Schreinern, Schiessen, Schlafen

Sarina beim Training mit einem Luftgewehr im Schützenhaus Mauren-Berg. Bild: Familie Hitz

Sportschiessen.  Sarina Hitz ist Schreinerlernende im ersten Lehrjahr und gleichzeitig Spitzensportlerin. Sie ist Schweizermeisterin im Sportschiessen und darf nun zum ersten Mal an die Junioren-Weltmeisterschaft.

Sarina Hitz ist klein von Statur, hat braune, halblange Haare, braune Augen und ist schüchtern. Sagt ihr Umfeld, sagt sie auch selber. Wenn man mit der 16-Jährigen über das Sportschiessen spricht, bekommt man allerdings nicht denselben Eindruck. Sie erzählt gerne, ausführlich und geduldig. Auch einem Laien, der keine Ahnung von dem Sport hat und einen Artikel darüber schreiben will.

Die drei S

Sarinas momentanes Leben besteht aus drei S: Schreinern, Schiessen und Schlafen. Für mehr ist da kein Platz. Nach einem gewöhnlichen Arbeitstag wird sie von ihrer Mutter oder ihrem Vater abgeholt, isst unterwegs im Auto etwas und fährt direkt ins Training. Der Tag endet dann um elf Uhr abends, wenn sie wieder zu Hause ist. So geht das mindestens drei Tage die Woche, am Wochenende fährt sie häufig an Wettkämpfe.

Mehr als ein Hobby

Wer glaubt, Schiessen sei nur ein lustiges Vereinshobby, das von älteren Herren gepflegt wird, der irrt. Sarina ist eine junge Frau, die viel von Konzentration und der richtigen mentalen Einstellung versteht und das Schiessen ernst nimmt. Wettkampfmässig schiesst sie Luftgewehr und Kleinkaliber. Nebenbei geht sie in den 300-Meter-Schiessstand, wo sie mit der Armeewaffe StGw 90 bei der Schützengesellschaft Mauren-Berg schiesst. Aber nur aus Spass. Der Rückschlag sei anfangs schon krass, aber man gewöhne sich daran, sagt sie. Ausserdem seien das zwei völlig unterschiedliche Dinge: «Beim Kleinkaliberschiessen kann man beim Zielen Farbfilter benutzen und die Helligkeit einstellen. Bei der Armeewaffe ist es halt, wie es ist.»

Talent und Disziplin

Sarina schiesst seit sieben Jahren. Ihr Vater ist im Schiessverein und ebenfalls Schreiner. Tipps geben kann ihr Vater ihr beim Schiessen kaum. Dafür ist Sarina schon viel zu gut. Am Anfang war es nur ein Hobby, dann merkte sie schnell, dass sie das Talent und vor allem auch die Disziplin hatte, ganz vorne mitzumachen. Andere Gleichaltrige hätten zwar auch das Talent, aber manchmal keine Lust, ihre Abende im Schiessstand zu verbringen. Sarina schon. «Anfangs machte es mir einfach Spass, dann stellten sich erste Erfolge ein. Es sagten immer alle, dass ich Talent hätte, aber ich fragte mich lange Zeit, was denn das Talent ist. Es sind kleine Dinge, die ich intuitiv verändere und die sich positiv auf das Resultat auswirken.»

Berufswunsch Schreinerin

Sarina wird Schreinerin. Sie hat sich überlegt, Malerin oder Hochbauzeichnerin zu werden. Doch im Büro zu sitzen, ist nichts für sie. Sarina ist mit ihren Eltern und ihrem Bruder auf einem ehemaligen Bauernhof gross geworden. Ihr Vater, selbst Schreiner, hat dort eine Werkstatt. «Kaum konnten wir laufen, haben wir dort schon genagelt und geleimt. Ich wollte als kleiner Knopf schon Schreinerin werden. Später war es nicht mehr so aktuell. Dann, nach dem Schnuppern, merkte ich, Schreinerin gefällt mir immer noch. Also habe ich mich an zwei Orten beworben», erzählt Sarina.

Verständnisvoller Lehrbetrieb

Die Meier Schreinerei AG in Weinfelden TG wurde dann ihr Lehrbetrieb. Der Betrieb kann sich die neuen Lernenden jedes Jahr aus einer Vielzahl von Bewerbungen aussuchen. Doch auch Sarina hat sich ihre Lehrstelle ausgesucht. Sie wäre bei beiden ihrer Bewerbungen genommen worden und hat sich für die Schreinerei Meier entschieden. Auch, weil diese grosses Verständnis für Sarinas Sportkarriere zeigte. Die Schreinerei hat schon Erfahrung mit Lernenden, die Spitzensport betreiben. Wenn die Jung-schützin einmal früher gehen muss, wird das toleriert.

Bescheidenheit und Perfektion

Von Sarina würde man wohl nicht erfahren, dass sie Spitzensportlerin ist. Sie prahlt nie mit gewonnenen Wettkämpfen bei der Arbeit. Doch die Konzentration und Präzision, auf die es beim Schiessen ankommt, findet sich auch in ihrer Arbeit wieder. Einmal auf Montage, beim Parkett-Verlegen, schaute sich der Chef persönlich die Sockelleisten an, die Sarina verlegt hatte. Schliesslich bestätigte er: «Also das könnte ich selber nicht besser.» Ihre Noten in der Schule sprechen die gleiche Sprache. Sarina ist jemand, der weiss, was sie will, was sie kann und was sie dafür zu tun hat. Darum ist sie nun nicht mehr nur im Kantonalkader der jungen Schützinnen, sondern tritt zum ersten Mal mit dem Schweizer Nationalteam an.

Antreten gegen die Besten

Am Donnerstag, 22. Juni, fuhr Sarina an die Junioren-WM der Sportschützen im deutschen Suhl. Am Tag darauf fand das erste Training statt. Dann hatte sie eine Stunde Zeit zum Einstellen auf «ihrer» Scheibe. Am Samstag war dann ihr erster Wettkampf im Liegend-Schiessen, am Sonntag der Dreistellungswettkampf, am Montag Luftgewehr. Am Dienstag ging es dann schon wieder nach Hause.

Ob sie vor der Junioren-WM besonders nervös sei, beantwortete sie so: «Im Moment ist es halt einfach ein Wettkampf. Aber wenn ich daran denke, dass da die allerbesten der Welt antreten, frag ich mich: Was mach ich eigentlich da?»

Eine gute Erfahrung

Eine Medaille gewann sie nicht an der Junioren-WM. «Im Grossen und Ganzen bin ich zufrieden und konnte viel Erfahrung sammeln. Nervosität spürte ich bei keinem Wettkampf, was ich selbst etwas komisch finde», sagt Sarina. Sie ist eine verlässliche Person, eine gute Schülerin, eine vorbildliche Lernende und eine disziplinierte Schützin. Ihre Schüchternheit und Bescheidenheit sorgen dafür, dass so viel gute Eigenschaften immer sympathisch bleiben.

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AJ

Veröffentlichung: 06. Juli 2017 / Ausgabe 27-28/2017

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