Ruhe im Zentrum des Geschehens

Die Gondel aus roh belassenem Holz zwischen Metall- und Holzwerkstatt in der Hochschule der Künste. Bild: Roland Juker

Werkstattbüro.  Eine Oase der Ruhe ist der Bürocontainer inmitten des lärmreichen Maschinenraumes. Zwei recht unterschiedliche Beispiele verdeutlichen, worum es dabei geht. Sie zeigen, dass es sich durchaus lohnen kann, nicht einfach eine nüchterne Funktionskiste zu planen.

Wenn Adrian von Niederhäusern, Leiter der Werkstatt an der Hochschule der Künste Bern, Besucher durch die Räumlichkeiten der ehemaligen Tuchfabrik führt, sind einige Geschichten mit dabei. Etwa darüber, dass der gegossene Boden unter Denkmalschutz stünde, weil dieser in den 50er-Jahren der erste seiner Art in der Schweiz gewesen sei. Dementsprechend sind deutliche Spuren aus den vergangenen Jahrzehnten überall sichtbar. Fast wie ein Gedächtnis der Nutzungsgeschichte lässt sich der Werdegang nachvollziehen, wenn man die Zeichen der Zeit zu deuten vermag. «Wir stehen gerade im einstigen WC des Fabrikdirektors», sagt von Niederhäusern. Der Abfluss und die Befestigungspunkte der Keramik sind tatsächlich noch deutlich erkennbar und wurden lediglich ausgebessert. Und auch der Boden in den Werkstatträumen ist so geblieben, wie er von Anfang an war.

Unterteilte Arbeitsbereiche

Dem ursprünglichen Ambiente zum Trotz sind umfängliche Umbaumassnahmen ergriffen worden, was vor allem die Infrastruktur betrifft, die heute für rund 500 Studierende und Mitarbeitende dienlich ist. Dazu gehören auch die Werkstätten des Fachbereichs Gestaltung und Kunst, wo vor allem mit Holz, Metall, Textil und Keramik gearbeitet wird. Die einzelnen Bereiche sind mit verglasten Konstruktionen aus Metall voneinander abgetrennt und bleiben so doch durchlässig. Das legt den Studierenden ein material- und technologieübergreifendes Denken nahe. Analoge Techniken werden ebenso angewendet wie digitale Hilfsmittel. Das Spektrum reicht vom Bronzegiessen, Schweissen, Sägen, Nähen, Modellieren bis hin zum Stickcomputer, zur CNC-Fräse und zum Lasercutter.

Aufgabe des Werkstatt-Teams ist es, die Studierenden im Umgang mit Materialien und Maschinen zu lehren und bei der praktischen Umsetzung ihrer Projekte zu begleiten. Nach dem Besuch eines Einführungskurses können die Studierenden in der Werkstatt im Grunde aber selbstständig arbeiten.

Den Mittelpunkt in die Mitte gerückt

«Wir haben unser Büro ausserhalb der Werkstatt auf der anderen Seite des Gangs. Ich wollte aber gerne mitten ins Geschehen, weshalb ich die Errichtung eines Werkstattbüros angestrengt habe», sagt von Niederhäusern. Beauftragt wurde damit das Büro von wb Architekten in Bern. Die ersten Ideen gingen eher in Richtung eines festen Einbaus, da die Werkstatträume mit verglasten Trennwänden unterteilt sind. «Die wichtigsten Anforderungen waren der Schallschutz und die Transparenz mit einer guten Sicht in die Werkstattbereiche», erklärt Martin Nyffenegger, Architekt des Planungsbüros. Deshalb lief die Planung schnell in Richtung einer eigenständigen Box, die schalltechnisch entsprechend gut einzukapseln war. Dann kam eine Idee zur anderen, denn der erste Entwurf hatte eher den Charakter einer Schuhschachtel. «Wir wollten für die Kunsthochschule gerne etwas Besonderes machen, damit das Werkstattbüro als eigenständiges Objekt wirken kann. Gleichzeitig sollte es eine möglichst einfache Lösung sein, die wieder zerlegt werden kann», sagt Nyffenegger.

Mit der äusseren Form, die an eine Seilbahngondel erinnert, konnten die Ziele erreicht werden. Beim ersten Blick wird dem Betrachter sofort klar, dass die Box nicht eingebaut, sondern im Prinzip einfach hingestellt wurde. Trotzdem gibt es eine Reihe von Installationen und Anschlüssen für Wasser und Abwasser, Strom und vor allem für die Belüftung.

Eine steife Gondel aus Holz

Die Rippenkonstruktion aus 40 mm dicken Dreischichtplatten ergibt dabei ein stabiles Tragwerk mit einer Kassettendecke, da die schwertartigen Streifen der Platten sich durchlaufend durch Wände und Decke ziehen. Die Gefache sind wiederum mit Dreischichtplatten flächig belegt, was für die Aussteifung der Konstruktion sorgt. Aufgrund der räumlichen Gegebenheiten in der Werkstatthalle wurde dennoch relativ wenig vorgefertigt, sondern vor Ort mittels Schrauben montiert. Auf eine Bodenplatte wurde verzichtet, damit auch hier der historische gegossene Belag erhalten blieb. Theoretisch könnte man die Raumzelle dennoch als Ganzes versetzen, wegen der begrenzten Zufahrtsmöglichkeiten müsste die Gondel jedoch weitestgehend demontiert werden.

Fachlicher und sozialer Treffpunkt

«Am Anfang wirkte die Gondel mit den grossflächigen Gläsern wie eine Kommandozentrale», sagt von Niederhäusern mit einem Schmunzeln. Aber es habe nicht lange gedauert, bis die Studierenden den neuen Raum auch als den ihren und vor allem als Ort der Hilfe bei Fragen für sich entdeckt hätten, erinnert sich der Werkstattleiter. «Heute kommen sie, wenn sie Fragen haben, vielleicht unsicher sind. Früher haben sie dann eher rumgewurschtelt», sagt von Niederhäusern. Die angestrebte Durchsicht war konstruktiv allerdings eine Herausforderung. Weil die schwertartigen Ständer der Primärstruktur an den Ecken auf Gehrung angeordnet sind, bleibt der Durchblick erhalten, und mit zwei Türen kommt von Niederhäusern schnell an die Maschinen, wann immer die Studierenden dort Unterstützung benötigen.

Daneben hat sich die Gondel inzwischen auch zu einem sozialen Treffpunkt gemausert. Die Kaffeemaschine leistet dabei ihren Beitrag. In geselligen Momenten lässt sich ganz nebenbei so manche offene Frage besprechen, was die Qualität und die Sicherheit bei den Arbeiten fördert. «Die Studierenden kommen inzwischen sehr gerne und auch häufig zu mir in die Gondel», sagt von Niederhäusern und fügt hinzu: «Auf einmal habe ich eine Adresse mitten im Geschehen, was enorm positive Effekte hat, die ich mir in dem Masse gar nicht vorgestellt hätte.»

Das Spiel mit dem Fremdkörper

Bürocontainer ganz anderer Art entstanden auch auf dem Schlotterbeck-Areal in Zürich. Der Gewerbebau stammt aus einer Zeit, als die Autos erst so richtig fahren lernten. Lange wurden dort am Rand der Stadt die Design-Ikonen von Citroën präsentiert. Heute steht das ehemalige Autohaus in Form eines halbzylindrischen Körpers und einer als Doppelhelix angelegten Auffahrt so ziemlich mitten in Zürich. In Beton erbaut, wurde das denkmalgeschützte Gebäude in eine gemischte Nutzung von Wohn- und Gewerbeflächen überführt. Dazu gehören auch die Räumlichkeiten einer Werbeagentur in Form von Büro- und Besprechungsräumen zwischen den sogenannten Pilzstützen des Gebäudes.

Die Kommunikationsprofis wollten ihre Büros im Ambiente eines Industrieplatzes realisieren. Diese wurden mit veredelten Birken-Multiplex-Platten gestaltet. Das Besondere dabei ist der Brettcharakter der mit Birken-Schälfurnier gefertigten Decklagen. «Wichtig war, dass die Furniere unterschiedliche Breitenmasse aufweisen und aus verschiedenen Stämmen erzeugt wurden. So wirkt das Ganze, als ob man Brett an Brett gefügt hätte», erklärt Marco Kaufmann, stellvertretender Geschäftsleiter der ausführenden Schreinerei Kaufmann AG in Gommiswald SG.

Das Erscheinungsbild der Furnierarbeit haben die Beteiligten zuvor bestimmt, indem sie die Blätter grossflächig an die Wand pinnten. Um die Belegung der Platten, die Stanzung der teilweise akustisch wirksamen Elemente und den Zuschnitt der insgesamt 700 m2 Material für mehrere Boxen hat sich die Partnerin Roser AG gekümmert. So konnte der Zeitdruck bewältigt werden. Denn «von der Fertigstellung des definitiven Planes bis zur Montage vor Ort waren gerade einmal gut zwei Wochen Zeit», sagt Kaufmann. Schneller lassen sich Büroräume wohl kaum errichten.

www.hkb.bfh.chwww.wbarchitekten.chwww.schreinerwerk.com

christian härtel

Veröffentlichung: 29. Oktober 2020 / Ausgabe 44/2020

Artikel zum Thema

16. Mai 2024

Mit optimalen Mitteln produzieren

Betriebsmittel.  Das grösste Kapital einer jeden Firma sind die Mitarbeitenden und die Betriebsmittel, die ihnen zur Verfügung stehen. Der eigenverantwortliche und umsichtige Umgang mit diesen Mitteln bedarf auch einer guten Koordination seitens der Leitung.

mehr
16. Mai 2024

Gezogen, nicht gedrückt

Zwischenlager.  Chronischer Platzmangel in der Werkstatt hat seinen Ursprung nicht immer in zu kleinen Räumen. Oftmals wird der vorhandene Platz einfach nicht optimal genutzt. Deshalb kann es sich lohnen, einen genauen Blick auf den Materialfluss zu legen.

mehr

weitere Artikel zum Thema:

Betriebseinrichtungen