Ölen leicht gemacht?

Verarbeiten von Öl. Naturbelassene Oberflächen gewinnen in Zeiten des ökologischen Umdenkens wieder mehr an Bedeutung. Auch wenn die Verarbeitung einfach scheint, unterschiedliche Materialien, Öle und Oberflächen erfordern nebst Fachkenntnis auch Fingerspitzengefühl.

Die Verarbeitung von Ölen ist auch für kleinere Betriebe problemlos und mit einfachen Mitteln zu bewerkstelligen. Trotzdem trifft man immer wieder auf klebrige, speckige und unregelmässige Oberflächen, die auf Verarbeitungsfehler zurückzuführen sind. Das bestätigt auch Martin Gautschi, Geschäftsführer der Gamar Nature Finish GmbH: «Solche Fehler machen nicht nur Laien und Heimwerker, sondern auch Fachleute.» Lohnarbeiten im Bereich Oberflächen sowie der Handel mit entsprechenden Produkten gehören zum Kerngeschäft des Unternehmens.

Wie beim Lackieren spielt auch beim Ölen die Auswahl und Beschaffenheit des Untergrundes eine wichtige Rolle. Direkte Auswirkung auf das Resultat hat die Vor­bereitung der Holzoberfläche, sprich das Schleifen: Mit grober Körnung geschliffenes Holz kann wesentlich mehr Öl aufnehmen als fein geschliffenes.

Als Untergrund eignet sich Massivholz am besten. Es nimmt Flüssigkeiten deutlich gleichmässiger auf als Holzwerkstoffe. «Beim Massivholz tolerieren die Kunden auch eher Farbunterschiede, da es ein rein natürlicher Werkstoff ist», weiss Dieter Schmid von Nobs Farben und Lacke. Bei dünnen oder porösen Furnieren besteht die Gefahr von Leimdurchschlägen. An diesen Stellen verändert sich die Benetzbarkeit, das Öl dringt nicht mehr gleichmässig ein, und es kann zur Bildung von Flecken kommen. 

MDF am schwierigsten

Als echte Herausforderung für jeden Fachmann gilt die Behandlung von MDF. Durch das unregelmässige Saugverhalten der Faserplatte kann es innerhalb derselben Platte zu groben Flecken oder Farbunterschieden kommen. Dieses Problem kennt man auch beim Lackieren,

Je nach Werkstoff und deren Beschaffenheit empfiehlt es sich, das Öl zu verdünnen oder ein besser geeignetes Produkt zu wählen. «Der Verarbeiter muss wissen, wie stark das Öl verdünnt ist und ob es auch Wachs enthält», gibt Dieter Schmid zu bedenken. Denn davon hängen auch die Auftragsmenge und die spätere Pflege ab. 

Der Trocknungsprozess

Uneinigkeit herrscht bei der Frage nach der Auftragsmenge. Einige Öllieferanten empfehlen, das Holz möglichst stark zu sättigen, sprich viel Material aufzutragen und dieses über einen gewissen Zeitraum einziehen zu lassen. Der Grund dafür liegt nahe, man verspricht sich von der tiefen ­Penetration ein über lange Zeit gut geschütztes Holz.

Doch immer mehr Anbieter raten von der sogenannten Einsumpftechnik ab. Um zu begreifen, warum, muss man den Trocknungsprozess des Öls verstehen: Ein reines Öl trocknet nur extrem langsam aus. Deshalb mischen die Hersteller dem Gebinde auch Metallsalze bei, die mit dem Sauerstoff in der Luft oxidieren und dadurch die Trocknung beschleunigen. Dringt das Öl also tief in das Werkstück ein, trocknet die oberste Schicht gut aus, da sie direkten Kontakt mit der Luft hat. In den tieferen Schichten erreicht jedoch nur sehr wenig Sauerstoff das Öl, folglich kommt es da kaum zum Trocknungsprozess. Am besten erkennt man dieses Phänomen am Beispiel eines angebrochenen Behälters. Nach einiger Zeit ensteht durch den Kontakt mit Sauerstoff eine dünne «Haut» auf der Oberfläche, darunter bleibt die Viskosität des Öls erhalten.

Deshalb ist es auch so wichtig, die Trocknungszeit zwischen der ersten und zweiten Ölung einzuhalten, damit der erste Anstrich aushärten kann. Anderenfalls wandert nicht getrocknetes Öl von der Ober­fläche weg, tiefer in das Material hinein. «Die Oberfläche kann so schnell ausgehungert wirken», so Martin Gautschi.

Auf die Menge kommt es an

Wenn das Öl zu lange auf der Oberfläche liegen bleibt, bildet es – wie im angebrochenen Topf – eine Haut, was die Weiterverarbeitung erschwert oder sogar verunmöglicht. Überschüssiges Material sollte also möglichst schnell entfernt werden. Darum muss der Verarbeiter bereits beim Auftragen auf die richtige Dosierung achten – nicht zu viel und nicht zu wenig. Für grös­sere Flächen kommen dafür spezielle Auftragsgeräte oder Spachtel in Frage. Kleine Flächen können auch mit einem Pinsel oder Baumwolltuch bearbeitet werden. Farb­roller aus Mohair oder Schaumstoff eignen sich weniger, da die Dosierung relativ schwierig ist. 

Insbesondere bei grossen Mengen kann sich der Einsatz einer Spritzpistole lohnen. Ein separater Raum mit Absaugung wäre die optimale Lösung, damit nicht die ganze Werkstatt im Ölnebel versinkt. Ein Ausweichen auf den Lackierraum ist nicht zu empfehlen, da sich Öle und Lacke nicht ver­tragen. Wer viel Öl verarbeitet, egal mit welcher Methode, sollte sich dafür einen speziellen Raum oder Behandlungsplatz einrichten.

Das Öl auf das Werkstück auszugiessen und diese Pfütze quasi als Reservoir zu benutzen, sollte man sich nicht angewöhnen. Farbunterschiede und Ansätze könnten die Folge sein, denn an dieser Stelle nimmt das Material mehr Öl auf.

Polieren geht über studieren

Um ein gleichmässiges, einwandfreies Resultat zu erzielen, muss das Öl sofort nach dem Auftragen einmassiert werden. Dafür ist eine Poliermaschine oder ein Schwingschleifer mit entsprechendem Polierpad unerlässlich. Die empfohlene Poliergeschwindigkeit ist je nach Produkt unterschiedlich. Im Allgemeinen ist die Maschine aber gleichmässig in Faserrichtung zu führen, insbesondere bei der Verwendung von pigmentierten Ölen. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass die Pigmente nicht gleichmässig verteilt und unterschiedlich stark in die Fasern eingearbeitet werden. Bei der Wahl des Pads ist darauf zu achten, dass dieser die richtige Abrasivität aufweist. Zu agressive Pads können bereits wieder die oberste Holzschicht oder vorher aufgebrachte Beizen abtragen. Zu schwache arbeiten das Öl nicht optimal ein und tragen allfällige aufstehende Fasern nicht ab. 

Zum Schluss reibt man mit Baumwoll- oder speziellen Zellstofftüchern letztes, überschüssiges Öl ab. Wer das Ganze maschinell durchführen möchte, legt das Tuch einfach unter den Pad. Positiver Nebeneffekt davon ist, dass überschüssiges Material aus dem Pad ebenfalls aufgenommen wird und dieser länger einsatzfähig bleibt. Wie oft ­diese Prozedur wiederholt werden muss, hängt vom Untergrund und vom verwendeten Öl ab.

Wachs gegen Schmutz

«Wir machten die Erfahrung, dass nur mit Öl behandelte Flächen schnell verschmutzen. Deshalb verwenden wir ein Kombiprodukt aus Öl und Wachs. So verhindern wir, dass Schmutzpartikel in die Poren eindringen», erklärt Martin Gautschi. Alternativ können mit Öl grundierte Oberflächen auch mit einem reinen Wachs­produkt behandelt werden. «Hier können Heisswachs-Spritzgeräte Sinn machen, da sich der Wachs so besser verarbeiten lässt», weiss Dieter Schmid. Sobald aber Wachs zum Einsatz kommt, ist ein «Nachölen» nach der vollständigen Aushärtung kaum noch möglich. Das wird nicht mehr angenommen und bleibt auf der Oberfläche liegen. Die Folge sind klebrige, speckige Oberflächen. 

Deshalb gibt es für Öl-Wachs-Kombinationen spezielle Pflegeprodukte. Bei der Auswahl sollte man aber immer den Empfehlungen des Herstellers folgen. Dazu ist es wichtig, auch die Endkunden genau zu informieren, denn die richtige Reinigung und Pflege ist in den ersten Jahren besonders wichtig. ph

 

www.gamarnaturefinish.ch

www.bestforwood.ch

www.ttprotectum.ch

www.auro.ch

www.thymos.ch

Veröffentlichung: 03. Dezember 2009 / Ausgabe 49/2009

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