Fast unbestellt geliefert

Ein aufgeräumtes Lager ist übersichtlich und hilft zudem, die Lagerkosten zu senken. Bild: Würth AG

Lagerbewirtschaftung.  Geht der Vorrat an Beschlägen zur Neige, wird automatisch eine Bestellung ausgelöst: Nach diesem Prinzip funktionieren die externen Lagersysteme zweier Fachhändler. Doch damit sich diese Bewirtschaftungsform lohnt, muss der Schreiner einiges beachten.

Ein Lager kostet Geld. Neben der Lagerfläche und dem eigentlichen Warenwert fallen jedoch oftmals auf dem Papier unbemerkte Zusatzkosten an. So sollte jedes Kleinteilelager regelmässig gereinigt und kontrolliert werden, damit nicht mehr benötigte Materialien entdeckt und entsorgt werden können. Fehlende und fast aufgebrauchte Materialien müssen erfasst und später mit einer separaten Bestellung an den Fachhändler ersetzt werden.

Die anfallenden Kosten ziehen noch weitere Kreise, wenn man beachtet, dass der AVOR in der Planung, der Bankschreiner in der Produktion und der Monteur bei der Bauvorbereitung im unordentlichen Lager viel Zeit für das Finden von Befestigungsmaterial aufwenden muss.

Kleine Teile, grosser Aufwand

Nicht bei allen Lagerteilen ist der Bewirtschaftungsaufwand gross genug, dass sich eine Auslagerung dieses Arbeitsschrittes lohnen würde. «Unsere externe Lagerbewirtschaftung ist primär auf den Bereich der C-Teile ausgerichtet», sagt Martin Villiger, Divisionsleiter Holz und Bau bei der Würth AG in Arlesheim BL. Zu den C-Teilen gehören alle Kleinteile wie zum Beispiel Schrauben, Normbeschläge oder anderes betriebsindividuelles Verbrauchsmaterial. Hier bietet sich dem Handwerker das grösste Potenzial, um mit einer externen Lagerbewirtschaftung Geld zu sparen.

«Denn», so Villiger weiter, «durch die Auslagerung ist die Ware ständig verfügbar, und die Beschaffungskosten werden gesenkt.» Vor allem bei der Bewirtschaftung dieser sogenannten kleinen Verbrauchsteile fällt bei der Sortierung und Beschaffung ein gros-ser Aufwand an. So bestellt zum Beispiel der Projektleiter Beschläge auftragsbezogen, die eigentlich noch zur Genüge an Lager sind, oder dem Monteur fehlt bei der Montagevorbereitung plötzlich eine benötigte Schraubenart. Da meistens die Zeit für eine zusätzliche Bestellung fehlt, muss der Handwerker nun selbst zum Fachhändler fahren und sich den Beschlag besorgen. Auch im Lager selbst ist der Aufwand für die Sortierung und Bestandsaufnahme bei Normbeschlägen mit einem grösseren Aufwand verbunden. Wenn die Verpackungseinheiten nach einiger Zeit nicht mehr brauchbar sind oder die Beschläge gleich zu Beginn in andere Behälter umgefüllt werden, wird die Bewirtschaftung noch aufwendiger.

Die richtigen Möglichkeiten nutzen

Jeder Fachhändler, der eine externe Bewirtschaftung anbietet, arbeitet mit einem oder mehreren Systemen zur Überwachung der Bestände und zur anschliessenden Be- stellungsauslösung. Je nach Organisationsart, der benötigten Beschlägemenge und der Beschlägeart eignet sich ein System mehr oder weniger gut.

Bei der manuellen Bewirtschaftung übernimmt meistens der Aussendienstmitarbeiter die Organisation des Lagers. Er kommt in einem im Vorfeld abgemachten Intervall vorbei und füllt die Lagerbestände wieder auf (Beispiel Würth «ORSY»).

Beim Strichcode-System kann der Lager- verantwortliche die benötigten Produkte scannen, wenn der Vorrat zur Neige geht. Bei der nächsten Lieferung sind die gescannten Teile automatisch mit dabei (Beispiel Würth «ORSY»).

Wenn über das Gewicht ausgelöst wird, erfolgt die Bestellung automatisch, wenn eine vordefinierte Gewichtsschwelle unterschritten wird (Beispiel SFS «weightLOG»).

Mit einem mobilen System , zum Beispiel einem speziellen Tablet, kann die Bestandsaufnahme direkt beim Lagerrundgang erfolgen. Durch diese Methode schafft man sich einen aktuellen Lagerüberblick und kann anschliessend die Bestellungen nach Bedarf auslösen (Beispiel SFS «Smart Tool System»).

Es ist auch möglich, das Lager über das Smartphone bzw. eine Smartwatch zu be- wirtschaften. Durch die drahtlose Technik entstehen ganz neue Freiheiten in der Umsetzung (Beispiel SFS «reachLOG»).

Da im Schreinerhandwerk viele unterschiedliche Beschläge und Verbrauchsmaterialien verwendet werden, ist eine individuelle Beratung und Lösungsfindung der Schlüssel zur erfolgreichen Umsetzung. Nach den Erfahrungen von Martin Villiger basiert ein solches System auf einer Vertrauensbasis, die vorher entstehen muss: «Bis wir bei einem Unternehmen eine externe Lager- bewirtschaftung vollständig durchführen können, arbeiten wir meistens einige Zeit mit ihm zusammen.» Damit das Ziel einer Reduktion des Aufwandes und der Kosten erfüllt werden kann, benötigt es eine kundenorientierte Vorbereitungs-, Planungs- und Einführungsphase.

Die Einführung und Planung

Das «ORSY»-Lagermanagementsystem von Würth AG übernimmt die externe Bewirtschaftung von C-Teilen. Schweizweit arbeiten bis heute zirka 1100 Schreinereien mit dem externen Bewirtschaftungssystem.

Am Beispiel dieses Systems folgt ein möglicher Ablauf für die Einführung einer externen Lagerbewirtschaftung.

Zu Beginn gilt es, den Artikelmix zu bestimmen. Der Aussendienstmitarbeiter kennt das Unternehmen meistens schon durch konventionelle Bestellungen. Zusammen mit dem Lagerverantwortlichen der Schreinerei stellt er die Beschläge- und Verbrauchsmaterialauswahl für den Betrieb zusammen.

Bei der Artikelmenge wird analysiert, was für Mengen das Unternehmen im Normalbetrieb verbraucht. Auf dieser Grundlage können der Maximal- und der Minimalbestand festgelegt werden. Vor allem bei der Menge kann der Wert regelmässig variieren.

Die Regalplanung erfolgt durch den Aussendienstmitarbeiter in enger Zusammenarbeit mit dem Lagerverantwortlichen. Für das «ORSY»-System wurde extra ein Planungsprogramm entwickelt, das auch eine Visualisierung des fertigen Lagerregales ermöglicht.

Die Montage und die Beschriftungen werden durch ein Montageteam und den Aussendienstmitarbeiter ausgeführt. Nachdem die Gestelle verbunden und fachgerecht befestigt sind, werden die Fächer beschriftet und mit den jeweiligen Strichcode-Etiketten versehen.

Die Bestückung des Lagersystems wird in zwei Schritten durchgeführt: Als Erstes wird der bestehende Lagerbestand erfasst, eingeräumt und beschriftet. Im zweiten Schritt werden die fehlenden Beschläge und Verbrauchsmaterialien nachbestellt und ebenfalls eingeräumt.

Die regelmässige Prüfung und Pflege übernimmt in diesem Beispiel ebenfalls der Aussendienstmitarbeiter. In regelmässigen Abständen sortiert und reinigt er das Lager und sorgt für den Mindestbestand an Beschlägen.

Eine solche Systemeinführung wird eng mit dem Unternehmen erarbeitet. Die Fachhändler bieten ihre Systeme in verschiedenen Kombinationen an.

Teilbewirtschaftung und Baustellen

Je nach Verbrauchsmenge, Auftragsbereich oder Fertigungsart ist eine externe Teilbewirtschaftung interessant. So ist es etwa möglich, nur das Lager für Schrauben und Dübel extern bewirtschaften zu lassen. Auf diese Weise können die Aufwandkosten für regelmässige Kontrollen und Bestellungen durch die Übergabe an den Fachhändler gesenkt werden. Das Bewirtschaftungsangebot für Baustellen ist für Unternehmen mit einem hohen Montageanteil interessant. Je nach Bedarf wird das Lager für die Baustelle in einem Baucontainer zum Montageort gebracht. Für den Handwerker, der sich mehr im Innern bestehender Gebäude aufhält, gibt es abschliessbare Bauschränke auf Rädern. Diese bieten eine gute Übersicht über das Material und werden am Abend einfach abgeschlossen. Wenn der Schreiner seine Lagerbewirtschaftungskosten senken will, setzt er sich am besten mit seinem Fachhändler zusammen. So können sinnvolle Massnahmen für den jeweiligen Betrieb gefunden werden.

www.wuerth-ag.chwww.sfs.ch

Verwalten von Unterwegs

Eine Möglichkeit, das eigene Lager von unterwegs zu bewirtschaften, bietet die OPO Oeschger AG aus Kloten ZH mit der App «OPO-Net».

Die Anwendung ist kostenlos erhältlich und bietet sogar eine Scannerfunktion an. Damit können Produkte zum Beispiel mit dem Smartphone eingescannt und direkt bestellt werden.

Die Eingaben über die App werden immer mit dem Firmenkonto im Onlineshop abgeglichen. Somit können über die Anwendung Kommissionen erstellt, Preisabfragen getätigt, die Verfügbarkeit von Produkten geprüft und Bestellungen von unterwegs ausgelöst werden.

www.opo.ch

njg

Veröffentlichung: 07. April 2016 / Ausgabe 14/2016

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