Im Durchlauf lackiert

Die einzelnen Fensterteile werden nach dem Lackieren automatisch in einen Trockenwagen gestapelt. Bild: SZ, Philipp Heidelberger

Lackiertechnik.  Die Oberflächenbehandlung in Schreinereien ist ein grosser Kosten- und Zeitfaktor. Automatische Kompaktlackieranlagen versprechen hier mehr Effizienz. Eine Investition lohnt sich aber nur, wenn alle Aspekte genau abgeklärt werden und die Stückzahlen stimmen.

Verschiedene Hersteller haben sie im Angebot: Sogenannte kompakte Lackieranlagen, die gemäss Anbieter für den Einsatz in mittleren und sogar kleineren Unternehmen geeignet sein sollen.

Dazu zählt zum Beispiel die «Ven Spray Mini» vom deutschen Hersteller Venjakob oder auch die «Mito» von Cefla aus Italien. Beide Anlagen können mit jeweils zwei linearen Antrieben ausgerüstet werden, welche die Spritzpistolen über die Werkstücke führen. Durch zwei voneinander unabhängige Antriebe ist sichergestellt, dass die Werkstücke rundum zuverlässig beschichtet werden. Je nach Bedarf lässt sich deren Anzahl und Ausrichtung variieren. Scanner vermessen beim Beschicken die Werkstücke, mit- hilfe dieser Daten werden die Sprühbereiche automatisch angepasst, was den Lackverbrauch reduziert.

Sogar für Fensterteile

Die Scherrer Schreinerei AG im st.gallischen Niederhelfenschwil hat seit einigen Jahren mit einer «HGS K» von Venjakob eine etwas grössere Anlage im Einsatz. Darauf werden in erster Linie Fensterteile mit Wasserlack beschichtet. «Im Fensterbereich ist das eher ungewöhnlich, aber wir wollten die Einzelteile vor dem Zusammenbau rundum beschichten können», sagt Geschäftsführer Bernhard Scherrer.

Doch auch andere Werkstücke werden auf der Anlage lackiert, sofern es sich um grössere Stückzahlen handelt. Denn die Schreinerei fertigt nebst Fenstern auch verschiedenste Innenausbauten und Möbel an.

Schlitten beschränkt Grösse

Ein Knackpunkt bei den Lackieranlagen stellt der Transport des Werkstückes dar: Die einfachste und somit günstigste Variante ist ein Transportschlitten. Das Teil wird daraufgelegt und durch die Anlage geführt. Diese Lösung hat aber zwei Nachteile. Einerseits ist dann die Werkstücklänge durch die Lauflänge des Schlittens bechränkt. So können zum Beispiel auf der «Ven Spray Mini» Teile mit einer Grösse von maximal 1000 × 600 mm lackiert werden. Andererseits gelangt beim Spritzen Lack auf die Rückseite des Teiles. Ist dies nicht erwünscht, müsste man es abdecken. Transportschlitten eignen sich also hauptsächlich für kleinere Teile, deren Rückseite nicht sichtbar ist.

Das Transportband hängt vom Lack ab

Im Innenausbau kommen deshalb meistens Anlagen mit einem Transportband zum Einsatz. Die Teile liegen hier vollflächig auf, es gelangt also kein Lack auf die Rückseite. Das Band kann aus Papier oder Kunststoff bestehen. Welche Variante man wählt, ist abhängig vom verwendeten Lack. Für schnell trocknende Lacke kommt das Papier zum Einsatz. Es wird von einer Rolle beim Aufgabetisch durch die Maschine gezogen, am Ende wird das verschmutzte Papier wieder aufgerollt.

Eine klassische Einweglösung also, die bei der Kalkulation eingerechnet werden muss. Denn nicht nur der Kauf des neuen Papiers kann ins Geld gehen, auch dessen ordentliche Entsorgung ist nicht ohne. Aufgrund des Lackes kleben die Schichten zusammen, und die Rollen können nicht am Stück rezykliert oder in die KVA gebracht werden. In der Regel übernehmen diese Aufgabe spezialisierte Entsorgungsunternehmen, welche die Rollen zerkleinern und der thermischen Verwertung zuführen.

Zurück in den Kreislauf

Anders gestaltet sich die Situation bei den Kunststoffbändern, welche für langsam trocknende Lacksysteme eingesetzt werden, wie es auch bei der Schreinerei Scherrer der Fall ist. Bei diesen Systemen wird am Ende des Prozesses der Lack vom Band gestreift. Der so zurückgewonnene Lack kann dann wieder in den Kreislauf zurückgeführt und der Verlust weiter reduziert werden. Bei der Schreinerei Scherrer wird der Lack aber zuerst noch durch einen Filter gepumpt. So stellt man sicher, dass keine Verschmutzungen in den Kreislauf geraten. «Zudem fügen wir 5 % Wasser hinzu, was etwa dem Anteil entspricht, der verdunstet», sagt Produktionsleiter Johann Senn.

Anschliessend wird das Band mit einem Reinigungsmittel benetzt und erneut abgestreift, um sicherzustellen, dass sich keine Rückstände mehr darauf befinden. Je nach Lacksystem kommt hier ein anderes Reinigungsmittel zum Einsatz, welches sich aber ebenfalls in einem geschlossenen Kreislauf befindet und wiederverwendet wird. Sollen verschiedene Lacke verarbeitet werden, können die meisten Anlagen auch mit beiden Transportbändern ausgerüstet werden.

Absaugen und reinigen

Wie bei einer gewöhnlichen Spritzkabine braucht es auch bei automatischen Lackieranlagen eine Absaugung. Die Lackieranlage benötigt also auch ein Abluftrohr nach draussen, entsprechend berücksichtigt werden muss dann die Zuluft und eine allfällige Wärmerückgewinnung.

Die eigentliche Absaugung ist in die Anlage integriert, und mittlerweile sind bei allen Herstellern auch Trockenfiltersysteme verfügbar. Denn die Nachteile von Nassabreinigungen bezüglich Entsorgung und Maschinenreinigung – insbesondere bei kleineren Anlagen – sind hinlänglich bekannt. Trockenfilter hingegen lassen sich einfach warten und auswechseln. «Für eine komplette Reinigung der Maschine benötigt eine Person etwa eineinhalb Stunden», erzählt Johann Senn. Besonders wichtig dabei sei das Putzen und Kontrollieren der Lackierpistolen. «Ansonsten ist es ärgerlich, wenn man wegen einer defekten Düse oder Dichtung während des Betriebes die Anlage abschalten muss.»

Walzen statt spritzen

Eine komplett andere Auftragstechnik hat die kürzlich vorgestellte Kompaktlackieranlage «KA 1300» vom deutschen Hersteller Bürkle: Es handelt sich um eine Walzanlage mit UV-Trocknung. Mit dieser Maschine können bis zu 1300 mm breite und 80 mm dicke Teile grundiert oder mit einem Decklack versehen werden. Der Vorteil von Walzsystemen ist, dass unabhängig von der Werkstückbreite kein Lack auf das Förderband gelangt und dass die Auftragsmenge relativ einfach und genau eingestellt werden kann. Allerdings können nur die Flächen von planen Werkstücken beschichtet werden, die Kanten bleiben unbehandelt. Zudem gibt es bei dieser Auftragsweise ein mehr oder weniger ausgeprägtes, typisches Walzbild, was je nach Anforderung an die Oberfläche unerwünscht ist. Dafür können mit solchen Systemen auch Beizen und Öle verarbeitet werden. Die Anlagen fallen ausserdem kompakter aus, da es keinen Spritznebel gibt und somit keine Absaugung mit Filtermatten nötig ist.

Mindestens einen halben Tag in Betrieb

Bleibt die Frage, für welche Betriebe sich solche Anlagen lohnen. Dies hängt insbesondere vom Lackiervolumen ab, welches effektiv über die Spritzanlage abgewickelt werden kann. Denn auch bei kleineren Systemen sind die Investitionen nicht zu unterschätzen. Insbesondere die umliegenden Infrastrukturen wie Absaugung, Pufferzonen, Trocknungseinrichtungen usw. dürfen nicht ausser Acht gelassen werden. Da bewegt man sich preislich schnell in einem sechsstelligen Bereich. Zumal man für komplexe oder spezielle Teile und Einzelstücke nach wie vor eine Spritzkabine für das manuelle Lackieren benötigt.

Bei der Schreinerei Scherrer ist die Anlage an etwa ein bis zwei Tagen pro Woche in Betrieb. Dort achtet man darauf, dass sie mindestens einen halben Tag ohne Unterbruch läuft. «In dieser Zeit können wir etwa 300 Teile beschichten», erzählt Johann Senn. Ansonsten lohnt es sich wegen dem Einrichten und Reinigen kaum, die Maschine in Betrieb zu nehmen. Dafür kann eine Person die ganze Anlage alleine bedienen, und die Oberflächenqualität bleibt vom ersten bis zum letzten Teil konstant.

www.scherrer-schreinereiag.chwww.venjakob.dewww.ceflafinishinggroup.comwww.buerkle-gmbh.de

ph

Veröffentlichung: 19. Mai 2016 / Ausgabe 20/2016

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