Schwere Bänder für leichte Türen

Türbänder müssen immer öfters auch optischen Ansprüchen genügen. Bild: Simonswerk GmbH

Bandtechnik.  Mit den Anforderungen an Türelemente steigen auch die Ansprüche an die Bänder. Damit diese über Jahrzehnte einwandfrei funktionieren, müssen die zu erwartenden Belastungen genau abgeklärt und die Türen fachgerecht montiert werden.

Die Anforderungen an Türen steigen stetig: Brand- und Einbruchschutz gehören zwar schon fast zum Standard, sorgen aber beim Türenbauer manchmal immer noch für Kopfzerbrechen. Besonders wenn auch Ansprüche an den Wärme- und Feuchteschutz und die Ästhetik gestellt werden.

Türen müssen dicht sein

Dies stellt nicht nur die Türblatthersteller laufend vor neue Herausforderungen, sondern auch die Bandtechnik muss sich stetig weiterentwickeln. Im Fokus steht dabei die Verstellbarkeit der Bänder. «Das ist zwar schon seit etwa 20 Jahren immer wieder ein Thema, aber wirklich wichtig wurde es erst in den letzten Jahren», sagt Markus Benz. Er ist Produktmanager Bändertechnik bei der SFS Unimarket AG in Heerbrugg SG. Einer der Hauptgründe für verstellbare Bänder ist die geforderte Luftdichtigkeit bei Türen, die in modernen Gebäuden verschiedene Klimazonen trennen. Bei undichten Raumabschlüssen besteht die Gefahr, dass sich Kondenswasser bildet. Dieses gelangt dann in die Konstruktion und führt dort zu Schäden wie Schimmelpilzbefall oder Fäulnis. Aber auch bei Innentüren spielt die Luftdichtigkeit wegen des Schallschutzes eine immer wichtigere Rolle.

Verstellen statt kröpfen

Deshalb ist es entscheidend, dass der Monteur die Tür über das Band justieren und somit den Anpressdruck auf die Dichtung optimal einstellen kann. «Früher war das viel weniger ein Thema, und wenn, dann reichte es meistens, mit dem Kröpfwerkzeug etwas nachzuhelfen», erzählt Markus Benz. Bei den heutigen massiven Bändern mit aufwendigen Rollen oder Gelenken sind Kröpfwerkzeuge kaum noch ein Thema. Das heisst allerdings nicht, dass man die Fertigungstoleranzen nicht mehr im Griff haben muss. Denn die meisten Bänder haben horizontal und vertikal einen Verstellbereich von plus und minus drei Millimetern, beim Anpressdruck sind es ungefähr plus und minus zwei Millimeter. Da wäre es ungünstig, wenn der ganze Verstellbereich nur aufgrund von Fertigungstoleranzen aufgebraucht würde. Denn allenfalls muss man die Tür nach ein paar Jahren aufgrund von Senkungen der Bausubstanz oder des Türelements nochmals nachrichten.

Nebst den technischen Aspekten spielen auch die optischen eine immer wichtigere Rolle: Für flächenbündige oder sogar rahmenlose Türen ist ein gleichmässiges Fugenbild unerlässlich. Die Verstellbarkeit hat selbstverständlich ihren Preis, allerdings sind die Mehrkosten für Standardlösungen nicht mehr ganz so hoch. Wichtig ist gemäss Markus Benz, dass man die Vorteile dem Kunden gegenüber auch kommuniziert: «Auf den ersten Blick sind sie für ihn meistens nicht erkennbar.»

Mit Gefühl verstellen

Insbesondere die Komfortverstellungen verringern den Zeitaufwand bei der Türmontage. Selbst schwere Türen kann ein Monteur in eingehängtem Zustand einstellen. Aber diese Möglichkeit birgt auch Schwierigkeiten: «Es gab schon Fälle, da hat ein Monteur die Verstellschrauben mit dem Akkuschrauber überdreht», erzählt Ralf Pünchera von der Link Beschlagtechnik AG aus dem zürcherischen Volketswil. Er empfiehlt, die Bänder von Hand gleichmässig und mit Gefühl zu verstellen. So lässt sich verhindern, dass man eine Verstellschraube überdreht oder die Bänder verzieht.

Ein klassischer Fehler bei Rollenbändern ist ausserdem, dass manchmal vergessen wird, eine allfällige Bandsicherung zu lösen, bevor man mit dem Richten beginnt. Ralf Pünchera empfiehlt zudem bei VX-, VN- oder anderen Bändern mit Aufnahmeelement, das Rahmenteil nicht vom Flügelteil zu trennen, um die Tür einzuhängen. Denn wenn zuerst das Rahmenteil im Aufnahmeelement befestigt und dann die Tür mit dem Flügelteil und dem Bolzen eingehängt werde, bestehe die Gefahr, das Lager zu beschädigen.

Belastungen richtig einschätzen

Nach wie vor sorgen zudem die Türschliesser immer wieder für Schwierigkeiten. Man sollte immer erst die Tür richten und dann den Türschliesser einstellen. «Ansonsten werden Differenzen einfach durch mehr Kraft am Türschliesser kompensiert», erklärt Markus Benz. Dies hat dann eine stärkere Belastung des gesamten Elementes und somit auch der Bänder zur Folge.

Türschliesser verursachen ohnehin schon eine höhere Belastung der Bänder. Je nach Situation sind das 20 bis sogar 70 Prozent. Die meisten Hersteller empfehlen deshalb beim Einsatz eines Türschliessers grundsätzlich ein drittes Band im oberen Bereich. Dieser Umstand wird gemäss den Experten bei der Wahl des Bandes oft noch unterschätzt. «Allgemein stellen wir immer wieder fest, dass viele Schreiner die angegebene Belastbarkeit der Bänder nicht richtig verstehen», sagt Ralf Pünchera. Das Gewicht gilt nicht pro Band, sondern für zwei Bänder, welche auf eine Standardtür von 2000 × 1000 Millimeter montiert sind – ohne Türschliesser und andere Zusatzbelastungen. Entscheidend ist dabei der Abstand der beiden Bänder: Je geringer dieser ausfällt, desto stärker fällt die Hebelkraft aus. Bei der erwähnten Standardtür beträgt der Bandabstand 1435 Millimeter.

Wie viel wiegt das Blatt wirklich?

Ebenfalls einen Einfluss auf die Hebelkraft hat die Türbreite. Je breiter die Tür im Verhältnis zum Bandabstand ausfällt, desto mehr reduziert sich die Belastbarkeit des Beschlages. Das heisst, sobald eine Tür breiter als 1000 Millimeter ist oder der Bandabstand geringer als 1435 Millimeter, reduziert sich die Belastbarkeit der Bänder. So kann es vorkommen, dass für ein verhältnismässig leichtes Türblatt trotzdem ein drittes Band oder sogar stärkere Bänder nötig sind. Manchmal braucht es auch bei sehr hohen Türen in der Mitte ein Band, um dort den Anpressdruck auf die Dichtung sicherzustellen. Ein Band in der Türmitte hat aber keinen nennenswerten positiven Einfluss auf die Traglast. Dies kann nur über ein Band im oberen Drittel erreicht werden.

Die Hersteller unterstützen den Planer bei der Berechnung dieser Werte mit entsprechenden Tabellen oder Formeln. «Man muss allerdings beachten, dass dies nur bis zu einer Überbreite von etwa 30 Prozent zuverlässig funktioniert», sagt Pünchera. Bei Extremfällen empfiehlt sich deshalb immer, mit dem Hersteller oder Händler Kontakt aufzunehmen.

Nebst der Berechnung der Bandtraglast braucht es ausserdem eine für das Türblatt. Gemäss Markus Benz werde oft nur das spezifische Gewicht des Türblattrohlings berücksichtigt. «Motorenschlösser, Sicherheitsbeschläge, Gläser, Doppel und andere Anbauteile gehören ebenfalls in die Beurteilung», sagt der Experte.

Lösungen für Spezialfälle

Aufdoppelungen stellen ohnehin immer wieder eine Herausforderung dar, besonders bei flächenbündigen Konstruktionen. Sie erfordern eine Verlagerung des Drehpunktes nach aussen. Das Band kann aber nicht beliebig weit nach aussen verschoben werden, weil es sich im Bereich des Doppels nicht ausreichend befestigten lässt. Bis zu einem gewissen Grad lässt sich dies durch spezielle Bandgeometrien überbrücken, wie dies beispielsweise beim «Tectus A8» von Simonswerk der Fall ist. Mit ihm lassen sich Aufdoppelungen bis 8 Millimeter realisieren. «Die Problematik dabei ist, dass insbesondere bei verdeckt liegenden Bändern die ganze Technik irgendwie in das Band integriert werden muss», erklärt Ralf Pünchera.

Deshalb hat Simonswerk den speziellen Befestigungswinkel «BW» entwickelt. Mit ihm lässt sich ein «Tectus 640 3D» so weit nach aussen versetzen, dass Aufdoppelungen mit einer Stärke von 16 oder 20 Millimetern möglich werden. Dies hat allerdings wieder negative Auswirkungen auf den Belastungswert: Er sinkt von 200 auf 120 Kilogramm.

Für viele Situationen bieten die Bandhersteller also Lösungen an – sofern der Türenbauer das passende Band auch an der richtigen Stelle einsetzt. Dazu zählen auch spezielle Stahlzargenbänder von SFS: Diese gibt es mit versetzten Mittelteilen in verschiedenen Varianten. Dadurch können auch bei bestehenden Stahlzargentüren gewisse Toleranzen aufgefangen werden. Die Anforderungen an Türen dürften aber ohnehin weiter steigen, zumal elektronische Bauteile wie Zutrittskontrollen und Türantriebe vermehrt eingesetzt werden.

www.sfs.chwww.beschlagtechnik.chwww.simonswerk.de

ph

Veröffentlichung: 13. Dezember 2018 / Ausgabe 50/2018

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