Geschreinertes für den Garten

In der Balkonbox lassen sich all die Dinge für das Leben im Freien unterbringen. Bild: Mygarden

Gartenmöbel.  Spätestens mit Anbruch der Sommerferien ist der Sommer da und die Freilicht-Wohnzimmer werden neu möbliert. Will sich der Schreiner auf dem hart umkämpften Gartenmöbelmarkt beweisen, sollte er mit Qualität und eigenständigen Ideen überzeugen.

Eine gute Nachricht vorneweg: Die Zeiten, als nackte Beine auf wackligen Plastik- Gartenstühlen klebten, sind gottlob vorbei. Wer die unzähligen Gartenmöbelkataloge durchblättert, die in diesen Tagen ins Haus flattern, erkennt schnell, dass sich das Wohnzimmer zunehmend nach draussen verlagert. Lounge-Möbel, Outdoor-Teppiche und wetterfeste Polster sind allgegenwärtig. Dieser Trend kommt nicht von ungefähr. Laut Meteo Schweiz nahm die Anzahl Hitzetage, an welchen die Temperatur auf über 30 °C anstieg, in der Schweiz in den vergangenen Jahren kontinuierlich zu. Während zum Beispiel in Luzern bis Anfang der 1980er-Jahre maximal 10 Hitzetage pro Jahr auftraten, sind es heute 25 und mehr.

Sie dürfen draussen bleiben

Kein Wunder, orientieren sich Herr und Frau Schweizer vermehrt nach draussen. Man hat Lust, es sich in einem liebevoll hergerichteten Aussenbereich gemütlich zu machen. Hochwertige Materialien und stilvolle Möbel sind en vogue. Bänke und Stühle werden mit vielen Textilien bestückt. Dank schnelltrocknender Polster und neuartiger, strapazierfähiger sowie pflegeleichter Outdoor-Stoffe können diese Garten-Sofas den ganzen Sommer draussen stehen bleiben und halten einem plötzlichen Gewitterregen locker stand. Man sieht viele Holz-, Stahl- und Aluminiummöbel, die mit neu interpretiertem Geflecht – aus Rattan oder aus gespannten Seilen – kombiniert sind. Farblich zeigt sich der Sommer in Grautönen aller Schattierungen, die mit Pastellfarben aufgelockert werden.

Eigenwillig abheben

Will der Schreiner in diesem Segment mitmischen, muss er sich von den grossen Gartenmöbelproduzenten und Designern abheben. Dies gelingt ihm mit verspielten, eigenwilligen und qualitativ hochstehenden Möbeln, die ins Auge stechen. Einer, der solche Objekte für den Garten macht, ist Matthias Eberli. Der Schreiner aus dem hinterthurgauischen Wiezikon gründete 2016 zusammen mit dem Gartengestalter Peter Richard die Mygarden-Kollektion. Sie umfasst eine kleine Sammlung von verspielten und nützlichen Produkten für den Garten.

Ab in die Box

«Die Gartenbox war unser erstes gemeinsames Objekt», erzählt Matthias Eberli. Die Box erinnert vom Aussehen her an ein altes WC-Häuschen, hat aber ein viel sympathischeres Innenleben. Den mobilen, kompakten Schrank gibt es mittlerweile in zehn Ausführungen. Darin lassen sich verschiedene Utensilien für Balkon, Terrasse und Hobby platzsparend verstauen. So gibt es zum Beispiel die Grillbox, in die man den Grill hineinrollen kann, oder eine Spielbox für Kinder, in der sich die Kleinen ein Nest bauen können.

Eberli wuchs praktisch in der Schreinerei seines Vaters auf, der schon dazumal Gartenhäuser herstellte. 1998 übernahm er dann den Betrieb. Heute machen Gartenmöbel und -produkte rund 30 Prozent seines Umsatzes aus. Eberli ist ein umtriebiger Mann, der ständig in Bewegung bleibt und lieber einen Prototyp aus dem Stand baut, als ihn lange am Computer zu planen. So entstand auch die Holzbank «Romeo & Julia». An ihr tüftelten er und seine Mitarbeiter nur eine intensive Woche lang, dafür aber mit viel Herzblut. Mit einer Sitztiefe von 650 Millimetern und der hohen gewellten Rückenlehne lädt sie zum entspannten Sitzen ein. Zwei Erwachsene können auf ihr mit ausgestreckten Beinen einander gegenübersitzen und gemütlich plaudern.

Für die Bank verwendet er hochwertiges, unbehandeltes Eichenholz, das mit der Zeit vergraut. Die Holzqualität ist Eberli dabei sehr wichtig. 98 Prozent des verwendeten Holzes stammen aus der Schweiz. «Mir kommt kein Tropenholz in die Schreinerei», sagt er klipp und klar. Ein Grossteil des Holzes stammt aus seinem eigenen Wald. Den Rest besorgt er sich in der Umgebung. Gerade für den «Stammtisch» aus seiner Kollektion ist er auf dicke Stämme angewiesen. Das Tischblatt besteht, wie der Name schon sagt, aus einem Stamm. Mindestens 860 Millimeter Durchmesser muss ein Baum gehabt haben, damit das Kernbrett breit genug ist. Dank der stehenden Jahrringe verwirft sich dann das Tischblatt später nicht.

Neben der Holzqualität muss im Aussenbereich besonders auf die Bauweise geachtet werden: «Wir machen Gartenmöbel im oberen Preissegment, da muss die Qualität stimmen. Mein Vater lehrte mich schon, die Fugen nie zu dicht zu machen, damit die Konstruktion gut durchlüftet ist und sich keine Fäulnis festsetzen kann», sagt Matthias Eberli.

Grobe Schönheit

Einer, der ebenfalls nur Holz aus der nächsten Umgebung verwendet, ist Thomas Rösler. Seine Arbeiten sind urchig und von roher Schönheit. Zusammen mit seinen zwei Mitarbeitern geht er in seiner Werkstatt in Markdorf am deutschen Ufer des Bodensees, wie er lachend sagt, «eher unschreinerisch» an seine Gartenobjekte heran.

Er verwendet ausschliesslich das robuste Kernholz der Eiche. Die bis zu fünf Tonnen schweren Stämme kommen aus der Nordschweiz oder Süddeutschland und werden unter freiem Himmel gelagert. Eine Ablagerung im handwerklichen Sinne findet nicht statt. Deshalb ist das Holz bei der Verarbeitung noch nass, was bei manchem Schreiner ein erstauntes Kopfschütteln auslösen mag. Aber Rösler macht so manches nicht wie die andern. So sägt er all seine Objekte mit der von Hand geführten Kettensäge aus dem vollen Stamm. «Nur so erhalten wir diese ganz spezielle Mischung aus geometrischer Exaktheit und herstellungsbedingter Abweichung», erklärt Rösler sein Vorgehen und fährt fort: «Mit der Kettensäge können wir nur bis zu einem gewissen Grad Kurven sägen, der Spielraum ist begrenzt. Bei der Herstellung unserer Liegen zum Beispiel gehen wir damit ziemlich ans Limit.» So werden Formgebung und Charakter seiner Objekte massgeblich vom Werkzeug, der Kettensäge, mitbestimmt.

Risse sind willkommen

Die Oberflächen werden nach dem Sägen lediglich stark gebürstet. Die Spuren der Kettensäge bleiben so sichtbar und geben den Objekten ihr markantes Aussehen. Nur die scharfen Kanten werden von Hand verschliffen und so gebrochen. Von einer weiteren Oberflächenbehandlung oder Imprägnierung sieht Rösler bewusst ab: «Wir wollen diese Veränderung, dieses Altern des Holzes sehen. Es ist sogar Inhalt unserer Arbeit.» Auch Astlöcher sind bis zu einem gewissen Masse willkommen. Sind die Äste fest eingewachsen, bleiben sie unbehandelt. Tiefere Astlöcher werden drainiert, damit sich darin keine Staufeuchte festsetzen kann. Entstehen mit der Zeit Risse im Holz und damit scharfe Kanten, rät der gelernte Drechsler seinen Kunden, diese einfach selbst etwas abzuschleifen.

Mit Seilen zusammengezogen

Trotz dieser rohen Bearbeitungsart schafft Rösler Gartenobjekte von ruhiger Anmut. Die «Muschel» wirkt nicht nur wie eine Skulptur im Garten, sie lädt auch als Rückzugsort zum Entspannen ein. Sie besteht aus 18 Einzelteilen, die passgenau aneinandergereiht werden.

Zusammengehalten wird die Konstruktion nicht durch ein steifes Tragewerk, sondern mit acht gespannten Stahlseilen, die unsichtbar durch das Holz verlaufen. Sie ziehen die einzelnen Segmente so stark zusammen, dass die Gehrungen absolut dicht sitzen und das 3,5 Tonnen schwere Objekt seine feste Gesamtform erhält. Zuletzt wird die Muschel dann auf eine um 360 Grad drehbare Unterkonstruktion mit Kugellager montiert. So kann man sie, je nach Sonnenstand, Windrichtung oder Ausblick, von Hand ausrichten und sich in die heimelige Höhle zurückziehen und dem Alltag zumindest vorübergehend entfliehen.

www.mygarden.chwww.eberli-schreinerei.chwww.thomas-roesler.com

IDS

Veröffentlichung: 04. Juli 2019 / Ausgabe 27/2019

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