Optimieren in jeder Hinsicht

Sägen von Striebig lassen sich nun auch mit einem Optimierungssystem nachrüsten. Bild: Striebig AG

Software.  Die Zuschnittoptimierung hilft, den Verschnitt möglichst gering zu halten. Vermehrt spielen aber auch die Arbeitsabläufe an der Maschine eine Rolle. Deshalb nehmen sich die Maschinenhersteller diesem Thema an, und Preismodelle aus dem Internet kommen zum Zug.

Im Schreinergewerbe ist der Plattenzuschnitt schon seit einigen Jahren ein Arbeitsschritt mit Potenzial. Nachdem viele Betriebe in ein Bearbeitungszentrum (Baz) und eine Kantenanleimmaschine investiert haben, ist nun vielerorts der Zuschnitt ein Flaschenhals. Manche Schreinereien lassen deshalb die Platten vermehrt vom Holzwerkstofflieferanten zuschneiden und liefern. Andere investieren in leistungsfähigere Plattensägen, teilweise sogar in Kombination mit einem automatischen Lager.

Den Verschnitt im Griff

Nebst der Technik ist aber auch die Optimierung der Prozesse an der Maschine sehr wichtig. Zuschnittoptimierungen sind in diesem Bereich eigentlich nichts Neues. Schon vor dem digitalen Zeitalter legten sich versierte Maschinisten einen Zuschnittplan zurecht. Manche haben sogar ein derart gutes Vorstellungsvermögen, dass sie das Puzzle im Grossformat einfach im Kopf zusammenstellen können. Lange ging es dabei insbesondere darum, den Verschnitt möglichst gering zu halten und Materialkosten zu sparen.

Selbstverständlich ist dies heute nach wie vor ein wichtiger Aspekt der Zuschnittoptimierung. Denn Abfälle verursachen immer zusätzliche Kosten, und ein sparsamer Umgang mit Ressourcen ist wichtig. Auch das Verwalten noch brauchbarer Reste benötigt entsprechende Lagerflächen und beansprucht Personal. Zudem ist es bei seltenen oder besonders teuren Platten entscheidend, ob nun nur eine oder gleich zwei benötigt werden. Deshalb ist die Zuschnittoptimierung meistens bei der Avor und beim ERP angesiedelt. Je nach Programm ist dort schon eine Optimierung integriert, oder man muss sich das entsprechende Modul dazukaufen. Denn die Basis für jede Zuschnittoptimierung ist eine saubere Holzliste. Anhand dieser erstellen die Programme einen Schnittplan, der in den meisten Fällen ausgedruckt und dem Maschinisten mitgegeben wird.

Arbeitsabläufe optimieren

Weitere Faktoren rücken aber bei der Zuschnittoptimierung vermehrt in den Fokus: Es geht nicht mehr nur darum, eine Platte mit möglichst wenig Verschnitt aufzutrennen. Vielmehr handelt es sich um einen Arbeitsschritt in einer langen, immer stärker vernetzten Prozesskette. Aus diesem Grund nehmen sich die Maschinenhersteller ebenfalls dieser Thematik an. Denn werden bei der Optimierung auch weitere Parameter wie beispielsweise jene der Säge und des Materialhandlings mit einbezogen, ergeben sich zusätzliche Möglichkeiten.

Bei modernen Plattensägen zeigen Bildschirme nicht nur den Schnittplan an, sie unterstützen den Bediener auch beim Auflegen, Positionieren und Abstapeln der Platten und Teile. Die Vorgänge werden auf dem Bildschirm dargestellt. Zusätzlich gibt es Maschinen, die mithilfe von Lasermarkierungen oder LEDs direkt auf der Maschine oder dem Werkstück anzeigen, wie es gedreht und angeschlagen werden muss. Das System gibt somit nicht nur den Schnittplan vor, sondern unterstützt den Mitarbeiter bei der Abfolge der Schnitte.

Schritt für Schritt geführt

Das hat beispielsweise auch die Striebig AG erkannt. Die Spezialistin für vertikale Plattensägen hat ein Optimierungssystem für ihre Sägen entwickelt. Das System führt den Maschinisten Schritt für Schritt durch den Schnittplan und steht in drei verschiedenen Versionen zur Verfügung:

«OptiDivide» ist ein von der Maschinensteuerung unabhängiges Zuschnittoptimierungs-System. Hard- und Software sind in einer kompakten Einheit zusammengefasst. Ein 12-Zoll-Touchscreen-Rechner mit aufgespielter Zuschnittoptimierungs-Software und der Etikettendrucker sind in ein kompaktes Alu-Gehäuse integriert. Verschiedene Striebig-Sägen ab dem Baujahr 2001 sind damit nachrüstbar.

Für die bereits mit Touchscreen-Rechner ausgerüsteten Sägen «Control» ab Baujahr 2018 stehen zwei verschiedene Softwarepakete zur Auswahl: Beim «BaseCut CON» kann der Bediener einfache Stücklisten direkt an der Maschine erstellen. Wer seine Daten aus einem ERP- oder CAD-System importieren will, braucht die «ExpertCut CON»-Version.

Die nächsten Arbeitsschritte im Blick

Für die einen klingt das nach einer Bevormundung des Maschinisten. Für andere ist dies lediglich prozessorientiertes Denken. Denn bereits mit bisherigen Zuschnittoptimierungen war es möglich, die Schnittfolge mit Nummerierungen vorzugeben. Im Vordergrund steht dabei nicht, dem Maschinisten das Denken abzunehmen. Vielmehr geht es darum, die Produktivität auf einem konstanten, möglichst fehlerfreien und somit kalkulierbaren Niveau zu halten.

Das bedeutet zum Beispiel, dass beim Zuschnitt verschiedene Kommissionen miteinander vermischt werden, um die Ausbeute zu erhöhen. Oder die Teile werden so abgestapelt, dass sie nachher in der richtigen Reihenfolge für das Baz oder die Kantenanleimmaschine bereitstehen. Solche Abwägungen sind oft so komplex, dass das menschliche Gehirn sie kaum noch bewältigen kann. Selbst die Optimierungs-Software braucht je nach Umfang und Komplexität des Auftrages einige Zeit, um alle Varianten durchzurechnen.

Kapazitäten der Cloud nutzen

Aus diesem Grund hat die Homag-Gruppe mit ihrer Optimierungs-Software «IntelliDivide» eine cloudbasierte Lösung entwickelt. Als Basis dient das Cloud-System «Tapio», in dem man sich als Benutzer registrieren muss. Der grosse Vorteil einer Cloud ist, dass die Zuschnittoptimierung völlig unabhängig vom jeweiligen Betriebssystem, Rechner und ERP funktioniert.

Man kann sich also auch mit einem Smartphone einfach über den Browser einloggen und eine Zuschnittoptimierung durchführen. Die Basis dafür ist wie bei anderen Softwares eine Holzliste als Excel- oder CSV- Datei. Weil bei der Optimierung auf die Rechenkapazität des Cloud-Servers zugegriffen wird, dauert die Berechnung nur wenige Augenblicke. Das System errechnet in dieser Zeit nicht nur eine Variante, sondern gleich vier: ausgewogen, möglichst wenig Verschnitt, kurze Maschinenlaufzeit oder einfaches Handling. Die Ergebnisse werden grafisch dargestellt und der Benutzer kann die passende Variante auswählen.

Sofern die Plattensäge ebenfalls mit «Tapio» verbunden ist, lassen sich die Zuschnittpläne direkt an die Maschine übermitteln. Ansonsten gibt es auch die Möglichkeit, die Daten zu exportieren. Im Moment stehen die Formate SAW, PTX, ZIP und PDF zur Verfügung. Somit können theoretisch auch andere Maschinen mit diesen Daten arbeiten. Oder man druckt die Zuschnittpläne einfach aus.

Das System ist keineswegs nur für grosse Betriebe und die Industrie gedacht. Homag orientiert sich beim Preis am mittlerweile immer stärker verbreiteten SAAS-Modell (Software as a Service). Das heisst, der Nutzer kann entscheiden, wie lange und in welchem Umfang er die Software nutzen will, und bezahlt diese entsprechend. So ist «IntelliDivide» ab einer Laufzeit von einem Monat und bis maximal 10 000 Teile pro Monat für 95 Euro verfügbar.

Wer also nur für eine kurze Zeit oder einen speziellen Auftrag eine Optimierung benötigt, kann auf diese Weise ohne ERP, spezielle Installationen und Hardware ebenso von solchen Programmen profitieren.

Programme aus dem Internet

Ähnliche Lösungen gibt es im Internet zudem schon länger. Sie heissen «MaxCut», «Optimalon» oder «WoodWorks». Sie alle haben Preismodelle, die über die Anzahl Teile oder die Nutzungszeit definiert werden. Sie wirken allerdings auf den ersten Blick nicht immer ganz seriös. Man kann aber bei allen Anbietern eine Testversion herunterladen und die Programme ausprobieren. Je nachdem sind dabei Englischkenntnisse von Vorteil. Die Programme bieten doch einige Funktionen, die man auch bei professionellen ERP-Optimierungen findet. So lassen sich Laufrichtungen von Platten und Kantenbilder definieren oder sogar Ettiketten drucken. Die Holzlisten kann man ebenfalls importieren oder teilweise direkt im Programm erstellen.

Noch kein Vergleich

Dennoch, vergleichen mit ERP-Zuschnittoptimierungen oder professionellen Anwendungen lassen sich diese Programme nicht. Selbst Homag räumt beim «IntelliDivide» ein, dass es vom Funktionsumfang her nicht an das eigene Programm «Schnitt Profi(t)» herankomme. Wer also eine Optimierungs-Software will, die das Anpassen vieler Parameter und das Anbinden an andere Anwendungen erlaubt, kommt hier zumindest im Moment nicht um bekannte professionelle Programme herum. Für einfache oder kurzzeitige Einsätze können die Programme aber durchaus eine Alternative darstellen. Zumal in der Holzbranche die Entwicklung cloudbasierter Anwendungen noch ganz am Anfang steht.

www.striebig.comwww.homag.comwww.tapio.onewww.maxcutsoftware.comwww.optimalon.comwww.woodworks.at

ph

Veröffentlichung: 10. Januar 2019 / Ausgabe 1-2/2019

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