Rund um die Holzuhr

Die Armbanduhr aus Nussbaumholz von Noelle Bachmann. Das Armband setzt sich aus 33 Gliedern zusammen. Bild: Noelle Bachmann

Zeitmesser.  Für ihre Maturaarbeit fertigte Noelle Bachmann eine Armbanduhr aus Holz. Damit die Kombination des natürlichen Werkstoffes zusammen mit der filigranen Technik gelingen konnte, war bei der Entstehung neben Kreativität auch äusserst präzises Arbeiten gefragt.

Während ihrer Schreinerlehre besuchte Noelle Bachmann parallel zur Berufsschule die Berufsmaturiät (BMS). Inzwischen ist die 20-Jährige aus Ottoberg TG ausgelernt und steht im letzten Semester ihrer Erwachsenenmatura. Bei der Themenauswahl für ihre Abschlussarbeit sei ihr klar gewesen, dass sie etwas aus Holz produzieren möchte. Um als Maturaarbeit geeignet zu sein, habe es aber noch einen zusätzlichen, technischen Aspekt gebraucht. «Vor einigen Jahren bin ich mal auf ein Video über ein Uhrwerk und die Mechanik dahinter gestossen. Die Technik und die dafür nötige Präzision faszinierten mich sehr», sagt Bachmann. So sei die Idee entstanden, selbst eine Armbanduhr zu fertigen.

Ihre Dokumentation und die abschliessende Arbeit sollte zeigen, dass es möglich ist, mit den konventionellen Mitteln einer Schreinerei Gehäuse und Armband einer Uhr herzustellen.

Konstruktion

Die Thurgauerin bat für die technischen Fragen bei dem Uhrenhersteller IWC Schaffhausen um Unterstützung. Sie konnte den Leiter der Lehrwerkstatt für ihre Idee gewinnen. Er beriet Bachmann bei der Konstruktion des Uhrengehäuses und Armbandes. Zudem konnte sie einige Uhrenteile über die IWC beziehen. Beim Innenleben entschied sich die junge Schreinerin für ein mechanisches Uhrwerk.

«Dieses ist zwar um einiges teurer als ein Quarzuhrwerk, dafür aber viel langlebiger», erklärt Bachmann. «Zudem beeindruckt mich die Tatsache, dass bei einem mechanischen Uhrwerk die ganze für den Betrieb benötigte Energie in einer Feder gespeichert wird.» Bei der Planung des Gehäuses ist sie von innen nach aussen vorgegangen. Das Uhrwerk habe alle Masse bestimmt.

Einige Informationen zur Konstruktion hat Bachmann auch in einem Fachbuch über Uhrentechnik gefunden. Manche Details konnte sie aber nur durch Versuche mit Prototypen lösen.

Fertigung

«Bei der Materialwahl war mir Nachhaltigkeit wichtig, deshalb habe ich mich mit dem Nussbaum für eine einheimische Holzart entschieden», sagt Bachmann. Das Uhrengehäuse habe sie auf einer 4-Achs-CNC, in Kombination mit einem Flex.5-Aggregat gefräst. Zuerst wurden die Konturen der Rückseite aus einem massiven Stück Holz ausgearbeitet. Danach war besonders das Aufspannen des filigranen Werkstückes eine Herausforderung. Damit die Vorderseite der Uhr bearbeitet werden konnte, hat Bachmann eine Negativschablone für die Konturen der Rückseite hergestellt und das Gehäuse dann mit Leisten und Schrauben fixiert. Da in der Uhren- und in der Holzindustrie verschiedene Toleranzen gelten, musste sie sich bei den passgenauen Fräsungen für die Uhrenteile herantasten, bis die Masse perfekt stimmten.

Hand- und Fleissarbeit

Auch hinter dem Ziffernblatt stecken einige Arbeitsstunden. Die Basis bildet ein sogenanntes Rohziffernblatt aus Metall, auf welches Bachmann ein 0,3 mm dickes Furnier aufklebte. Dieses hat sie vorgängig auf der Breitbandmaschine auf die gewünschte Dicke kalibriert. Der ganze Aufbau durfte nicht dicker als 0,8 mm sein, da sonst die Zeiger daran gestreift hätten. Die Indizes des Blattes konnte Bachmann bei einem Arbeitskollegen auf einer Lasermaschine gravieren.

Die Glieder des Armbandes seien in erster Linie Fleissarbeit gewesen. Aus gerundeten Querstäben längte Bachmann die einzelnen Glieder an der Tischkreissäge ab. Danach mussten die Bohrungen für die Bandstifte gemacht werden. Hier sei der dünne Bohrer von einem Millimeter Durchmesser an seine Grenzen gekommen. «Bei einigen Gliedern verlief das Werkzeug so sehr, dass die Stücke unbrauchbar waren», erklärt Bachmann.

Alle Teile aus Holz hat sie anschliessend in zwei Durchgängen geölt. Beim Einbau des Uhrwerkes, des Glases, der Dichtungen und der Zeiger stand ihr dann ein Lernender der IWC zur Seite. «Viele Teile der Uhr sind so klein, dass man sie nur noch mit der Pinzette einbauen konnte», erzählt Bachmann. «Dabei war sehr viel Fingerspitzengefühl gefragt.» Zuletzt konnte noch der Boden aufs Gehäuse geschraubt werden. Dieser besteht aus 3 Furnierschichten und ist nur 1,6 mm dick. Die eingeklebten Schraubenhülsen in der Uhrenwand haben ein M0,9-Gewinde.

Am Ende konnte Bachmann alle Herausforderungen meistern und trägt nun mit Stolz das Werk am Handgelenk.

Sven Bürki

Veröffentlichung: 09. März 2023 / Ausgabe 10/2023

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