Qualitätssicherung in der Cloud

Weil alle Daten, Formulare und Merkblätter der WPK online abgelegt sind, hat Projektleiter Adrian Walder jederzeit den Überblick. Bild: Stefan Hilzinger

Online-WpK.  Wer Aussentüren sowie Aussentüren mit Brandschutz- oder Fluchtwegfunktion herstellt, muss deren Eigenschaften gewährleisten. Dazu benötigt der Betrieb eine Werkseigene Produktionskontrolle. Nebst der klassischen Variante auf Papier gibt es auch eine Web-basierte.

Zugegeben: Der Begriff hat etwas Abschreckendes: «Werkseigene Produktionskontrolle», abgekürzt WPK. Doch die 31 Buchstaben umschreiben eigentlich etwas ganz Einfaches: Wie stellt der Schreiner sicher, dass Aussentüren sowie Aussentüren mit Brandschutz- und/oder Fluchtwegeigenschaften, die er in Verkehr bringt, die geforderten Eigenschaften erfüllen?

Als ein Instrument der Qualitätssicherung dient eine WPK genau diesem Zweck. Sie ist eine Garantieerklärung gebenüber der Kundschaft. Konkret heisst das: Jede Tür, die den Betrieb Richtung Kundschaft verlässt, ist mit einer Leistungserklärung versehen, welche die verlangten Eigenschaften verbürgt (siehe Kasten). Für Schreinerbetriebe gibt es mehrere Möglichkeiten, eine WPK zu führen. Eine davon ist die Online-WPK des VSSM. Die Abteiltung Technik und Betriebswirtschaft des Verbandes Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten hat dieses Browserbasierte Werkzeug Anfang des Jahres lanciert. In Kooperation mit dem Schweizerischen Institut für Prüfung, Inspektion und Zertifizierung (Sipiz) werden Schulungen durchgeführt. Erste Betriebe haben in der Zwischenzeit Erfahrungen gesammelt.

Aller Anfang ist aufwendig

Hansueli Brägger von der Schmid AG Schreinerei und Innenausbau in Wattwil SG arbeitet seit dem Spätsommer mit der Online-WPK. Vorher arbeitete er mit der Papierversion, die ebenfalls vom VSSM zur Verfügung gestellt wird. «Noch ist nicht ganz alles so weit, wie es sein sollte», erklärt der Projektleiter. Denn zu Beginn der Arbeit mit der Online-WPK sei der Aufwand zur Erstellung der notwendigen Papiere schon beträchtlich. Das bestätigt Adrian Walder von der Gerber Schreinerei und Innenausbau AG in Russikon ZH. «Die Erfassnung der Formulare und Merkblätter gibt zwar einiges zu tun, doch dann läuft es», sagt Walder, auch er arbeitet als Projektleiter. Und vor allem: Weil alles sogleich online nachgeführt werden kann und abgelegt ist, behält man stets den Überblick. Der gefürchtete Papierkrieg ist Geschichte.

Sowohl das Was als auch das Wie

Eine WPK stellt nicht nur das Was sicher (welche Tür hat welche Eigenschaften) sondern auch das Wie – wie wird produziert. Das heisst, die WPK gewährleistet verlässliche Abläufe im Betrieb von der Kontrolle des Wareneingangs bis zur Auslieferung. Dazu gehört auch, dass das Personal bezüglich der Abläufe geschult wird.

Bei einem Rundgang durch die Schreinerei Gerber nimmt Walder ein Blatt zur Hand. «Ware gesperrt» steht schwarz auf rot darauf. Unübersehbar. «Das haben wir extra gemacht, damit keine fehlerhaften Teile weiterbearbeitet werden», sagt Walder. An der Magnetwand daneben hängen mehrere Zettel. Einer ist mit «Fehlermanagement» überschrieben. Auch das ist Teil der WPK. «Alle Merkblätter sind online vorhanden und können falls notwendig rasch angepasst werden», sagt Walder. Obwohl die Schreinerei Gerber aktuell nicht sehr viele Türen produziert, lohne sich der Aufwand. «Wir wollen uns dieses Geschäftsfeld offen halten», sagt Walder. In den nächsten Jahren werde es wohl auch bei den Innentüren eine WPK brauchen und so sei man darauf vorbereitet.

Wertschöpfung im Betrieb halten

Hansueli Brägger betont ebenfalls, dass es sich lohne, als Schreinerei Funktionstüren anbieten zu können. «Wir wollen die Wertschöpfung im Betrieb halten», sagt er. Der Betrieb Schmid in Wattwil hat dazu das Modell «Verlängerte Werkbank» gewählt als Partner des Türenherstellers Jeld-Wen. Der Hersteller gibt dabei die Leistungserklärung ab, der Schreinerbetrieb garantiert mittels eigener WPK eine konforme Weiterverarbeitung des zugekauften Produkts. «Noch habe ich nicht ganz alle Formulare und Merkblätter so weit», sagt Brägger. Doch eine erste Inspektion sei sehr positiv verlaufen. «Gegen Ende Jahr komme ich nun sicher dazu, die Online-WPK ganz fertigzustellen», sagt Brägger mit Blick auf die Festtage.

www.schmid-wattwil.chwww.gerber-si.ch

Harmonisierte Normen

Für Aussen- und Brandschutztüren

Mit der neuen EU-Bauprodukteverordnung 2011 wurde eine Anpassung der Schweizer Gesetzgebung notwendig. Gesetzliche Grundlagen sind das Bauproduktegesetz und die Bauprodukteverordnung des Bundes. Für das Schreinergewerbe sind die Normen SN EN 14351-1 (Fenster, Aussentüren) und SN EN 16034 (Türen, Tore und Fenster mit Feuer- und/oder Rauchschutzeigenschaften) von Bedeutung. Noch nicht harmonisiert ist der Bereich der Innentüren gemäss SN EN 14351-2.

Garantierte Eigenschaften

Bei der Werkseigenen Produktionskontrolle (WPK) geht es darum, die Leistungseigenschaften, die das Produkt aufweisen sollte, sicherzustellen. Die sogenannte Leistungserklärung hält fest, welche Eigenschaften eine Aussentür punkto Wärmedämmung, Schlagregendichtheit und gegebenenfalls Feuerschutz erfüllt. Für jede Tür, die den Betrieb verlässt, muss eine Leistungserklärung bereitgestellt werden. Die WPK stellt sicher, dass die Tür die Anforderungen erfüllt. Für Schreinerbetriebe, die Türen in Verkehr bringen, gibt es mehrere Möglichkeiten, die Anforderungen zu erfüllen.

Wiederverkäufer brauchen keine

Wer lediglich Fertigtüren bezieht und folglich als Wiederverkäufer auftritt, benötigt keine WPK. Wer weiterhin Wertschöpfung generieren möchte, kann dies entweder als Hersteller oder als Subunternehmer tun. Der Unterschied dieser beiden Möglichkeiten besteht darin, wer gegenüber dem Markt als Hersteller auftritt und die Leistungserklärung erstellt.

Stefan Hilzinger

Veröffentlichung: 15. Dezember 2022 / Ausgabe 50/2022

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