Haute Couture der Oberflächen

Furnierbilder mit Kreuzfugen erzeugen beim Projekt «Raiffeisen Kloten» eine optische Tiefe. Bild: Ernst Wieland AG

Einbauschränke.  Furnieroberflächen gehören zu den edelsten im Möbel- und Innenausbau. Trotz der grossen Entwicklungen bei den künstlichen Dekoren lassen sich nur mit echtem Holz wirklich individuelle Bilder erzeugen, welche eine Arbeit einzigartig machen.

Es ist noch gar nicht so lange her, da war es für sehr viele Schreiner ganz selbstverständlich, furnierte Arbeiten anzubieten. Oft wurden in aufwendiger Handarbeit, aus Furnierpaketen mit meistens 36 Blättern, formatierte Furnierdecks zusammengestellt. Diese konnten dann auf Trägerplatten geklebt werden, die zuvor mit Massivkanten versehen worden waren.Mit der enormen Entwicklung bei den Beschichtungsdekoren, mit täuschend echt wirkenden Optiken und passgenau geprägten Synchronporen, gab es auf einmal eine viel günstigere Lösung, die auch äusserst echt aussah. Diese Dekore haben sich noch weiterentwickelt und grössere Muster-Rapporte erhalten, welche deren Wiederholung kaum noch sichtbar machen. Feine Linien ohne Maserung an den Werkstück-Kanten verraten dann doch optisch das verwendete künstliche Material.

Einzug vorfabrizierter Furnierflächen

Wer heute Echtholzoberflächen anbieten will, kann auf fertig furnierte Holzwerkstoffplatten zugreifen, die auch mit durchlaufenden Furnierbildern aus dem gleichen Material erhältlich sind. Etwas neuer sind die auf ein sehr dünnes Vlies kaschier- ten Furnierdecks. Diese werden dann vom Schreiner formatiert und auf seine Möbelplatten geklebt – wie auch früher schon. Diese Decks sind stabiler als die mit einem Leimfaden und Furnierklebebändern zusammengesetzten. Zudem müssen später auch keine Klebebänder entfernt werden. Durch diese Möglichkeiten entfällt die ganze Vorbereitungsarbeit, bis ein gewünschtes Furnierdeck vorhanden ist. Nicht möglich ist mit diesen Produkten eine individuelle Gestaltung durch den Schreiner nach Kundenwunsch. Holz ist etwas Einzigartiges, und jeder Stamm hat eine eigene Struktur und Farbe. Die dünnen Holzblätter, die durch das Messern aus diesem Stamm gewonnen werden, zeigen in ihrer Schnittreihenfolge ein sich nur langsam veränderndes Bild. Wahre Profis stellen mit der Holzmaserung Oberflächenbilder zusammen, welche unterschiedliche Wirkungen zeigen, je nachdem, wie die fortlaufenden Furnierblätter zusammengesetzt werden.

Kreuzfugen schaffen sehr viel Tiefe

Gerade in der heutigen, kubischen Formensprache ist das Spiel der Oberflächen ein zentraler Ausdruck der Qualität. Entsprechend finden hochwertige Furnierarbeiten auch immer ihre Käufer. Diese stellen dann auch mal besondere Anforderungen.«Selbst für ein über 130-jähriges Unternehmen war das Projekt ‹Raiffeisen Kloten› eine ausserordentliche und eindrückliche handwerkliche Herausforderung», sagt Enrico Wieland von der Ernst Wieland AG in Zürich. Die Schreinerarbeit umfasste die Ausführung von Zugangs- und Arbeitsräumen mit durchgehend furnierten Flächen, Regalen, Schränken und mehr in Nussbaum. Dabei wurde auf das Spiel mit Bildern, wie beispielsweise Kreuzfugen, Wert gelegt. Die Räume wirken zusammengehörig, weisen aber eigene Akzente auf.

Passend über alle Flächen

Durchlaufende Furnierbilder, also die Verwendung weiterführender Blätter vom gleichen Stamm und aus der gleichen Charge von Eichenstämmen, die in der Nähe voneinander gewachsen sind, markierten dann beim Projekt «Spiegelhofstrasse» einen weiteren Schwierigkeitsgrad der Ernst Wieland AG. Von der Bemusterung bis zur Verarbeitung wurde akribisch auf fortlaufende Furnierbilder und eine passende Holzmaserung geachtet. Der Wechsel von Front-, Regal- und Türelementen stellten eine zusätzliche Herausforderung dar.

Markant durch Schlichtheit

Da jedes Furnierblatt einzigartig ist, sind furnierte Flächen mit fortlaufender Maserung immer eine besondere Herausforderung, und es muss ein passender Bildaufbau für die Fläche gefunden werden. Die Röthlisberger AG aus Gümligen BE konnte beim Projekt «Bethune Street» eine mit französischer Weisseiche furnierte Innenausbauarbeit realisieren. Die Furnierbilder wurden dabei möglichst schlicht gehalten. Da die Firma die Schreinerarbeiten in der Schweiz hergestellt und diese dann in New York montiert hat, durfte die Zuordnung der zusammengehörigen Oberflächen nie aus den Augen geraten – und das bei den Aussen- wie auch bei den Innenflächen.Eine Umarmung aus FurnierDer Nussbaumfurnier, der den Schrank der Team Graf AG aus Münsingen BE mit seinen runden Aussenkanten regelrecht zu umfangen scheint, zeigt mit seinem markanten, aber schlichten Bild eine gewisse Strenge. Gebaut wurde der Einbauschrank für ein Gebäude im Bauhaus-Stil aus den 1940er-Jahren. Die speziell dafür angefertigten Edelstahlgriffe sowie Sockel und Blende unterstreichen zudem, auf moderne Weise, den historischen Bezug.Stehende FlammenDie Front des wandfüllenden, viertürigen Schiebetürschrankes der Funk Innenausbau AG aus Glattbrugg ZH zeigt, dass mit einem geeigneten Nussbaumfurnier und einem gespiegelten Aufbau ein perfekt geflammtes Bild entstehen kann. «Bei diesem Auftrag ging ich zusammen mit dem Kunden zum Furnierhändler», sagt Rolf Funk, der Firmeninhaber. So konnte der Kunde die Oberfläche mitgestalten.Dass edle Schuhe auch eine angemessene Schrankausstattung erhalten können, zeigt das Beispiel im Bild rechts unten. Die furnierte Schrankinnenausstattung mit englischen Auszügen und Auszugstablaren haben einen schlichten Bildaufbau erhalten, der optisch dezent zurücksteht.Nischen in HolzEingeschobene, furnierte Schrankbereiche, die in Kontrast zu den daran anschliessenden unifarbenen Möbelbereichen stehen, haben bei der MAB Möbel AG Tradition und werden im Innenausbau wie auch bei den Wohnmöbeln der Serienproduktion gerne verwendet. Der Materialwechsel erlaubt gezielte Fokussierungen bei Möbelfronten und schafft Gliederungen mit hochwertiger Ausstrahlung. Die Firma hat auch gerade ihr neues Serienschranksystem vorgestellt, welches aus solchen zusammenstellbaren, offenen und geschlossenen Korpuselementen besteht, die auch ab Stückzahl eins furniert erhältlich sind.Andreas Brinkmann→ www.wieland-ag.comwww.roethlisberger.chwww.teamgraf.chwww.funk-ag.chwww.mab-moebel.ch

Veröffentlichung: 23. November 2023 / Ausgabe 46/2023

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