Mit der Kraft der Atmosphäre

Die richtige Anlage erleichtert die Arbeit mit unhandlichen Elementen. Bild: Schmalz GmbH

Vakuumheber.  Der Transport von sperrigen, schweren Teilen in einem Produktionsprozess ist heikel, da Haltevorrichtungen Druckstellen verursachen können. Die Verwendung von Vakuumhebern ist da sehr verlockend. Vorher sollte man aber einiges darüber wissen.

Das Wichtigste in einem Handwerksbetrieb sind die Mitarbeiter. Entsprechend sollten sperrige, unhandliche und schwere Dinge von ihnen nicht herumgehoben werden müssen – und schon gar nicht dauernd. Wenn eine Arbeit nur aus Transportgründen mehr als einen Mitarbeiter braucht, dürfte das in den meisten Fällen unrentabel sein. Viele Hebegeräte benutzen für ein sicheres Halten der Ware Greifzangen oder Transportgurte. Beide können durch Druckstellen das Transportgut beschädigen. Da erscheint es verlockend, mit Saughebern zu arbeiten, schliesslich werden so schon lange Glasscheiben befördert – die sind empfindlich und schwer.

Die Kraft des Luft-Unterdruckes nutzen

In einer Schreinerei werden viele Materialien verarbeitet und besonders im Zuschnittbereich schaffen Krananlagen grosse Vorteile, besonders solche, die schnell und unkompliziert zu bedienen sind. Für jeden Kranhersteller ist klar: Zuerst muss definiert sein, was genau alles gehoben werden soll. Erst dann kann nach guten Lösungen gesucht werden.

Vakuumheber, mit denen man Glasscheiben von Hand tragen kann, zeigen mit ihren Saugnäpfen die physikalischen Grenzen auf: Ist die anzuhebende Platte nicht absolut glatt, sauber und luftdicht, kann beim Aufdrücken kein wirkliches Vakuum aufgebaut werden. Es braucht also einen Vakuumerzeuger, der durch konstantes Saugen verhindert, dass Luft unter die Saugflächen kommt. Ebenso braucht das Saugelement Randlippen, die sich absolut dicht an die gewünschte Oberfläche schmiegen. Die tragfähige Verbindung der Saugfläche mit dem Transportgut entsteht aber immer durch den Umgebungsluftdruck. Dieser presst auf Meereshöhe mit 1,013 Bar die beiden Flächen zusammen. Der Luftdruck, und somit diese Haltekraft, nimmt mit zunehmender Höhe über Meer ab. Das wird mit entsprechend grösseren Saugflächen ausgeglichen.

Da die Haltekraft ohne mechanische Verbindung nur durch das Aufpressen der Saugflächen und den Reibwert der aufliegenden Flächen entsteht, ist das vertikale Halten, beispielsweise von Glasscheiben, eine zusätzliche Herausforderung. Liegend würde das Glas aber eher brechen.

Grundlagen des Hebens

Als Vakuumerzeuger gibt es verschiedene Systeme. Stellvertretend auch für Produkte anderer Hersteller stammen die nachfolgenden Geräteangaben von der Gis AG im luzernischen Schötz. Die Geräte bei Gis werden standardmässig auf eine Anwendungshöhe von 1000 Metern über Meer ausgelegt – höher ist aber optional möglich. Sobald die aktiven Saugelemente an das Transportgut kommen, saugen sie sich fest. Zum Lösen braucht es zur Sicherheit dann zwei bewusste Manipulationen.

Als maximale Hebehöhe mit Vakuumhebern gilt 1,8 Meter ab Boden. Das Vakuum muss auch bei abgeschalteter Anlage eine gewisse Zeit bestehen bleiben. Dennoch: Jeglicher Aufenthalt unter dem angehobenen Transportgut ist bei allen Krananlagen verboten – mit Ausnahme spezieller Kettenzüge, die beispielsweise für Scheinwerfermasten bei Konzerten über den Zuschauern eingesetzt werden und dreifach gesichert sind. Entsprechend müssen die Bedienelemente an langen Auslegern sein, sodass bei der Handhabung der Anwender mit all seinen Körperteilen neben dem schwebenden Teil steht.

Luftdurchlässiges Transportgut

Ein Vakuumerzeuger für Niedervakuum ist der Seitenkanalverdichter. Er erzeugt einen eher tiefen Unterdruck von 15 bis 30 Prozent. Durch den besonders hohen Volumenstrom und die Schwungmasse im Gebläse, welche den Vakuum-Abbau verzögert, kann die Leckage von porösen Transportgütern wie MDF-Platten kompensiert werden (beim CNC-Fräsen wird im Nestingverfahren durch eine MDF-Opferplatte hindurchgesaugt). Dazu braucht es grosse, kastenförmige Saugplatten, die sich innen mit einer Saugflächenabstützung ausrüsten lassen. Das verhindert, dass sich sehr dünne Materialien beim Ansaugen in den Kasten hineinwölben könnten.

Ein Transport ist sowohl horizontal wie vertikal möglich. Ebenso gibt es Ausführungen als Wende- oder Regalbediengerät. Zum Heben braucht es dann einen Kran, der über Laufschienen und allenfalls mittels einer Schwenksäule das Gut an seinen Bestimmungsort bringt. Gis bietet dazu Elektrokettenzüge mit verschiedenen platzsparenden Vorrichtungen an. So kann auch in eher niedrigen Werkstätten ein Kran verwendet werden.

Ein Kasten voller Ventile

Saugkästen dürfen nicht über das Transportgut hinausragen, da dann kein Unterdruck mehr aufgebaut werden kann. Die Firma Eurotech Vertriebs GmbH aus dem deutschen Geislingen hat mit ihrem «eT-Gripper» einen Saugkasten entwickelt, der das kann. Durch die Anordnung einer Vielzahl von selbst reagierenden Ventilen und entsprechenden Saugmatten können zudem selbst stark strukturierte Materialien sicher gehalten werden.

Ein stärkeres Vakuum

Ein Hochvakuum wird mit einer Drehschieberpumpe erzeugt. Damit entsteht ein Vakuum von 80 bis 90 Prozent, aber ein niedrigerer Volumenstrom als mit dem Seitenkanalverdichter. Auch sind die Anschaffungskosten sowie die Betriebskosten tiefer als beim Seitenkanalverdichter. Mit der Drehschieberpumpe können leicht poröse wie auch dichte Materialien horizontal wie vertikal gehalten und mit einem Kettenzug gehoben werden. Wende- oder Regalbediengeräte sind erhältlich.

Ein Ejektor erreicht die gleiche Vakuumstärke. Er wird mit Pressluft aus dem Druckluftsystem betrieben und hat die günstigsten Anschaffungskosten in diesem Trio. Die Betriebskosten sind dafür hoch. Entwickelt wurde das Gerät für Glasscheiben und andere luftundurchlässige Transportgüter und für eine rein vertikale Anwendung.

Mit einem Schlauch anheben

Statt mit einem Elekrokettenzug kann man auch mit Vakuum heben, und das erst noch schneller. Wo viele Bewegungen in kurzer Zeit gemacht werden müssen, kann dieses System grosse Vorteile bieten. Der Vakuum-Schlauchheber der Schmalz GmbH aus dem zürcherischen Nürensdorf kann Teile in horizontaler Lage bis maximal 300 Kilogramm transportieren.

Der Hubschlauch zieht sich zum Heben zusammen und dehnt sich beim Absenken wieder kontrolliert aus. Auch eine 90-Prozent-Schwenklösung in die Vertikale gibt es. Sie schafft 120 Kilogramm. Aufgehängt wird der Schlauchheber wie der Kettenzug an Kranprofilen, wobei der Vakuumerzeuger dezentral angebracht ist und die Energie über einen Verbindungsschlauch liefert. Eine Kranlösung wird es für die meisten Firmen geben, sie muss aber zusammen mit einem Spezialisten gesucht werden.

www.gis-ag.chwww.etvac.dewww.schmalz.com

ab

Veröffentlichung: 08. November 2018 / Ausgabe 45/2018

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