Reicht das Bauchgefühl aus?

klein, es lassen sich aber auch Standard­türen damit bearbeiten.

Entscheidung. Wann ist die Zeit reif für den Kauf einer neuen Maschine? Oft handelt es sich hierbei um einen Bauchentscheid. Dennoch gibt es einige Faktoren, die es auf jeden Fall zu beachten und abzuwägen gilt.

 

Der Kauf eines Bearbeitungszentrums (BAZ), einer neuen Kantenanleimmaschine oder Plattensäge stellt für die meisten Schreinereien eine grosse Investition dar. Es lohnt sich daher, einen Kaufentscheid gut zu überdenken, denn im schlimmsten Fall kann das Unternehmen dadurch in finanzielle Schwierigkeiten geraten.

«Auf keinen Fall darf man den Entscheid nur auf die Maschinenkosten abstützen», sagt Georg Ackermann. Er hat sich mit seinem Unternehmen ABC NC Beratungen auf die Projektierung und Einführung von CNC- Anlagen spezialisiert. Vielmehr müsse man die Anschaffung im Kontext mit dem gesamten Produktionsablauf anschauen. Betrachtet man beispielsweise die Produk­tions­kosten für ein Werkstück auf einem BAZ, so sind diese oft höher, als wenn man dasselbe Teil mit Standardmaschinen herstellen würde. «Dennoch macht sich die Investi­tion bis zum Schluss bezahlt», weiss Ackermann. Eine neue, schnellere Maschine soll vor allem die Produktionszeit senken. Zeit sparen lässt sich beim Zusammenbau und bei der Montage, da der Vorfertigungsgrad höher und die Qualität konstanter ist. Dies verleiht einem Unternehmen mehr Flexibilität, es kann die Arbeitskräfte anderweitig einsetzen. 

Das Wissen weckt Interesse

Aus den genannten Gründen hat die Ueli Lehmann GmbH in Zäziwil im vergangenen Frühling ein «Rover A 4.30»-4-Achsen-BAZ von Biesse gekauft. Damit ist die Schreinerei in der Lage, selbst komplexe Teile innert kürzester Zeit herzustellen. «Bei vielen Aufträgen hätten wir ansonsten keine Chance, weil sie so kurzfristig vergeben werden», erzählt Projekt- und Geschäftsleiter Christian Lehmann. Erste Gedanken zur Beschaffung eines BAZ machte man sich aber bereits vor gut zwei Jahren. Dabei spielte der Besuch einer Weiterbildung von Christian Lehmann auf dem Bürgenstock eine wesentliche Rolle. Das vermittelte Wissen weckte sein Interesse an der CNC-Technik und bildete eine gute Grundlage.

Meistens spielt beim Maschinenkauf auch das Bauchgefühl eine wichtige Rolle. Insbesondere in Kleinstbetrieben ist das eine gute Entscheidungsgrundlage, sofern der Geschäftsführer die wichtigsten Faktoren kennt. «Wenn diese nicht gut sind, dann gibt es auch kein positives Bauchgefühl», sagt Ackermann. Aus Erfahrung weiss der Berater, dass insbesondere die Grenzfälle ein Problem sind. Dazu zählt er zum Beispiel Unternehmen, die nur ein sehr kleines finanzielles Polster haben. «In solchen Fällen kann bereits ein ungünstiger Faktor zu Engpässen führen», sagt Georg Ackermann. 

Betreffend der Finanzierung bereiteten Christian Lehmann vor allem die unbekannten Kosten ein wenig Sorgen: «Der Preis für die Maschine und das Werkzeug lässt sich re­lativ genau beziffern. Allfällige Anpassungen an Druckluft, Absaugung, Stromversorgung oder am Betriebslayout lassen sich ­jedoch nicht genau abschätzen.»

Folgende Aspekte müssen gemäss Ackermann zusätzlich in den Entscheidungsprozess mit einfliessen:

  • Mitarbeiter
  • Planung
  • Programmierung
  • Materialfluss

Bedenken der Mitarbeiter ernst nehmen

Bei der Lehmann GmbH besprach man den Kauf des BAZ auch mit den Mitarbeitern. Dabei stellte sich zu Beginn heraus, dass es vereinzelt grosse Vorbehalte gab. «Der Grundsatzentscheid musste zuerst im ganzen Betrieb reifen. Heute arbeiten auch die Skeptiker mit voller Begeisterung mit dem BAZ», erzählt Christian Lehmann.

In der Planung achtete die Schreinerei schon früh darauf, dass die CAD-Daten auch für das BAZ eingesetzt werden können. Beschläge, Konstruktionen und Details wurden so gewählt, dass sie sich mit einer CNC-Maschine realisieren lassen. «Dadurch war in diesem Bereich kaum eine Umstellung nötig», ergänzt Lehmann. Es stellte sich aber heraus, dass sich mit dem BAZ der ­Materialfluss und somit das Layout stark verändert. Im Maschinenraum mussten die meisten Maschinen umgestellt werden. Nicht ausser Acht lassen darf man, dass Standardmaschinen durch ein BAZ an Bedeutung verlieren. Auf sie verzichten kann man trotzdem nicht, auch wenn sie Unterhaltskosten verursachen und Platz benötigen.

Produktionssicherheit erhöhen

Es gibt aber auch noch andere Gründe für einen Maschinenkauf: Laut Georg Ackermann gibt es immer häufiger Ersatzbeschaffungen, weil Maschinen schlicht veraltet sind. Problematisch bei alten computergesteuerten Maschinen ist häufig die fehlende Kompatibilität mit anderen Betriebssystemen oder Programmen. Auch die Versorgung mit Ersatzteilen ist oft nicht mehr ausreichend sichergestellt. Tritt ein Defekt auf, fällt die Maschine für längere Zeit aus oder lässt sich im schlimmsten Fall gar nicht mehr reparieren. «Manchmal kann es sich dennoch lohnen, über ein Retrofitting nachzudenken», sagt Ackermann. Dabei wird eine Maschine mit neuen Komponenten und neuer Software auf den aktuellen Stand der Technik gebracht.

In einer sehr komfortablen Lage befindet sich eine Schreinerei, die beispielsweise ­einen Vierseiter aufgrund eines Grossauftrages kauft und die Maschine dadurch zu einem grossen Teil amortisieren kann. Weniger empfehlenswert ist laut Ackermann der Einbezug von Lohnfertigungen die seine Überlegungen. «Die Maschine muss unter dem Strich auch ohne Lohnfertigungen rentieren, denn wenn diese plötzlich ausbleiben, hat man ein Problem.» Christian Lehmann meint zu diesem Thema: «Mittlerweile hat sowieso fast jede Schreinerei ein BAZ, es ist also kaum Potenzial für Lohn­fertigungen vorhanden.» ph

www.lehmann-gmbh.ch

www.abcnc.ch

www.biesse.ch

Veröffentlichung: 06. Januar 2011 / Ausgabe 1/2011

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