Mit dem Smartphone zum Schlüssel

Elektronische Zutrittslösungen sind vermehrt auch im privaten Objekt-bereich ein Thema. Bild: Assa Abloy AG

Zutrittskontrolle.  Die Einflüsse von Smartphones und Tablets sind in verschiedensten Bereichen des Lebens unübersehbar. Auch beim Öffnen von Türen spielen diese Geräte vermehrt eine Rolle, denn die neusten Schliesssysteme lassen sich mit Apps steuern und sind einfach einzubauen.

Elektronische Zutrittssysteme sind nicht erst seit gestern ein Thema. Dennoch ist es ein Bereich, von dem viele Schreiner und Türenbauer lieber die Finger lassen. Schliesslich haben sie ja keine Ausbildung als Elektroniker oder Informatiker, es ist eine fremde Materie. Hinzu kommt, dass elektronische Lösungen tatsächlich oft sehr komplex und teuer sind.

Über Jahre waren sie deshalb fast nur grossen Gebäuden mit vielen Nutzern vorbehalten. Also dort, wo ohnehin ein Fachmann die Schliessanlage plant, umsetzt und betreut. Smartphones und Tablets haben aber Bewegung in den ganzen Markt gebracht. Mithilfe von Bluetooth, NFC (Near Field Communication) und Apps ergeben sich neue Möglichkeiten, die auch für den Objektbereich interessant sind. Sie erlauben es dem Türenhersteller, ohne aufwendige Zutrittskontrollsysteme eine Schliessanlage zu planen, zu montieren und in Betrieb zu nehmen. Verschiedene Schliesstechnikanbieter haben dafür neue Systeme geschaffen.

Zusammenstecken leicht gemacht

Anfang 2017 kam die Glutz AG mit einer Biometrielösung für den Objektbereich auf den Markt. Vor Kurzem hat die Assa Abloy AG ebenfalls ein System präsentiert. Mit den Marken MSL, Keso und Effeff ist das Unternehmen schon lange am Markt und dem Türenbauer gut bekannt.

Die Lösungen umfassen Fingerprint-Scanner, Bluetooth-Schnittstellen, Motorschlösser und eine kostenlose App. Die Komponenten wurden als «Plug and Play», also einstecken und loslegen, konstruiert. Wie bei den Einbauleuchten hat man die Verkabelungen vereinfacht und mit Steckern versehen, die nicht vertauscht werden können. Ein falsches Anschliessen der Komponenten ist somit ausgeschlossen.

Bei der Variante von Assa Abloy wird der Fingerabdruck-Scanner direkt mit dem «FlipLock»-Motorschloss verbunden. Dadurch entfallen zusätzliche Steuerungen oder Relais, die im Türblatt oder -rahmen untergebracht werden müssen.

Direkter Anschluss ist einfacher

Die direkte und verschlüsselte Kommunikation zwischen Scanner und Schloss erschwert ausserdem das Manipulieren des Systems: Sobald die beiden Komponenten angeschlossen sind und in Betrieb genommen werden, erkennen sie sich automatisch und verbinden sich fix miteinander. Trennt man den Scanner vom Schloss und schliesst ein anderes Gerät an, wird dieses zwar erkannt, aber es findet keine Verbindung statt, weil es sich nicht um die ursprüngliche Komponente handelt, mit der es zum ersten Mal verbunden wurde.

Muss ein Teil ausgetauscht werden, hat das Werk die Möglichkeit, einen Reset durchzuführen. Dann kann der Administrator mit der App den Scanner neu programmieren. Die App ist mit einem Passwort geschützt und erlaubt das Verwalten von Benutzern sowie deren Zutrittsberechtigungen. Je nach Anbieter und App kann man programmieren, ob das Schloss einmal geöffnet, dauergeöffnet oder permanent verschlossen sein soll.

Will man einen neuen Fingerabdruck einscannen, zeigen die Apps dem Anwender mithilfe von Grafiken und Videos Schritt für Schritt das Vorgehen auf. Die meisten Schliesstechnikanbieter produzieren ihre Fingerprint-Scanner nicht selber, sondern kaufen diese zu. In der Regel gibt es dann dazu auch gleich die passende App, die auf die jeweiligen Bedürfnisse angepasst wird. Glutz und Assa Abloy setzen dabei auf Systeme des österreichischen Herstellers Ekey. Die Scanner scheinen am zuverlässigsten zu funktionieren – gemäss Hersteller von –50 bis +50 °C. Dies ist ein entscheidender Faktor, denn es gibt nichts Mühsameres, als wenn der Sensor den Finger erst nach mehreren Versuchen erkennt.

In diesem Bereich spielt der Support des Scanners und der App ebenfalls eine wichtige Rolle. Bei Assa Abloy hat man sich entschieden, auch diesen durch Ekey sicherzustellen – 24 Stunden, 7 Tage die Woche.

Mehr als ein Fingerabdruck

Die Programmierung der jeweiligen Tür erfolgt über Bluetooth. Diese Technologie setzt sich offenbar aus verschiedenen Gründen vermehrt durch: Praktisch jedes Smartphone und Tablet verfügt heute über eine Schnittstelle, und man benötigt weder eine Internetverbindung noch ein anderes Netzwerk dazu. Ausserdem muss Bluetooth nur dann aktiv sein, wenn Daten übertragen werden, und die Reichweite ist begrenzt. Anders als bei weitreichenden und permanent aktiven Netzwerken wie einem WLAN ist es deshalb für Hacker schwieriger, die Bluetooth-Verbindung anzugreifen. Interessant an den neuen elektronischen Zutrittslösungen ist zudem, dass sie nicht nur über den Fingerabdruck funktionieren. Wie bereits erwähnt, sind diese Systeme auch NFC- und Bluetooth-fähig. Das heisst, sie können mit einem Badge, Plektrum, einem im Schlüssel integrierten Chip oder mit der passwortgeschützten App geöffnet werden. Diese Zugänge lassen sich ebenfalls mithilfe der App programmieren und verwalten. Das macht zum Beispiel Sinn, wenn man jemandem nur einen temporären Zugang geben und dafür nicht den Fingerabdruck einlesen kann oder will. Zudem haben solche Medien den Vorteil, dass sie auch für andere Anwendungen wie digitale Schlösser bei Schränken und Möbeln verwendet werden können.

Früher waren für das Programmieren eines Badges spezielle Terminals und Anwendungen notwendig. Diese sind kostspielig und erfordern gewisse Grundkenntnisse, weshalb sich das auch nur für grössere Schliessanlagen lohnte. Fingerabdruck-Scanner und Motorschloss benötigen allerdings immer Strom. Obwohl es mittlerweile durchaus Motorschlösser gibt, die ihre Energie aus einem Akku beziehen können, setzen die meisten Anbieter in diesem Bereich auf einen 230-V-Anschluss und einen Kabelübergang zum Türblatt. Denn die Akkus erfordern immer ein gewisses Mass an Wartung und müssen irgendwann ausgetauscht werden, was mit zusätzlichen Kosten verbunden ist.

Das Türblatt unter Strom setzen

Statt eines gewöhnlichen Kabelübergangs gäbe es als Alternative Stromkontakte, die sich in den Rahmenfalz integrieren lassen. Verschiedene Experten stellen allerdings deren Funktionssicherheit über eine längere Zeit infrage. Nicht weil es sich um schlechte Produkte handelt, aber wenn sich das Türblatt verzieht oder setzt, könnte der Stromkontakt nicht mehr sichergestellt sein. Interessanter in diesem Bereich sind Türbänder mit integrierter Stromübertragung wie zum Beispiel das «Tectus Energy» der Simonswerk GmbH.

In jedem Fall lohnt es sich, auch bei der Energieübertragung auf eine möglichst einfache, steckerfertige Lösung zu setzen, welche mit den anderen Komponenten kompatibel ist. So kann man alle Teile bereits in der Werkstatt vormontieren und bei Bedarf sogar testen. Der Türrahmen kann auf der Baustelle schon fertig vormontiert werden, der Elektriker braucht lediglich die Stromversorgung an den Kabelübergang anzuschliessen. Der Monteur muss dann beim Einhängen des Türblattes nur noch den Stecker mit dem Kabelübergang verbinden. So ist automatisch klar geregelt, wer was anschliessen muss, und es besteht nicht die Gefahr, dass der Elektriker oder der Schreiner irgendwelche Drähte falsch verbindet.

Den Anschluss nicht verpassen

Die neuen elektronischen Zutrittssysteme für den Objektbereich stellen für den Schreiner eine Möglichkeit dar, in Gebiete vorzudringen, die bisher fast nur Spezialisten abdecken konnten und grossen Gebäuden vorbehalten waren. Je nach Anbieter und Ausführung kosten die Komponenten für solche Objektsysteme (Fingerabdruck-Scanner, Motorschloss und Kabelübergang) um die 2000 Franken. Das ist natürlich einiges mehr als eine gewöhnliche Mehrpunkteverriegelung mit Zylinder. Dafür sind die Systeme sehr benutzerfreundlich, die Zutrittsberechtigungen lassen sich individuell steuern, und es gibt keine verlorenen Schlüssel mehr. Ausserdem sind solche Lösungen auch für barrierefreie Bereiche interessant.

Nicht zuletzt hat die Entwicklung dank Smartphone & Co. wieder an Fahrt aufgenommen, und es dürften sich in den nächsten Jahren noch weitere Neuerungen ergeben. Wer sich jetzt schon damit beschäftigt und den Anschluss nicht verliert, kann sich so entsprechend auf dem Markt positionieren und die Wertschöpfung im eigenen Betrieb behalten.

Nachfolgend werden die Systeme von Glutz und Assa Abloy im Detail vorgestellt.

Kompatibel mit anderen Schlössern

Die Glutz AG bietet ein Biometriesystem an, das sowohl mit Eigen- als auch Fremdschlössern kompatibel ist. Diese Homebiometrielösung stellt eine sichere und nutzerfreundliche Alternative zu herkömmlichen Zutrittslösungen für Wohnobjekte dar. Sie kann sowohl im Neubau installiert als auch in älteren Gebäuden problemlos nachgerüstet werden. Passend dazu werden aufeinander abgestimmte Setlösungen aus Fingerscanner, Schloss, Beschlag und Bändern angeboten.

Die Homebiometrielösung erfordert laut Hersteller nur einen geringen Installationsaufwand und kann danach intuitiv bedient werden. Drei Setlösungen ermöglichen eine Vielzahl an Nutzungsszenarien und eignen sich für individuelle Zutrittsanforderungen. Zudem verfügt jedes System über ein Speicherkontingent von bis zu 99 Fingerprints. Optional können zusätzlich 99 RFID-Benutzerausweise oder RFID-Schlüsselanhänger gespeichert werden. Die Homebiometrielösung lässt sich auch problemlos mittels App verwalten. Die Nutzer programmieren und bedienen das System mit einem Smartphone völlig intuitiv und verwalten die Benutzer.

www.glutz.com

Direkt verbinden und programmieren

Das «FlipLock»-Motorschloss der Assa Abloy AG wird direkt mit dem «MSL OEM Fingerscanner» angeschlossen. Dadurch braucht es keine zusätzliche Steuerung mehr, und ein Relais wird ebenfalls über- flüssig. Das Schloss ist nun direkt mit dem Fingerscanner gekoppelt, somit erreicht es eine sehr hohe Manipulationssicherheit. Mit dem Fingerscanner hat der Benutzer drei Varianten, die Tür zu öffnen. Entweder er öffnet die Tür mit dem Finger über den Fingerscanner, den RFID-Patch von Keso oder die neue «Open biometric MSL»-App. Die RFID-Karten sind durch «Mifare Desfire EV1» verschlüsselt.

Mit der App lassen sich bequem bis zu 200 Nutzer anlegen, und deren Zutrittsberechtigungen können individuell verwaltet werden. Zudem können via App auch die Schlosszustände des motorischen «FlipLock»-Modells eingestellt werden. Mit einem Klick auf das entsprechende Symbol kann zwischen drei Betriebszuständen des Schlosses gewählt werden: einmal öffnen, dauergeöffnet, dauergeschlossen.

www.assaabloy.ch

ph

Veröffentlichung: 14. Dezember 2017 / Ausgabe 50/2017

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