Profitieren durch Optimieren

Photovoltaikanlagen reduzieren die Abhängigkeit vom Energiemarkt. Bild: Energieberatung Aargau

Energieverbrauch.  Steigende Energiepreise machen die energetische Sanierung des eigenen Betriebsgebäudes so attraktiv wie nie zuvor. Wer eine Sanierung plant, sollte sich einen Überblick zu den neusten Möglichkeiten und dem korrekten Vorgehen verschaffen.

Energiesparen ist seit letztem Jahr nicht nur für ökologisch denkende Idealisten ein wichtiges Thema geworden. Der massive Anstieg der Energiepreise sowie die unsichere Versorgungslage im Winterhalbjahr zeigen deutlich auf, dass Handlungsbedarf besteht. Heute scheint klar, dass künftig generell mit höheren Preisen für Energie zu rechnen ist.

Bestrebungen lohnen sich

«Aus Sicht vieler Experten werden sich die Stromkosten mittel- bis langfristig möglicherweise bei einem Preis zwischen 25 und 30 Rappen pro Kilowattstunde einpendeln», sagt Roman Marty von der Professionellen Energieberatungsstelle für KMU (Peik). Die Beratungsstelle wurde von Energie Schweiz und damit vom Bundesamt für Energie (BFE) lanciert. «Bestrebungen, Energie zu sparen, lohnen sich auf jeden Fall», sagt Marty. «Je früher, desto besser.» Das Tempo, mit dem sich dieser Wandel vollzogen hat, überrascht und zeigt die Abhängigkeit von einem unsicheren Energiemarkt, der sich nur schwer beeinflussen lässt.

Als Verbraucher bleibt dem Schreiner oft nichts anderes übrig, als die höheren Stromrechnungen wohl oder übel zu bezahlen. «Aktuell wird ein Grossteil der Projekte wegen der hohen Energiekosten und aus Überlegungen zur Versorgungssicherheit angegangen», sagt Thomas Ammann von Energieberatung Aargau. «Die Ereignisse am Energiemarkt haben einen deutlichen Impuls gegeben», führt er weiter aus. Ein kleiner Teil der Verantwortlichen sorge sich auch um die Umwelt.

Mit Energieberatung Aargau betreibt der Kanton Aargau, ähnlich wie viele andere Kantone, eine zentrale Anlauf- und Auskunftsstelle zu den Themen Energieeffizienz und Vollzug der kantonalen Gesetzgebung. In diesem Zusammenhang werden auch diverse Beratungsdienstleistungen angeboten.

Kosten fallen ins Gewicht

«Bei uns haben das ökologische Gewissen und die Erkenntnis, dass es gute Lösungen gibt, den Ausschlag für Projekte im Energiebereich gegeben», sagt Andreas Ruch, Gründer der Woodwork AG in Huttwil BE. Das Unternehmen ist in den Bereichen Holzprofile, Raumakustik, Massivholzverarbeitung und Lohnarbeiten tätig und hat 2013 die erste Photovoltaikanlage in Betrieb genommen.

Eine klassische Schreinerei mit eigener Fertigung besitzt eine energieintensive Infrastruktur. Nebst der Produktion mit Maschinen, Absaugung und Druckluftversorgung gehören meist Sozialräume, Büros und eine Ausstellung zu den energierelevanten Bereichen. Durchschnittlich liegen die Energiekosten in einem Kleinbetrieb jährlich bei ungefähr zwei Prozent, in einem grösseren Betrieb ist es ein Prozent des Umsatzes. Steigende Energiepreise können also rasch Mehrkosten von mehreren Zehntausend Franken bedeuten, welche sich oft nicht auf den Kunden abwälzen lassen.

«Der wirtschaftliche Aspekt ist aktuell sehr interessant. Unsere erste Anlage im Jahr 2013 wies Gestehungskosten von 12 Rappen pro Kilowattstunde Strom auf. Heute sind es noch 3,5 Rappen», sagt Andreas Ruch. Hinzu komme die Möglichkeit, die produzierte Energie direkt selbst zu verwenden. So fallen die Netznutzungskosten weg, was einen günstigen Eigentarif ergibt. «Das macht eine Investition interessant und reduziert die Abhängigkeit vom Energiemarkt», erläutert Ruch.

Zusammenschluss zum Eigenverbrauch

«Generell kann gesagt werden, dass sich eine Photovoltaikanlage bei einer Schreinerei in den meisten Fällen in weniger als zehn Jahren amortisieren lässt», sagt Energieberater Ammann. Eine interessante Möglichkeit für Stromproduzenten mit Photovoltaikanlagen ist der Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV). Dabei schliessen sich zwei oder mehrere Endverbraucher zusammen und treten gegenüber dem Netzbetreiber als sogenannter Prosumer (Produzent und Konsument) auf. «Als Stromproduzent bin ich so in der Lage, den überschüssig produzierten Strom zu fairen Preisen an meine Nachbarn zu verkaufen, statt diesen zu tiefen Preisen ins Netz zurückzuspeisen», erklärt Roman Marty von Peik. Für viele Schreinereien sei das eine gute Möglichkeit und mache die Solarenergie noch attraktiver.

Vorschriften verschärfen sich

Nicht nur die steigenden Energiekosten bergen Unsicherheiten, auch die Gesetzeslage trägt dazu bei. Die Einflussnahme von Bund und Kantonen im Energiebereich nimmt stetig zu, Vorschriften verschärfen sich. Beispiele finden sich in allen Bereichen. So gilt im Verlauf dieses Jahres ein Verkaufsverbot für Leuchtstoffröhren. In absehbarer Zeit wird es wohl unmöglich sein, Öl- und Gasheizungen neu einzubauen oder überhaupt zu betreiben, da die CO2-Grenzwerte laufend verschärft werden. Bei Neubauten und Renovationen werden immer höhere Anforderungen an die Wärmedämmung gestellt. Diese Einflussfaktoren machen die energietechnische Optimierung des eigenen Betriebsgebäudes immer sinnvoller und interessanter.

Elektromobilität als ideale Ergänzung

Wer mittels Photovoltaik selbst Strom produziert, kann diesen direkt einsetzen, um Elektrofahrzeuge zu betreiben. Wichtige Hersteller haben bereits Personenwagen und Kleinbusse im Sortiment. Mit Reichweiten von 100 bis 400 km können diese Fahrzeuge bei regional tätigen Firmen sinnvoll zum Einsatz gelangen. Die Anschaffungskosten sind momentan noch höher als bei Modellen mit Verbrennungsmotoren. Aber die steigenden Treibstoffkosten machen die Elektromobilität zunehmend attraktiv. Dazu kommt, dass die EU aktuell über ein Verbot für Verbrennermotoren ab 2035 debattiert, was auch für die Schweiz faktisch ein Aus für benzin- und dieselbetriebene Neufahrzeuge bedeuten würde.

Autarkie ist nur theoretisch möglich

Wenn eine Schreinerei eine Photovoltaikanlage zur Energieproduktion plant, dann stellt sich rasch die Frage nach einer möglichen Energieautarkie. Ist eine totale Unabhängigkeit von der Energieversorgung für eine Schreinerei heute möglich? «Hier muss die Wärmeerzeugung und die Stromnutzung unterschieden werden», sagt Thomas Ammann. Eine Schreinerei, die ihre Räumlichkeiten mittels Holzheizung und mit den eigenen Abfällen aus der Produktion beheizen könne, habe eine weitgehend autarke Wärmeerzeugung. Die Stromnutzung, also die Versorgung des Betriebs mit elektrischer Energie, könne dann zu einem grossen Teil mit einer Solaranlage abgedeckt werden. «Bei der Wärmeerzeugung haben wir die Autarkie bereits erreicht», berichtet Andreas Ruch. Mit jährlich 1000 Tonnen Holzabfällen versorge man zusätzlich zwei kleine Wärmeverbünde.

Speichern ist das Ziel

Das grundsätzliche Problem bei der Stromerzeugung durch Sonnenkraft ist, dass im Sommerhalbjahr eine Überproduktion möglich ist, im Winterhalbjahr dagegen aufgrund der geringeren Anzahl Sonnenstunden oft nicht ausreichend produziert werden kann. Nötig ist also eine geeignete Speicherlösung, mit der sich die Energie über längere Zeit lagern lässt. «Heute existieren grundsätzlich drei Arten von Speichern: Pumpspeicherkraftwerke, bei denen Wasser in einem Speicherbecken gelagert wird, um bei Bedarf Strom zu produzieren. Diese Möglichkeit nutzen grosse Stromproduzenten. Die zweite Möglichkeit ist ein Akku, der Strom direkt speichern kann. Diese Möglichkeit ist für die kurzfristige Energiespeicherung (Tag / Nacht) geeignet, jedoch aktuell kaum wirtschaftlich, da diese Lösung in der erforderlichen Grösse noch zu teuer ist. Die dritte Lösung besteht darin, aus Strom Gas (Methan oder Wasserstoff) herzustellen und dieses in unterirdischen Tanks zu lagern. Bei dieser Power-to-Gas-Technologie wird dann aus dem Gas mittels einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage wieder Wärme und Strom erzeugt. Diese Technologie ist eine theoretische Möglichkeit für die Schreinerei, jedoch momentan noch nicht rentabel, da die Investition sehr hoch ist», erklärt Thomas Ammann. Es lässt sich festhalten: Im Bereich Wärme ist die Autarkie möglich, bei der Stromerzeugung derzeit unrealistisch. So sagt Andreas Ruch: «Unser Ziel ist es, in zehn Jahren energie- autark zu sein. In den letzten Jahren haben wir gespannt verfolgt, was an Speicher- lösungen für Strom erhältlich ist. Investitionen sind aus unserer Sicht momentan nur für sehr kleine oder sehr grosse Speicher sinnvoll.»

Gibt es Alternativen zur Holzheizung?

Die Verwertung von Produktionsabfällen mittels Holzheizung erscheint für eine Schreinerei sinnvoll. «In vielen Fällen ist und bleibt die Holzheizung eine gute Lösung, da der Brennstoff vor Ort produziert wird und eine Holzfeuerung als CO2-neutral gilt. Abfälle müssten sonst abtransportiert werden», sagt Roman Marty. Aber auch hier kann ein Fragezeichen gesetzt werden. Die holzbasierte Wärmeerzeugung ist unterhaltsintensiv und daher eher teuer. Oft müssen Produktionsabfälle aufwendig zerkleinert werden, die Beschickung funktioniert noch von Hand, Mitarbeiter, Serviceleute und der Kaminfeger müssen regel- mässig Reinigungs- und Unterhaltsarbeiten ausführen. In kleineren Betrieben steht nicht genügend Brennstoff aus eigener Produktion zur Verfügung. Dieser muss dann eingekauft werden.

Eigenen Weg zur Optimierung finden

Eine Heizlösung mit Wärmepumpe kann dagegen zu einem grossen Teil mit selbst erzeugtem Strom aus einer Photovoltaikanlage betrieben werden, ist wartungsarm und kompakt in der Bauweise. «Wenn das Gebäude gut gedämmt ist und mit einer eher niedrigen Vorlauftemperatur von zirka 30 Grad beheizt werden kann, dann ist eine Wärmepumpenheizung tendenziell sinnvoller, weil der Betrieb kostengünstiger möglich ist», sagt Thomas Ammann.

«Bei einem anstehenden Ersatz der Heizlösung, einer umfassenden Sanierung oder dem Neubau eines Betriebsgebäudes lohnt sich eine genaue Analyse und ein Vergleich der Möglichkeiten. Daher empfehle ich in jedem Fall die Kontaktaufnahme mit einem Energieberater, um die Situation gesamtheitlich zu beurteilen und die passenden Lösungen für die eigene Ausgangslage zu finden», ergänzt Roman Marty. Im Bereich energetische Sanierung existiert eine Vielzahl an Möglichkeiten. Es lässt sich in jedem Betrieb Energie sparen. Oft ist es aber schwierig, für die eigene Situation den richtigen Weg zu finden. Die Unterschiede eines Gewerbebetriebs zur Industrie oder zu privaten Haushalten fallen stark ins Gewicht, auch Branche und Tätigkeitsfelder sind zu beachten.

Dem Schreiner fehlt oft die Zeit, sich neben dem Tagesgeschäft mit der Thematik zu befassen. Peik bietet Unterstützung durch Beraterinnen und Berater aus der eigenen Region mit Erfahrung im KMU-Bereich. Die Hälfte der Kosten für diese Dienstleistung oder maximal zehn Arbeitstage werden dabei vom Bund übernommen. Aufgrund der unterschiedlichen Optimierungsmassnahmen und Fördergelder lohne sich eine professionelle Beratung fast immer, sagt Roman Marty. «Wir stehen dem Unternehmen als Partner von der Analyse bis zur Umsetzung der Massnahmen zur Verfügung.»

Besseres Image

Die Umsetzung von energiesparenden Massnahmen und die Nutzung erneuerbarer Energie wirkt sich positiv auf die Umwelt aus und hilft, Kosten zu sparen. Firmen können diese Bestrebungen zusätzlich auch zu einem Verkaufsargument gegenüber der Kundschaft machen und das gute Image fördern. «Nicht nur ein ökologisches Produkt verarbeiten, sondern auch ökologisch produzieren heisst das Motto», sagt Andreas Ruch. Ökologisches Denken ist in der Gesellschaft angekommen und ist längst Mainstream. Das gilt besonders für Kunden, welche aus diesen Gründen Produkte von lokalen Produzenten nachfragen. Hier kann sich der Schreiner mit seinen Leistungen ideal positionieren.

«Wir schreiben auf all unsere Werbeunterlagen ‹Produziert zu 100 % mit Sonnen-energie›. Dieser Hinweis wird von unseren Kunden sicherlich positiv zur Kenntnis genommen und wirkt sich verkaufsfördernd aus», ist Ruch überzeugt. Auf die Frage, was Woodwork rückblickend anders hätte machen können, ist seine Antwort klar: «Schneller sein und die anfänglichen Zweifel an der Photovoltaik nicht beachten. Aus meiner Sicht wurden und werden Zukunftstechnologien immer von Interessengruppen infrage gestellt, welche viel Geld mit veralteter Technologie verdienen.» Im Energiebereich seien dies seiner Meinung nach die grossen Energieproduzenten. «Jetzt und in Zukunft ist die dezentrale Energieproduktion sehr rentabel und daher früher oder später ein Muss für alle, die Kosten optimieren und die eigene Unabhängigkeit fördern möchten.»

www.woodwork.chwww.peik.chwww.ag.ch/energieberatungwww.geak.chwww.energo.ch

Eigenes Sparpotenzial berechnen

Das Sparpotenzial eines Holz verarbeitenden Betriebs kann bis zu 40 % betragen. Wer rasch und unverbindlich die ungefähre Grösse des Spar- potenzials für den eigenen Betrieb in Erfahrung bringen möchte, kann dies über den Sparrechner von Peik tun. Mittels Eingabe weniger Daten wird ein Richtwert errechnet.

www.peik.ch/sparrechner

Roland Wildi, rw

Veröffentlichung: 30. März 2023 / Ausgabe 13/2023

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