Fichte gibt den Takt an

Der Clubraum war im Altbau auch Trainingsraum. Helle Fichte schafft heute eine warme Atmosphäre. Bild: Roger Frei

Holzbau.  Das in die Jahre gekommene Bootshaus Ruderclub Solothurn ist einem Neubau gewichen. Die Infrastruktur ist massgenau ausgeführt und folgt einem funktionsgerechten Gestaltungskonzept. Der von der Architektur zitierte Heimatstil weckt nostalgische Gefühle.

Die dunkelgrüne Aare fliesst am Bootshaus des Ruderclubs Solothurn vorbei. Vom Untergeschoss des Hauses gibt es einen direkten Zugang zur Anlegestelle der Boote. «Das ist nur ein Vorteil des Neubaus», sagt Franz Herger, Präsident des Ruderclubs, beim Rundgang. Der im April 2017 fertiggestellte Neubau erhielt mehr Nutzfläche als sein Vorgänger. Die Erweiterung musste wegen der Lage in der Freihaltezone im bestehenden Volumen realisiert werden. Es blieb nicht bei dieser einen Herausforderung für Architekt, Schreiner und Holzbauer.

Historische Schale, neuer Kern

1910 wurde das Bootshaus erstellt und wich bald einem grösseren Neubau, der später einen kleinen Anbau bekam. Das Bootshaus hatte eine Holzfassade und war im Heimatstil errichtet. «Es hatte Repräsentationscharakter für Solothurn», sagt Schreinermeister Peter von Allmen, selbst Mitglied des Ruderclubs Solothurn und Geschäftsinhaber der gleichnamigen Schreinerei in Zuchwil SO. Sein Betrieb war am Neubau von 2017 beteiligt. Gemäss Ortsbildschutzinventar war das historische Erscheinungsbild erhaltenswert. «Doch die Innenausstattung war nicht mehr zeitgemäss, der Raumbedarf war gewachsen, und die Bausubstanz war schlecht», sagt Präsident Herger. Das Büro Phalt Architekten in Zürich bekam den Auftrag. Es entwickelte in enger Abstimmung mit Bauherrschaft und Behörden ein sorgfältig durchdachtes Projekt. Das sei das wichtigste Argument für die Baubewilligung gewesen, sagt der zuständige Architekt Mike Mattiello.

Die Erweiterung der Nutzfläche unter Beibehaltung des Volumens entstand durch Absenken des Bodens der Bootshalle um 60 cm. Dadurch wurde im Dachgeschoss Höhe gewonnen, um moderne Duschen und Garderoben einzubauen. Das Geschoss über der Bootshalle war früher aufgrund der geringen Raumhöhe nicht nutzbar.

Robust und bescheiden

Beim Betreten des Bootshauses steigt sofort der feinherbe Holzduft in die Nase. Im Erdgeschoss geht es in den Clubraum, der grosszügiger gestaltet werden konnte. Die Sportgeräte, die früher den Raum verstellten, fanden in einem Trainingsraum unter dem Dach Platz. So entstand Platz für eine eingebaute Küche mit Theke. Bestechend ist die Innenausstattung in Fichte, die sich wie ein roter Faden an Wänden, Decken und Böden durchs Haus zieht. Robust und bescheiden wünschte es sich die Bauherrschaft. «Die Reduktion auf ein Material legt den Schwerpunkt auf die innenräumliche Qualität», sagt Architekt Mattiello.

Spezielle Behandlung der Oberflächen

Auf Basis der Architektenpläne erstellten die Schreiner die Ausführungspläne mit CAD. Sie waren für den Einbau von Küche, Schränken und Regalen verantwortlich sowie für die Oberflächenbehandlung des verarbeiteten Fichtenholzes. «Heimische Fichte ist einer der ältesten Baustoffe im Holzbau und kostengünstig. Das Fichtenholz vergilbt aber nach der Bearbeitung sehr schnell. Diesem Nachteil wirkten wir mit einer speziellen Oberflächenbehandlung entgegen», sagt von Allmen.

Gelaugt wurde mit Nadelholzlauge von Thymos, anschliessend erfolgte ein leichter Anschliff mit 180er- bis 220er-Körnung. Der zweite Auftrag erfolgte mit Thymos-Holzbodenseife: eine von der Bauherrschaft gewünschte, ökologische Form der Oberflächenbehandlung. Weil Fichtenholz weich ist, entstehen mit der Zeit Gebrauchsspuren. Der Schreiner hätte einen Hartholzboden favorisiert, zum Beispiel Esche mit aufhellender Behandlung. Doch das Haus soll seine Geschichte in Form von Gebrauchsspuren fortschreiben können.

Material mit Tücken

Wegen der Stabilität wurden dreischichtige Fichtenholzplatten verarbeitet. «Aufgrund der Spannung in den Platten lassen sich bei einzelnen Bauteilen verzogene Flächen dennoch nicht vermeiden», sagt der Schreiner. Deshalb wurden die Korpustüren mit einem kleinen Überstand von 6 mm geplant. Die vorgefertigten Einzelteile konnten erst vor Ort in Abstimmung mit dem Holzbauer eingepasst werden. Eine weitere Herausforderung: Winterliche Kälte und Feuchtigkeit zwischen Januar und Ende März erschwerten den Innenausbau.

Präzision in Aufmass und Montage

Über die eingebaute Fichtenholztreppe führt der Rundgang ins Dachgeschoss zum Umkleidetrakt. Die Montageabfolge war auch hier entscheidend für das Gesamtbild. «Der Einbau der Schränke musste vor der Verkleidung der Dachschrägen durch den Holzbauer erfolgen, damit eine fugenfreie Ansicht gewährleistet werden konnte», sagt von Allmen. Und der Architekt wünschte, dass die Linie zwischen Wand und Decke mit jener der Schleppgaube und den darunterliegenden Garderobenschränken durchgehend ist. Das habe eine anspruchsvolle Zusammenarbeit zwischen Schreiner und Holzbauer erfordert, sagt Christoph Späti vom gleichnamigen Holzbauunternehmen im solothurnischem Bellach.

Eine Frage der Kooperation

Dank der sehr guten Bauleitung sei allen Beteiligten ein speditives Arbeiten möglich gewesen, sagt Peter von Allmen. Der Austausch mit dem Architekten war lösungsorientiert. Ein Beispiel: Die Lüftungsschlitze in den Garderobenkästchen waren ursprünglich so breit geplant, dass Zugriff möglich gewesen wäre. Auf Empfehlung des Schreinermeisters entschied man sich für drei schmale Schlitze übereinander.

Die Längsfassaden der Bootshalle wurden teilweise geöffnet, damit Ein- und Ausblicke möglich wurden. Die Grundfläche blieb gleich. Die Vorgabe, dass der Neubau die gleichen Aussenmasse wie der Vorgängerbau aufweisen musste, war laut Späti eine grosse Herausforderung. Er entwickelte die Holzkonstruktion der Fassade zusammen mit dem beauftragten Holzbauingenieur Makiol Wiederkehr. Die Tragkonstruktion auf dem bestehenden Stahlbetonfundament wurde im Hinblick auf die sehr kurze Bauzeit teilweise vorfabriziert. Die schmalen und breiten Deckleisten der Fassade im Kontrast hell-dunkel prägen das Erscheinungsbild. Die typische Farbigkeit des Heimatstils wurde verfeinert. Es ist ein Kulturdenkmal entstanden, das modernen Nutzungsansprüchen gerecht wird.

www.vonallmen-innenausbau.chwww.phalt.chwww.spaeti-holzbau.ch

In Zahlen

Baukosten von 2,1 Millionen Franken

Das Bootshaus des Ruderclubs Solothurn wurde 1910 im Heimatstil erstellt und musste bereits 1919 wegen Platzmangels einem Neubau weichen. Charakteristisch sind das steile Walmdach, die über die Aare ragende Altane des Kopfbaus und die schlanke, langgezogene Bootshalle. Aufgrund der schlechten Bausubstanz und erhöhter Anforderungen entschied sich der Ruderclub 2015 für einen Neubau. Er investierte 2,1 Millionen Franken. Die Bauzeit betrug sieben Monate, von Oktober 2016 bis April 2017.

www.solothurner-ruderclub.ch

MZ

Veröffentlichung: 08. März 2018 / Ausgabe 10/2018

Artikel zum Thema

09. Mai 2024

«Einfach mal durchklicken»

Dokumentation.  Auf der Internetseite holzbaukultur.ch wächst eine Dokumentation heran, die den Werdegang des Holzbaus in der Schweiz begreifbar macht. Bis Ende des Jahres sollen 400 Gebäude online sein. Im Gespräch dazu Elia Schneider von der Berner Fachhochschule in Biel.

mehr
17. April 2024

Ein meisterlicher Botschafter

Parkettverband ISP. Im Schloss Laufen am Rheinfall fand die 55. Generalversammlung der Interessengemeinschaft Schweizer Parkettmarkt (ISP) statt. Ein abgekühlter Markt und der Mangel an Lernenden beschäftigt die Bodenlegerbranche auch in diesem Jahr.

mehr

weitere Artikel zum Thema:

Werkstoffe