Persönlicher Rekord bringt ihm Gold

Marco Kaltenrieder bereitet sich an der Meisterschaft auf den nächsten Wurf vor. Bild: Björn Kötteritzsch

leichtathletik. Marco Kaltenrieder ist frischer U18-Schweizermeister im Speerwerfen. Der Thurgauer ist Schreinerlernender im zweiten Jahr. Dank seines grosszügigen Lehrbetriebs, der HP Müller AG in St. Gallen, kann er auch während der Ausbildung regelmässig trainieren.

Präzision ist wichtig. Sie ist eine Stärke von Marco Kaltenrieder aus Roggwil TG. Er benötigt sie einerseits bei der Arbeit, andererseits bei seinem Hobby. Der Schreinerlernende im zweiten Jahr ist der amtierende Schweizermeister der U18 im Speerwerfen. Anfang September hat er bei den Titelkämpfen in Lausanne VD gewonnen. «Nachdem ich vergangenes Jahr Dritter wurde, habe ich dieses Jahr auf den Sieg gehofft», erzählt der 17-Jährige.

Doch diesen musste er sich erst verdienen. 17 Jugendliche hatten die Limite für die Schweizermeisterschaft erfüllt und bildeten ein starkes Feld. «Viele haben neue persönliche Bestleistungen erzielt. Ich auch.» 60,96 Meter weit hat der Thurgauer den Speer geworfen und sich damit Gold gesichert. «Das war ein super Gefühl. Ich habe mich sehr gefreut.»

Zum Vergleich: Profis werfen um die 85 Meter. Der Weltrekord bei den Männern liegt bei 98,48 Metern. «Da habe ich noch Luft nach oben», sagt Marco Kaltenrieder und grinst. «Ich hoffe, dass ich noch etwas wachse.» Aktuell ist er 1,83 Meter gross. Ab der Kategorie U20 wiegt der Speer zudem 100 Gramm mehr, nämlich 800 Gramm. «Bei den U18 wirft man noch mit einem 700 Gramm schweren Gerät. Das Gewicht erhöht sich, je älter und kräftiger man wird.»

Von der Jugi zur Leichtathletik

Seit sechs Jahren betreibt der Thurgauer das Speerwerfen. «Ich habe in der Jugendriege in meinem Dorf mit Sport begonnen», erzählt Marco Kaltenrieder. «Mein älterer Bruder war immer mein Vorbild. Als dieser zum Leichtathletikclub in Amriswil wechselte, wollte ich auch dorthin.» Gesagt, getan. Hier hat er sich dann auch auf seine Disziplin spezialisiert. «Ich habe schnell gemerkt, dass mir das Werfen liegt und ich gute Resultate erziele.»

Clubwechsel vereinfacht das Training

Ende letzten Jahres, als die Trainer in Amriswil aufhörten, hat sich der Athlet dem LC Brühl Leichtathletik in St. Gallen angeschlossen. «Ich gehöre dort zur Wurfgruppe. Diese besteht aus super Leuten. Es gefällt mir sehr gut. Und es ist für mich auch ­einfacher, das Training mit der Arbeit zu kombinieren.»

Im Sommer 2019 hat Kaltenrieder die Lehre bei der HP Müller AG Schreinerei in St. Gallen begonnen. Nach der Arbeit geht er viermal pro Woche ins Training. «Bisher geht alles auf. Mein Chef ist zudem sehr nett und lässt mich auch mal früher gehen, wenn ich an einen Wettkampf oder ins Training muss. Das ist sehr grosszügig und super für mich.»

Diese Saison ist für ihn zuerst nicht optimal verlaufen. Wegen der Coronapandemie musste er während des Lockdowns wie alle anderen pausieren. «Der erste Wettkampf danach verlief nicht so gut. Leider habe ich mir noch eine Sehnenentzündung am Ellbogen zugezogen und musste nochmals pausieren.» Er konnte nur langsam wieder mit schonenden Einheiten beginnen. «Zum Glück wurde es bald wieder besser.» Als er nach dem nächsten Wettkampf an erster Stelle der Schweizer Jahresbesten­liste lag, keimte Hoffnung auf den Meistertitel auf. «Ich musste schauen, mich nicht zu sehr ­unter Druck zu setzen.»

Der schwerere Speer wartet

Nächste Saison steigt Marco Kaltenrieder jahrgangsmässig zu den U20 auf. «Darauf bin ich gespannt. Zuerst muss ich mich an den schwereren Speer gewöhnen», blickt er voraus. «Und es ist immer eine Herausforderung, dem Jüngeren der zwei Jahrgänge anzugehören.» Eventuell will er bald eine weitere Disziplin bestreiten. «Vielleicht ­Kugelstossen. Ich möchte einfach Spass am Sport haben und motiviert fürs Training sein», sagt er. Nebst der Leichtathletik geht er deswegen auch wieder in den Turnverein und spielt dort Korbball. «Das ist ein cooler Ausgleich und ein gutes Training während des Winters.»

BMS mögliche nächste Berufsetappe

Er hofft, dass er seine Ausbildung weiterhin gut mit dem Leistungssport vereinbaren kann. Auch wenn es in der Berufsschule strenger wird. «Die Lehre hat natürlich Prio­rität.» Diese gefällt Kaltenrieder bestens. «Ausser als Schreiner habe ich als Bäcker und Gärtner geschnuppert. Beides hatte mich nicht überzeugt.» Es sei schön, mit den Händen zu arbeiten und zu sehen, was man geschaffen hat. «Vielleicht möchte ich später noch die Berufsmatura anhängen. Aber ich habe ja noch Zeit.»

Nicole d'Orazio

www.muellerschreinerei.ch
www.lc-bruehl.ch

Veröffentlichung: 30. September 2020 / Ausgabe 40/2020

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