Im hölzigen Iglu schwitzen

Die Sauna der Therme Erding bietet 40 Personen Platz. 24 Bogenbinder bilden die Konstruktion. Bild: Zimmerei Beyerl

Holzbau.  In der kugelförmigen Sauna in Erding können 40 Personen sitzen und schwitzen. Mit ihrem Eingangsrohr gleicht die Sauna einem Iglu. Basis der Konstruktion sind Bogenbinder aus Seekieferplatten. Das Gebilde wurde in der Zimmerei vorgefertigt und vor Ort gebracht.

Seit jeher war Architekt Jörg Wund, der auch Geschäftsführer der Therme im deutschen Erding ist, von der Raumwirkung der Kuppel des Pantheons in Rom beeindruckt. Endgültig bestärkte ihn dann die Entdeckung kleiner Kugelsaunen aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) an einer Messe. Für ihn stand danach fest: Seine Kugelsauna muss entsprechend gross werden und vor allem aus Holz sein.

«Kugulus» ist nun 5 Meter hoch mit einem horizontalen Durchmesser von 6 Metern und bringt 6,3 Tonnen auf die Waage. Sie bietet rund 40 Personen Platz und wird mit zwei Saunaöfen beheizt. Zur Sauna gehört eine 3 Meter lange, an die Kugel angedockte Eingangsröhre, die dem Ganzen das Erscheinungsbild eines Iglus gibt. Hölzerne Skelette aus Bogenbindern bilden das Tragwerk beider Baukörper.

Seit fast 17 Jahren arbeitet Jörg Wund mit Zimmermeister Gerhard Beyerl zusammen. Als eingespieltes Team erarbeiten sie sich neue Projekte, oft nur mit einem Minimum an Plänen. Denn die gemeinsam entwickelten Ideen lassen sich mit Stift und Handzeichnungen oft viel schneller vermitteln, finden sie. Ein Detail auf ein Bauteil oder eine Platte skizziert, und der eine weiss, was der andere sich vorstellt. So jedenfalls war es bei der Kugelsauna.

2 Holzringe und 24 Bogenbinder

Zunächst galt es, das Grundgerüst der Kugel zu konzipieren. Statisch gesehen handelt es sich um eine einfache Figur, da sie in sich stabil und damit selbsttragend ist. Architekt und Zimmermann wählten dafür 2 Holzringe und 24 Bogenbinder aus Seekieferplatten.

Die Binder stehen auf dem unteren Holzring und treffen sich am oberen Kugelabschluss, dem Oberlichtring mit 1,2 Meter Durchmesser. Als Verbindungsmittel dienen oben und unten Stahlwinkel. Mit diesem Tragwerk lassen sich die Lasten optimal in den unteren Ring und später in die Bodenplatte aus Beton einleiten.

Die Entscheidung fiel auf Seekiefer (vergleichbar mit Multiplex oder Kerto), weil sie eine vergleichsweise kostengünstige Alternative darstellt. Das spielte wegen der speziellen Anfertigung und dem damit verbundenen, grossen Verschnitt durch das Ausfräsen eine entscheidende Rolle.

Das Gerippe der Sauna wurde zunächst auf einer Schablone bei der Zimmerei aufgebaut. Weitere waren notwendig, um aus den Segmenten der Seekieferplatten die Binder und den Oberlichtring herzustellen und sie entsprechend rund auszufräsen.

Zunächst hat man den unteren Ring auf die Schablonenplatte gesetzt. Dann liess ein Kran den Oberlichtring auf die gewünschte Höhe herunter, sodass er mit Hilfsstützen justiert und schliesslich durch die ersten vier Binder allseitig fixiert werden konnte. Nachdem alle 24 Binder aufgestellt und angeschlossen waren, wurden sie zur Aussteifung der Konstruktion und gegen Verdrehen zunächst mit Windrispenbändern stabilisiert. Im Anschluss folgte die Montage der Tragstruktur der 3 Meter langen, zylinderförmigen Eingangsröhre, 3,6 Meter im Durchmesser. Fünf Bogenbinder bilden im Abstand von 90 Zentimetern den als Windfang gedachten Saunazugang.

Knifflige Anschlüsse

Erst vor Ort entschieden Architekt und Zimmermeister, wie die Verschneidung von Röhre und Kugel im Detail aussehen sollte. Die Konstruktion war besonders knifflig, unter anderem auch, weil es die Laibung des Durchgangs an die Kugelform anzupassen galt: Der obere Abschluss musste dabei einem Teilsegment der Kugel auf einer Höhe von 2,20 Meter entsprechen, wobei Breite und Länge an der Konstruktion abgelesen werden konnten, nicht aber ihre Krümmung. Die Seitenlaibungen werden entsprechend dem Verlauf der Kugel nach unten schmaler. So geht man als Saunagast durch einen trapezförmigen, konisch auf den Mittelpunkt der Sauna zulaufenden Holzdurchgang.

Abdichtung wie Orangenschalen

Die doppelte Krümmung der Kugel erforderte beim Wandaufbau sowie beim Aufbringen der inneren und äusseren Bekleidung grosses handwerkliches Geschick. Für die Abdichtung der Kugel mussten die einzelnen Bahnen wie Schalenstücke einer Orange zugeschnitten und verlegt werden. Aussen wurde eine 16 Zentimeter dicke Glasfaserdämmung zwischen den Kugel- und Röhrenbindern eingelegt. Raumseitig folgte dann eine sogenannte Reinaluminiumfolie, die in Nassräumen als Dampfsperre eingesetzt wird.

Zu guter Letzt waren noch die Innenbekleidungen aufzubringen: Eine horizontale Bretterverschalung auf den Bogenbindern des Eingangs bildete diesen zu einer stabilen Röhre aus. Die Saunakugel dagegen wurde mit Fichte-Dreischichtplatten ausgekleidet, die dafür über Tage hinweg langsam vorgebogen werden mussten. Die ebenfalls wie Orangenschalenstücke zugeschnittenen Formate liessen sich materialeffizient aus den 5 Meter langen Platten schneiden und in ganzer Länge montieren. Die Latten zur Befestigung dieser Bekleidung mussten wiederum im nassen Zustand verbaut werden, damit sie entsprechend gebogen werden konnten. Auch auf der Aussenseite kam eine vorgebogene Lattung in 14 Zentimeter Abstand zur Befestigung der Zedernschindeln zum Einsatz. Doch zum höchsten Punkt der Kugel hin, wo die Radien immer enger werden, liessen sich auch die nur 2 Zentimeter dicken Dachlatten nicht mehr biegen. Da half nur noch Ausfräsen. Etwa die Hälfte der insgesamt 4800 Schindeln musste man trapezförmig zurechtschneiden, um sie an die Form der Kugel anzupassen.

Vor Ort wurde das Bauwerk auf den Betonsockel gestellt und angeschlossen. Inzwischen ist der «Kugulus» ein Jahr in Betrieb und erfreut sich grosser Beliebtheit.

www.wund.dewww.zimmerei-beyerl.dewww.therme-erding.de

SJ

Veröffentlichung: 08. März 2018 / Ausgabe 10/2018

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