Mathilda fräste die Form

Renate Ruckstuhl, Leiterin des Geburtshauses «Terra Alta», und Schreiner Thomas Löpfe mit der gemeinsam entwickelten Wanne. Bild: Alegna

Holzwanne.  Im Geburtshaus «Terra Alta» in Luzern können Frauen ab nächstem Frühjahr in einer Wanne aus Holz gebären. Die Manufaktur Alegna in Basadingen TG hat das besondere Objekt aus formverleimtem Schichtholz hergestellt.

Gebären und geboren werden sind fundamentale Erfahrungen im Leben von Mutter und Kind. Doch das freudige Ereignis ist durchaus mit Stress verbunden. Umso wichtiger ist daher eine stimmige, entspannte und entspannende Umgebung während der Niederkunft. Für den passenden Rahmen sorgen Spitäler, aber auch Geburtshäuser, wie das «Terra Alta» in Luzern, wo im nächsten Frühling eine Geburtswanne aus Holz «in Betrieb» genommen wird. Schöpfer der Wanne aus formverleimtem Schichtholz ist die Firma Alegna aus Basadingen TG. Die 1999 gegründete Firma hat sich seit rund 20 Jahren auf die Herstellung von Wannen, Lavabos und Badmöbeln aus Holz spezialisiert. Gründer und Inhaber ist der gelernte Bootsbauer Thomas Löpfe. Im Betrieb arbeiten vier Personen.

Zunächst drei Modelle hergestellt

«Die Leiterin des Geburtshauses kam auf uns zu mit ihrem Anliegen», berichtet Löpfe über die Zusammenarbeit. «Eine konventionelle Geburtswanne kam für uns nicht infrage. Wir suchten etwas, dass haptisch wärmer ist», sagt Renate Ruckstuhl, die Leiterin der Geburtsklinik. Holz sei ein natürlicher Baustoff, mit dem man sich gerne umgebe. Er vermittle Wärme und Geborgenheit. Der Weg zur Wanne führte über drei sogenannte Sitzmodelle. «Gemeinsam ermittelten wir die passende Grösse und Form. Die Wanne benötigt einen Sitz und Armlehnen am richtigen Ort», berichtet Löpfe. Und dann müsse die Wanne die hygienischen Anforderungen erfüllen. «Der tiefe Einstieg, die Sitzfläche und die Armlehnen machen sie zu einer praktikablen Geburtswanne», sagt Ruckstuhl. Nachdem Form und Grösse gefunden waren, ging es darum, die Form aus MDF-Platten herauszufräsen. «Die Fleissarbeit übernimmt bei uns Roboter ‹Mathilda›», sagt Löpfe. Der Industrieroboter arbeitet seit 2017 in der Werkstatt.

Robuste Oberfläche dank Epoxidharz

Handarbeit fällt im weiteren Entstehen der Wanne aber noch genügend an. Zunächst wird die Form des Beckens Schritt für Schritt durch kreuzweises Verleimen von dünnen Holzschichten aufgebaut. Danach folgt eine aufwendige Behandlung der Oberfläche, die mit Epoxidharz abgeschlossen wird. «Dadurch wird die Wanne absolut wasserdicht», sagt Löpfe. «Die Oberfläche ist besonders robust und sicher in der Anwendung. Sie raut nicht und bietet Keimen deshalb keinen Nährboden», sagt Ruckstuhl. Auch gegen Kratzer und Desinfektionsmittel sei die Oberfläche standhaft. Wannen seiner Firma stünden auch in Wellnessbereichen von Hotels, berichtet Löpfe. «Sie sehen auch nach Jahren noch aus wie am ersten Tag», verspricht er.

Schichtholz hat seine Vorteile

Die gefräste Form aus MDF bleibt erhalten, sodass weitere Wannen von dieser Form und Grösse hergestellt werden könnten. Den Aufbau von Hohlkörpern aus verleimtem Schichtholz kennt Löpfe vom Bootsbau her. Auf der Website von Alegna ist sogar eine Badewanne in Form eines Ruderbootes zu sehen. «Konstruktionen aus Schichtholz haben den Vorteil, dass sie im Gegensatz zu Massivholz nicht mehr ‹arbeiten›», sagt er. Das Schichtholzverfahren ist aufwendig. Die Wannen aus Basadingen haben deshalb verständlicherweise ihren Preis. Doch sie finden ihre Liebhaber auf der ganzen Welt und stehen etwa in Dubai, Tokyo oder London und nun auch in Luzern. Auch Sanitas-Trösch zeigt ein Modell aus Basadingen in seinen Ausstellungen. Dabei hat Bootsbauer Löpfe bei der Gründung seiner Firma 1999 aus der Not eine Tugend gemacht: «Ich musste damals feststellen, dass traditionelle Holzboote nicht mehr gefragt waren.» Dann sei er auf Holzbadewannen gestossen und habe sich gesagt: Das geht besser und schöner.

www.alegna.ch

Stefan Hilzinger

Veröffentlichung: 17. November 2022 / Ausgabe 46/2022

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