Lernen mit Feingefühl

Lernender Yan Lütolf (r.) mit seinem Chef und Mentor Willy Hofer in der Werkstatt. Bild: Bruno Muntwyler

Denkmalpflege.  Yan Lütolf steht im dritten Lehrjahr zum Schreiner. In seinem Betrieb fallen immer wieder Arbeiten an denkmalgeschützten Türen und Fenstern an, was ihm viel Fingerspitzengefühl abverlangt.

Bei der Hofer Schreinerei AG im aargauischen Rothrist arbeiten zwölf Personen. Die Firma hat sich auf verschiedene, teilweise gegensätzliche Dinge spezialisiert. Einerseits stellt sie ihr Fenster «WiVinci» her, das modern und rahmenlos daherkommt und mit dem Red Dot Design Award prämiert worden ist. Andererseits engagiert sich die Schreinerei stark in der Denkmalpflege und erneuert Türen, Fenster und Wandverkleidungen antiker Gebäude. Möbel restauriert sie keine.

Ungefähr ein Fünftel der Aufträge besteht aus denkmalpflegerischer Arbeit. Der Lernende Yan Lütolf ist einer der zwölf Mitarbeiter des Unternehmens. Er wird überall miteinbezogen, auch im Bereich Denkmalpflege. «Das ist wichtig für die Lernenden», sagt Geschäftsinhaber Willy Hofer, «denn dort arbeiten wir nur mit Massivholz. Man muss so nahe wie möglich ans alte Profil herankommen. Es braucht das Gespür dafür, dass man nur das Nötigste flickt.»

Eigenheiten der Denkmalpflege

Nur die unbrauchbare Substanz wird ersetzt. Holz mit Holzwurmlöchern, das aber noch nicht marode ist, muss nicht ersetzt werden. Man soll ja schliesslich sehen, dass es alt ist. Yan Lütolf kommt aus Oftringen, ist 18 Jahre alt und steht im dritten Lehrjahr. Er hatte sich bei mehreren Betrieben beworben. Ihm sei von Anfang an klar gewesen, dass dies für ihn ein sehr guter Betrieb ist. «In anderen Unternehmen hätte ich nur Küchen oder Fenster gemacht. Hier gibt es viel mehr Abwechslung. Und das ist mir wichtig», sagt Yan Lütolf.

Denkmalpflegerische Aspekte werden in der Berufsschule kaum bis gar nicht behandelt. Yan Lütolf ist auch der Einzige in seiner Klasse, der damit zu tun hat. Wenn grosse Eingangstüren eines Schlosses repariert werden sollen, ist dies oft ein Auftrag für die Schreinerei Hofer. «Das ist jedes Mal ein komplett anderes Werkstück, bei dem man individuell schauen muss, was es zu machen gibt», sagt er. «Bei antiken Stücken darf wirklich kein Fehler passieren. Man kann es nicht einfach wegwerfen und von vorne anfangen, wenn etwas daneben geht.» Als kleine Schreinerei bedient die Firma hauptsächlich private Kundschaft. Meist finden die Aufträge im bewohnten Bereich statt. Das bedürfe besonderer Höflichkeit und besonderen Feingefühls, sagt Willy Hofer. Das hätten auch seine Lernenden. «Es ist ein Unterschied, ob man sagt, wir kommen, um das Fenster herauszureissen oder um es zu demontieren. Wenn man bei der Wortwahl auch schon schaut, hilft das.» Wenn man zuerst mit dem Staubsauger und den Überschuhen in die Wohnung gehe, komme das besser an, als wenn man gleich mit dem groben Werkzeug einfahre.

Als Schreiner sollte man die Holzart erkennen können, auch wenn das Holz schon 300 Jahre alt ist. Yan Lütolf schleift bei Bedarf die oberste Schicht weg, damit er die Holzart besser bestimmen kann. Das Holz verändere sich unter der Oberfläche kaum, auch nach Jahrhunderten nicht, sagt er.

Die Schreinerei Hofer erhält viele Aufträge von der Festung Aarburg. «Von ihr restaurieren wir viele Türen und alte, denkmalgeschützte Fenster. Meist braucht es ein neues Glas, und der Lack muss aufgefrischt werden. Dort habe ich schon viel mitgeholfen», sagt er. Sein bisher schwierigstes Projekt war es, ein Fenster der Festung Aarburg zu reparieren. «Ich musste das Fenster flicken und Teile zuschneiden, die hineinpassten. Das habe ich ganz alleine gemacht.» Erfahrung gibt es durchs Beobachten und Ausprobieren. «Ich lerne hier vor allem, auf Kleinigkeiten zu schauen. Auf das, was den Kunden wichtig ist.»

www.qualitaetsschreiner.ch

AJ

Veröffentlichung: 10. Januar 2019 / Ausgabe 1-2/2019

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