Frei von Eiche

Verlegemuster wie der Felderboden tauchen wieder auf, zeitgemäss interpretiert von Listone Giordano. Bild: Listone Giordano

Parkettvielfalt.  Am Boden kann man wieder die ganze Bandbreite der Holzarten finden. Hinzu kommen vielfältige Formate und Verlegearten, und das alles mit jeder erdenklichen Oberfläche und Beschichtung. Die Branche entdeckt nach der Einfalt aus Eiche die Vielfalt neu.

Eine gute Nachricht: Der Anfang vom Ende der Eiche als allein mögliches Holz für Parkett ist eingeläutet. Das ist gut für alle Beteiligten. Denn einem Kunden ist ja kaum mehr zu erklären, warum das eine Eichenparkett und nicht das andere das Richtige für ihn ist. Sehr gut ist das auch für die Eichenwälder, die dann wieder wachsen dürfen. Und auch für die Marktteilnehmer wie die Hersteller von Parkett und die Verlegebetriebe ist Vielfalt in jeder Hinsicht ein Vorteil, weil sie mehr Möglichkeiten bietet und sich die Situation beim Rohstoffeinkauf entspannt. Aber noch ist es nicht ganz so weit, denn die grossen und wichtigen Parkettproduzenten machen ihre Umsätze auch hierzulande noch immer mit Parkett aus der europäischen Eiche.

Aber: Kürzlich gab es an der Bodenmesse Domotex in Hannover (D) andere Zeichen zu deuten. So hat der malaysische Hersteller Forestry Timber Export gar eine neue Kollektion mit dem bezeichnenden Namen «After Oak Collection» präsentiert. Zwar bietet das Unternehmen darin auch Varianten aus Holz der tasmanischen Eiche an, aber eben auch so manch andere. Und das Unternehmen befindet sich in wachsender Gesellschaft.

Die Anzeichen für eine neue Vielfalt mehren sich derzeit deutlich. Das zeigte auch die wichtige Fachmesse Bau 2019 in München. Vor allem kleinere Produktionsbetriebe bieten vermehrt andere Hölzer, ohne dass sich dabei ein neuer Trend für eine bestimmte Holzart ablesen lassen würde. Das ist gut, noch besser wäre es, wenn die globale Holzwirtschaft sich nicht auf eine kommende, nächste Holzart konzentrieren würde, sondern es einfach so weiter ginge.

Das erste Möbelstück im Raum

Um noch ein gutes Wort über die Eichenzeit zu verlieren: Weil alles Eiche war, sind die Oberflächenausführungen und zuletzt auch die Formate und Verlegemuster vari-antenreicher geworden. Geschroppte, gesäg- te oder gebürstete Oberflächenbehandlun-gen kamen erst im Zuge der Eichenwelle so richtig auf. Und genau das, verbunden mit vielfältigen Formaten und Verlegearten in verschiedenen Holzarten, bietet jetzt Chancen. Es führt zu einem enormen Variantenreichtum und damit auch wieder zu mehr Individualität, die ja von allen Marketing-strategen als Trend postuliert wird, hin-gegen faktisch längst nicht mehr gegeben war, weil fast jedes Parkett in Eiche aus-geführt worden war.

«Wir erleben, dass für immer mehr Kunden, wie auch für uns selbst, der Parkettboden als das erste Möbelstück im Raum begriffen wird», sagt Ulrich Scheffold, General Manager beim italienischen Parketthersteller Listone Giordano. Das bedeutet, dass der Raum nicht einfach einen schönen Bodenbelag bekommt, sondern dass er durch das Parkett auch mehr und mehr eine Grundprägung erhält. Auch gut ist: Damit einher geht eine Aufwertung gegenüber den Eichenböden, die schon lange unter einem enormen Preisdruck stehen.

Formen und Formate

Neben den Kurz- und Langdielen, dem Schiffsverband und den exklusiven, raumlan-gen und breiten Dielen hat das Fischgrat-Parkett seinen Platz in den Kollektionen wieder gefunden. Neben dem klassischen Fischgrat, bei dem zwei rechtwinklig zuein-ander stossende Friese wie eine Rahmen-ecke ausgebildet sind, ist oft das franzö-sische Verlegemuster zu sehen. Bei diesem stossen zwei Friese am Hirnholz zusammen und bilden dabei traditionell auch einen Winkel von 90 Grad, also wie eine Gehrungsecke. Aber: Dieser Winkel lässt sich verändern, woraus sich ein anderes Bild des Bodens ergibt, was nun von den Produzenten eifrig gesucht wird.

Dem nicht genug, lässt sich der Verband auch mit geschweiften oder profilierten Enden versehen, was zu herstellertypischen Formaten führt. Die Idee, aus einer kleinen Anzahl an unterschiedlichen Formaten eine grosse Palette von Varianten zu generieren, hat sich inzwischen bei manchem Her-steller durchgesetzt.

So tauchen auch andere klassische Verlegearten wieder auf. Etwa der Felderboden und Spielarten des Mittelfriesparketts, bei denen Tafelparkett mit Stäben und Einla-gen kombiniert wird. Generell ist das Tafel-parkett auch jetzt schon in allen erdenk-lichen Formaten und Formen zu finden. Es sind vor allem italienische Hersteller, aber längst nicht nur, die Produkte dieser Art neben den klassischen Rechtecken und Qua- draten in Anlehnung an die geometrischen Grundformen von Raute, Rhombus, Trapez oder Parallelogramm umgesetzt haben.

Oberfläche als Richtungsentscheid

Wenn man Parkett als «erstes Möbelstück im Raum» begreift, kann die Oberflächenausbildung als stilbildend gelten. Und auch hier nutzen die Hersteller öfter die ganze Bandbreite der Möglichkeiten aus. Dazu gehört auch, dass Holz wieder aussehen darf wie Holz. Wird das Parkett leicht gebürstet und dann mit Mattlack oder einem Öl be-handelt, erkennt man deutlich den Nuss-baum, die Kirsche oder das Holz der Ulme.

Öfter zu sehen sind auch farbige Akzente auf der Fläche. Sei es durch den Einsatz von deutlich unterschiedlichen Hölzern, oder sei es mittels anderer Materialien sowie lackierter Elemente. Nach wie vor finden sich Grautöne häufig in den Kollektionen, auch Optiken, die ins Bläuliche gehen im «Stonewashed»-Antlitz. Auch farbveränderte Hölzer sind vertreten, dann aber meist in Eiche. Für Kunden, die es natürlicher möchten, schiebt sich langsam eine andere Art der Oberflächenbehandlung in den Fokus: das Laugen und vor allem das Seifen. Und dies über alle Holzarten hinweg.

Seit längerer Zeit hat sich die kleine Parkettmanufaktur Fliri Tischlerei im italienischen Taufers auf das klassische Seifen spezialisiert. Egal ob gebürstet, handgehobelt oder gesägt: Der Anteil derjenigen, die sich für ein geseiftes Finish entscheiden, ist enorm. «Wir haben in unserem Büro seit Jahren einen Dielenboden mit geseifter Oberfläche. Schätzungsweise 90 Prozent der Kunden, die uns besuchen und den Boden erleben, entscheiden sich danach für einen geseiften Boden», sagt Henrik Schwalt von Fliri. Neben vielen praktischen Vorteilen des Seifens ist es vor allem die haptische Beschaffenheit, die sympathisch und natür-lich wirkt, auch wenn das Holz durch das Seifen deutlich aufgehellt wird und später unter Benützung nachgraut.

Wird in Faserrichtung stark gebürstet und in Querrichtung gesägt, entsteht eine wür-felförmige Struktur. Listone Giordano treibt das Prinzip für das Zweischicht-Parkett «Fabrique» noch weiter. Die Deckschicht be-steht nicht aus einem Säge-Furnier, sondern aus einem 5 mm dünnen Furnierschichtholz mit stehenden Lamellen. Die so erzielte Streifenoptik in Kombination mit Bürsten und Sägeschnitt führt zu einer fast textil-artigen Anmutung des Holzes.

Parkett geht die Wände hoch

In jüngerer Zeit ist immer wieder zu beobachten, dass Parkett die Wände hoch geht. Allerdings scheint dies eher ein Phänomen der Messepräsentationen zu sein und weniger der gängigen Praxis. «Vielmehr wird die Wand mit kontrastreichem Material zum Parkett akzentuiert, das dann auch Zusatzfunktionen erfüllt», sagt Hermann Hörndler von der österreichischen Trapa GmbH.

Neben profilierten Fugen zum Aufhängen von Korpussen ist die stromführende Unterkonstruktion zum Platzieren von Leuchten derzeit ein wichtiges Thema. Die Wand könnte bald ein Betätigungsfeld für Parkettleger sein, weshalb sich mancher Akteur mit dem «vertikalen Parkett» befasst.

www.listonegiordano.comwww.fliri.itwww.trapa.at

ch

Veröffentlichung: 07. Februar 2019 / Ausgabe 6/2019

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