«Massnahmen müssen abgestimmt sein»

Bild: Imhof Akustik AG

Raumakustik.  Damit ein Raum gut klingt, müssen viele Faktoren stimmen. Das fängt bereits bei der Planung an, etwa in der Wahl passender Akustikelemente. Wo der Handwerker mit seiner Erfahrung an die Grenzen stösst, helfen spezialisierte Ingenieurbüros weiter.

 

Das Ingenieurbüro Imhof Akustik AG in Speicher AR ist seit 36 Jahren im Bereich der Bau-, Raum-, Elektroakustik und dem Lärmschutz tätig. Es berät Architekten, Ingenieure, private wie auch öffentliche Bauherrschaften. Im Zuge der Nachfolgeregelung hat Thomas Imhof die Geschäftsleitung an Michael Walk übergeben. Er steht ihm weiterhin beratend zur Seite. Im Gespräch mit der Schreinerzeitung erklärt der neue Geschäftsleiter Michael Walk, worum es in der Akustikberatung geht.

 

Schreinerzeitung: Wie oft wird Ihre Hilfe in Anspruch genommen, um eine raumakustische Beratung zu geben? 

michael walk: Wir haben ungefähr 50 Anfragen pro Jahr zur Raumakustik, zusammen mit unseren Fachgebieten Bauakustik, Elektroakustik und Lärmschutz gehen fast täglich Anfragen von Bauwilligen, Architekten, Planern und Handwerkern ein. Manchmal bleibt es bei einfachen Tipps für Raumakustikverbesserungen. Oft entwickeln sich daraus Aufträge für die Beratung hinsichtlich Raumakustik. 

Handelt es sich dabei um fertiggestellte oder noch in der Planung befindliche Gebäude? 

Wir werden sowohl bei Gebäuden in der Planung als auch bei fertiggestellten Gebäuden als neutrale Akustiker beigezogen. 

Was sind typische Objekte, bei denen Sie um Rat gefragt werden? 

Diese umfassen Schulen, Büroräume, Restaurants, Versammlungslokale, Mehrzweckräume, Kirchen, Industriebetriebe, Sportbauten sowie Ausstellungsräume. 

Wann ist es für den Schreiner sinnvoll, einen Akustiker beizuziehen? 

Sicher immer, wenn es um Räume mit hohen Ansprüchen an die Akustik geht. Damit ist auch die Sprachverständlichkeit wie in Schulräumen oder Sitzungszimmern gemeint. Aber auch in weniger anspruchsvollen Fällen ist ein Nachfragen möglich, wenn der Schreiner mit seiner Berufserfahrung an Grenzen stösst oder spezifische Fragen hat. Gerne beraten wir niederschwellig und geben eine Einschätzung, ob weitere Abklärungen sinnvoll sind. 

Wie gut können Lieferanten von Akustikprodukten beurteilen, welche Massnahmen in einem Objekt notwendig sind, um die Raumakustik zu verbessern? 

Lieferanten von Akustikprodukten haben meistens gute Kenntnisse in der Raum- und Bauakustik mit vertieften Kenntnissen über die eigenen Produkte. Sie verfügen in der Regel aber nicht über die Messgeräte, mit denen die Akustik eines bestehenden Raumes beurteilt werden kann. Häufig werden wir deshalb von Lieferanten beigezogen, um bei der Ausarbeitung der optimalen Lösung zu unterstützen. Der neutrale Akustiker ist zudem unabhängig von Herstellern und Lieferanten und kennt Vor- und Nachteile aller gängigen Produkte. 

Was umfasst Ihre Beratungen? 

Dazu gehören Begehungen, einen «Ohrenschein» zu nehmen, allenfalls Messungen vor Ort zu machen. Es folgen Besprechung baulicher Massnahmen und die Materialwahl. In anspruchsvollen Fällen erstellen wir Simulationen der Schallausbreitung, eine Auralisation, also die zukünftige Raumakustik mittels Tondatei erlebbar machen, sowie die Festlegung der Platzierung sowie Konstruktionsdetails. 

Inwiefern können Textilien wie Teppiche, Kissen und Vorhänge die Akustik verbessern? 

Einzelne Objekte helfen eher wenig, Ausnahme sind schallabsorbierende Vorhangstoffe. In der Gesamtheit aber können solche Elemente doch spürbar sein, weil spärlich eingerichtete Räume oft zu hallig sind. 

Sehen Sie einen Trend im Bereich von Akustikelementen? 

Es sind zunehmend Akustikelemente auf dem Markt, die gleichzeitig als visuelle Gestaltungselemente eingesetzt werden können, also Akustikbilder, Spanndecken, Absorber in allen Farben und Formen, spannende Loch- und Rillenmuster in Holz, Gips oder Metall. 

Gibt es neue Gesetzesregelungen bezüglich der Akustik? 

Zur Raumakustik gibt es nur für Arbeits­räume gesetzliche Regelungen. Die entsprechenden Ausführungsbestimmungen zum Arbeitsgesetz wurden Ende 2021 leicht überarbeitet. In den Schweizer Normen gibt es ebenfalls nur wenige Anhaltspunkte zur Raumakustik. Zu diesem Zweck ist eine neue Norm SIA 181/1 in Vorbereitung. Schon heute ist aber privatrechtlich klar, dass bei Neubauten und Umbaumassnahmen der Stand der Technik einzuhalten
ist. In der Raumakustik wenden viele Schweizer Planungsbüros dafür die deutsche Norm DIN 18041 an, die 2016 in einer wesentlich überarbeiteten Form erschienen ist. 

Können Sie eine Empfehlung für Akustik­elemente abgeben? 

Wir bieten grundsätzlich eine produktneutrale Beratung an. Produkte, die wir empfehlen können, müssen gut mit Prüfzeugnissen dokumentiert sein, sodass eine gezielte Planung möglich ist. 

Eine generelle Empfehlung ist nicht sinnvoll. Erstens weil man mit der Produktwahl immer auf die spezifischen Gegebenheiten und Anforderungen reagieren sollte, und zweitens weil der Markt auch in gestalterischer Hinsicht eine sehr grosse Vielfalt von Produkten bietet. 

Gibt es neue Erkenntnisse in der Raumakustik? 

Bahnbrechende neue Erkenntnisse gab es in den letzten Jahren nicht. In manchen B­ereichen hinkt vielleicht die Praxis dem aktuellen Wissensstand noch etwas hinterher, zum Beispiel was die Akustik von Grossraumbüros angeht oder die Inklusion von Hörbehinderten, für die eine gute Sprachverständlichkeit trotz technischer Hilfsmittel im Alltag noch keine Selbstverständlichkeit ist. 

Inwieweit spielt die Nachhaltigkeit eine Rolle bei Akustikprodukten? 

Eine Reihe guter Produkte ist auf dem Markt, die aus Recycling hergestellt werden, zum Beispiel Glas, PET oder auch die nachwachsenden Rohstoffe wie Holz. Einschränkend ist allerdings zu sagen, dass die versteckten Materialien, ohne die die Produkte akustisch nicht funktionieren, häufig mit hohem Energieeinsatz hergestellt werden müssen, wie beispielsweise Glas- oder Steinwolle. 

Welche praktischen Tipps können Sie Schreinern mitgeben?

Akustikelemente können teilweise mit ­einfachen Mitteln selbst gebaut werden, zum Beispiel Sperrholz auf einem Holz­rahmen oder Spaltentäfer, jeweils mit Mineralfaserplatten hinterlegt, anstatt teure industrielle Produkte zu verbauen. Sie können dann zusätzlich zur akustischen Funktion auch als Anschlagbrett oder Ähnlichem dienen. 

Was sollte bei der Evaluierung, Planung und Montage beachtet werden? 

Es gibt die unterschiedlichsten Typen von akustisch wirksamen Materialien wie Hoch- und Tiefton- sowie Breitbandabsorber, Diffusoren oder Reflektoren. Dazu gesellen sich unterschiedliche Anforderungen, zum Beispiel ist ein Heimkino akustisch ganz anders als ein grosser Kinosaal, ein Schulzimmer nicht zu vergleichen mit einem Grossraumbüro und so weiter. Die Massnahmen müssen deshalb immer auf die ­Situation abgestimmt sein. So kann mit moderaten Kosten eine angenehme Akustik erreicht werden, und auch die ästhetischen Ansprüche werden erfüllt. Mit einer gewissen Aufbauhöhe ist aber zu rechnen: Dünne Schichten an Wand oder Decke können aus physikalischen Gründen allenfalls die hohen Töne absorbieren und haben ­deshalb meist eine ungenügende Wirkung. Speziell bei gelochten Absorbern ist darauf zu achten, dass die Löcher nicht durch einen späteren Anstrich verschlossen werden, weil der Absorber dann seine akustische Wirkung verliert.     Michi Läuchli

→    imhof-akustik.ch 

 

Veröffentlichung: 16. Februar 2023 / Ausgabe 7/2023

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