sei. Nicht umsonst sind Böden von Sporthallen zur Schonung der menschlichen Gelenke federnd konstruiert. Da die wenigsten in ihrem Wohnzimmer Basketball spielen dürften, geht es bei diesen durchaus berechtigten Aspekten aber eher um «gefühlte» Argumente als um relevante Fakten. Jeder, der schon Mal längere Zeit auf sehr harten Untergründen, etwa in Werkstätten, gearbeitet hat, weiss allerdings, worum es geht.

Verträglichere Klebstoffe

Die früher oft eingesetzten lösemittelhaltigen Klebstoffsysteme sind wohngesundheitlich erwiesenermassen nachteilig. Selbst die Initiative für die Förderung des Parkettklebens, «pik», räumt dies ein. Deshalb hat sich die Meinung bilden können, dass Parkettkleben wohngesundheitlich generell bedenklich ist. Auch wenn heute die lösemittelhaltigen Kunstharzklebstoffe durch ein- und zweikomponentige Polyurethan- sowie Dispersionsklebstoffe weitgehend ersetzt wurden, dient eine mögliche Belastung der Innenraumluft durch verklebtes Parkett zumindest als gefühltes Argument. Für diesbezüglich besonders sensible Kunden ist die Wohngesundheit oft das entscheidende Kriterium. Etwa 25 % der Parkettböden werden schwimmend verlegt. Ein Teil davon aus Überzeugung und Sensibilität gegenüber der Bauchemie. Ein gewichtigerer Anteil dürfte jedoch im Do-It-Bereich angesiedelt sein.

Schliesslich prägt die Verlegeart auch das Raumgefühl. Ein typisches Chalet mit einem bewegungsfreien Parkett und ein federnder Holzboden im modernen Loft – das wäre dem Empfinden nach eine merkwürdige Angelegenheit. Neben allen anderen Argumenten kommt es halt doch darauf an, wer wo und wie die Prioritäten setzt.

www.initiative-pik.comwww.blaserag.ch

ch

Veröffentlichung: 05. November 2015 / Ausgabe 45/2015

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