Luft raus für eine runde Sache

Bei der Vakuumverleimung von Holz ist die Erfahrung des Profis ein wichtiger Faktor. Bilder: SZ, Noah J. Gautschi

Vakuumverleimung.  Ursprünglich wurde diese Technik für den Flugzeugbau entwickelt. Durch die Vorteile bei der Verleimung von mehrachsig gebogenen Flächen fand das System seinen Weg in den Treppenbau. Doch wo wird es heute verwendet und was muss man beachten?

Anatomische und weiche Formen haben einen speziellen Reiz. Bei Gebäuden, Autos und Möbeln spielen die Planer diese Karte oft aus und wollen damit den Betrachter in den Bann des Objektes ziehen. Auch im Treppenbau stellen speziell geformte und runde Ausführungen einen nicht unwesent- lichen Teil aller Konstruktionen. Ob aus Platz- oder reinen Gestaltungsgründen, wenn der Entscheid auf eine geformte Treppe aus Holz fällt, ist in der Umsetzung das Wissen von Spezialisten gefragt. Eine Möglichkeit, geformte Treppenwangen, Handläufe oder Brüstungen herzustellen, ist die Vakuumverleimung. Ursprünglich für den Flugzeug- bau entwickelt, fand die Technik schrittweise den Weg in die Holzbranche. Thomas Fankhauser, Inhaber und Gründer der Woodtec Fankhauser GmbH aus dem aargauischen Vordemwald, war einer der Ersten, der für den Holzbau ein eigenes System entwickelte. Neben den entwickelten Vakuumsäcken stellt die Firma heute ebenfalls Vakuumpressen für Brettsperrholz sowie Montagetische für den Holzrahmenbau her (siehe SZ-Nr. 5/2011, Seite 10).

Fast keine Grenzen

Der Anwendungsbereich der Vakuumverleimung hat fast keine Grenzen. Neben dem Einsatz im Treppenbau kommt die Technik auch im Innenausbau, Laden- oder Messebau zum Einsatz. Sobald eine Form verleimt werden muss, ist die Vakuumtechnik eine mögliche Spannlösung. «Wir nutzen unseren über fünf Meter langen Vakuumsack auch zum Verleimen langer gerader Bauteile, die in der Presse keinen Platz hätten», sagt Sven Müller, Betriebsleiter der Columbus Treppen AG aus Oberbüren SG. Obwohl das Grundprinzip einfach ist, setzt die Technik in der Praxis ein grosses Mass an Erfahrung und spezifisch erarbeitetem Wissen voraus.

Vorbereitung und Leimauftrag

Beim Verleimen einer Treppenwange werden als Erstes die Furniere zugeschnitten. Für die Vakuumverleimung kann mit Dickschnittfurnieren von zwei bis drei Millimetern Stärke, aber auch mit Sägefurnieren von fünf und mehr Millimetern gearbeitet werden. Neben der Dicke des Furniers hat die Holzart einen Einfluss auf den möglichen Biegeradius. Anschliessend wird der Furnierbund im korrekten Aufbau zusammengestellt. Wenn die spätere Verformung über mehr als eine Achse geht, entsteht ein Versatz in der Länge und in der Höhe des Furnierbundes, den es in der Zusammenstellung einzuberechnen gilt. Für die Verklebung wird meist auf einen PUR-Klebstoff zurückgegriffen. Hier ist es wichtig, nur so viel Klebstoff wie nötig anzugeben, um eine unnötige Verschmutzung des Werkstückes und auch des Vakuumsackes zu vermeiden. Hierfür wird das Werkstück zusätzlich oft in eine Plastikfolie eingepackt. Nach dem Leimauftrag und der genauen Positionierung kommt das ganze Paket in den Sack. «Hier besteht die grosse Schwierigkeit darin, dass die Furniere ihre Position behalten und beim Einschieben nicht rutschen», ergänzt Müller.

Formen und fixieren

Nach der Furniervorbereitung und dem Leim- auftrag muss das Paket in die richtige Form gebracht und bis zur Spannung fixiert werden. Zur Formgebung im Treppenbau wird oft mit sogenannten Vertikalstangen ge- arbeitet. Diese werden pneumatisch zwischen dem Werkstattboden und der Decke in die Form des fertigen Treppengrundrisses eingespannt. An den Stangen lässt sich die Treppenwange in der erforderlichen Steigung fixieren.

Die Columbus Treppen AG hat für Treppen mit gleichbleibendem Radius eine Eigenkonstruktion in Form einer Spindeltreppe entwickelt. Mit dieser Schablone ist das speditive Einstellen der Treppenradien und das anschliessende Fixieren der Wange oder des Handlaufes möglich. Ist das fertige Furnierpacket in Form gebracht und fixiert, kann der eigentliche Pressvorgang beginnen. «Eine Herausforderung bereiten uns die undurchsichtigen Vakuumsäcke, da vom Moment des Leimauftrages über die Fixierung bis zum Lösen der Verklebung kein Blick auf das Werkstück mehr möglich ist», sagt Müller.

Zwei Arten zur Formgebung

Immer wenn etwas formverleimt wird, benötigt es eine formgebende Schablone. Bei der Vakuumverleimung gibt es durch das System bedingt zwei grundsätzliche Anwen- dungsmöglichkeiten. Zum einen wandert die Schablone mit dem Werkstück in den Vakuumsack und wird mitgepresst. Sie muss so konstruiert sein, dass sie dem Pressdruck standhält. Innenliegende Schablonen werden meist für kleine Werkstücke verwendet, da diese einfach und genau im Sack positioniert werden können. Neben der genügenden Stabilität sind vor allem die höheren Kosten für die Form und Gegenform sowie die Wiederverwendbarkeit zu beachten.

Eine zweite Möglichkeit ist eine externe formgebende Konstruktion, wie zum Beispiel die Vertikalstangen. Im Prinzip kann alles verwendet werden. Der Vakuumsack kann zum Beispiel auch direkt auf der Baustelle an der Treppenwand befestigt werden. Entscheidend ist die Positionierung und Fixierung des Vakuumsackes.

Sofort 9,5 Tonnen

Nach der Positionierung wird mit dem Kompressor ein Vakuum im Sack erstellt. Sobald dieses besteht, lastet auf dem ganzen Paket sofort der Umgebungsdruck der Luft. Das bedeutet einen gleichmässigen Pressdruck von etwa 9,5 Tonnen auf dem ganzen Werkstück. Das ist ein grosser Vorteil der Vakuumverleimung, da der Druck von allen Seiten auf die Leimfuge wirken kann. «Wenn man genau hinschaut, merkt man, ob ein Werkstück nur partiell gepresst oder unter einem gleichmässigen Pressdruck im Vakuumverfahren verklebt wurde», sagt Benjamin Fankhauser, zuständig für die Kommunikation der Woodtec Fankhauser GmbH. Damit keine Restluft im Vakuumsack verbleibt, haben die Säcke von Woodtec feine, in Gitterstruktur eingepresste Nuten. Dadurch wird die Luft überall abgesogen und es bilden sich keine Luftblasen mit lokalem Nulldruck. Diese Problematik besteht vor allem bei grossflächigen Verklebungen oder ganz langen Säcken.

Zukaufteile vom Profi

Für die vom Schreiner benötigte Qualität braucht es eine langjährige Erfahrung und einige Kniffe in den technischen Abläufen. Hubert Steiner, Inhaber der Firma Bachmann Holz in Form GmbH aus Uznach SG, berät Schreiner und hilft bei der Umsetzung: «Wir suchen zusammen mit unseren Kunden die optimale Lösung und stellen die Formteile als Zulieferer für den Schreiner her.» Neben Treppenwangen und Handläufen werden oft formverleimte Brüstungen gewünscht. «Wir können problemlos Brüstungen bis 1000 mm Höhe mit einer freien Materialwahl herstellen» sagt Steiner. Die Formteile können auch nichtbrennbar umgesetzt werden. Bei aussergewöhnlichen Formteilen ist eine Vorabklärung der Möglichkeiten empfehlenswert. Teilweise kann mit einem standardisierten Zulieferprodukt ebenfalls eine einzigartige Lösung geschaffen werden.

www.woodtec.chwww.columbus.chwww.holzinform.com

njg

Veröffentlichung: 06. August 2015 / Ausgabe 32-33/2015

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