Sherlock Holz

Während sich viele Hölzer bei gewöhnlichem Licht farblich kaum unterscheiden lassen, ...

Lumineszenz.  Holz hat unter vielen anderen die Eigenschaft, zu leuchten, wenn es durch besondere Lichtquellen angeregt wird. Das sieht nicht nur gut aus, es hilft auch bei der Bestimmung der Holzart und sogar beim Nachweis von Bauschäden.

In der Natur gibt es viele fluoreszierende Pflanzen- und Pilzinhaltsstoffe – auch im Holz. Aufmerksame Beobachter, die beruflich oder privat bei absoluter Dunkelheit im Wald unterwegs sind, kennen vielleicht die «leuchtenden Baumstümpfe»: An ihren Oberflächen sind Hallimasch-Pilze zu Hause, deren dicke Myzelstränge bio-phosphoreszierende Eigenschaften haben. Sie leuchten, ähnlich wie Glühwürmchen oder die Zeigerenden einer analogen Armbanduhr. Dieses Leuchten kann durchaus lange anhalten und ist schon mit dem blossen Auge sichtbar.

Die leuchtende Rosskastanie

Nur von kurzer Dauer ist hingegen die Phosphoreszenz der gehäckselten Rosskastanienrinde: Regt man sie beispielsweise mit stark gebündeltem UV-Licht an, leuchten die Häcksel noch etwa eine Sekunde nach. Das hellgrün verglimmende Licht erinnert an das rote Glühen von Holz beim Abbrand. Unter UV-Licht sind die fluoreszierenden Eigenschaften einiger Holzarten besonders gut erkennbar. Zu einem meist grünlichen, gelblichen oder seltener bläulichen Schein kommt es, wenn Licht, also Energie, vom Material nicht vollständig reflektiert und auch nicht absorbiert und in Wärme umgewandelt wird, wie es allgemeinhin üblich ist. Einige wenige Stoffe reagieren aufgrund ihrer molekularen Struktur anders: Sie nehmen die Energie kurz auf, geben sie dann aber sofort wieder als langwelliges Licht ab. Das für das menschliche Auge unsichtbare UV-Licht wird als langwelliges – und damit sichtbares – Licht zurückgegeben. Diesen Effekt bezeichnet man als Fluoreszenz. Besonders ausgeprägt ist diese Eigenschaft bei der ursprünglich aus Nordamerika stammenden, inzwischen auch in Europa verbreiteten Robinie: Hier ist auch in Tageslichtumgebung eine deutliche Fluoreszenz durch UV-Strahlung erkennbar.

Fluoreszenz in Lösung: Effekte im Glas

Die Oberflächen vieler Hölzer zeigen als Schnittholz keine Fluoreszenz, jedoch lösen sich in Wasser oder Alkohol Inhaltsstoffe, die als isolierte Substanzen stark im UV-Licht reagieren. Exemplarisch sei hier wieder die Rosskastanie genannt: Wird ein Ast in ein Glas mit Wasser oder Alkohol gestellt, verbreiten sich unter UV-Anregung nebelartige, bläuliche Schlieren. Nimmt man den Ast wieder aus der Lösung heraus, ist im Querschnitt gut die farbstoffführende Schicht auszumachen. Dementsprechend liefern auch die eingangs beschriebenen Rosskastanien-Rindenschnitzel im Wasserglas ähnlich beeindruckende Effekte, bis schliesslich das gesamte Wasser im Glas fluoresziert. Je wärmer das Wasser, desto schneller löst sich der natürlich im Holz vorkommende Fluoreszenzfarbstoff Aesculin.

Zahnpasta und Nierenmedizin

Die blaue Fluoreszenz der Rosskastanie ist schon sehr lange bekannt und wurde bereits vor über einhundert Jahren als erster optischer Aufheller in Waschmitteln für Textilfasern genutzt – und ist bis heute ein beliebter Zusatzstoff in Ökoprodukten, beispielsweise in Zahnpasta auf natürlicher Basis. Ähnliche fluoreszierende Effekte sind grundsätzlich auch für Esche, Seidelbast, Amboina, Wengé und für Mahonia-Holz beschrieben. Der stark grüngelb fluoreszierende Farbstoff Berberin wiederum kann aus Pflanzen der Berberitze isoliert werden. Aus dem Mittelalter ist ein spezielles Holz bekannt: «Lignum nephriticum». Es soll als Arzneistoff gegen Nierenkrankheiten genutzt und gehandelt worden sein. Als Nachweis dieser wertvollen Substanz diente ebenfalls die Fluoreszenz der in Wasser gelösten Späne, die bereits unter UV-reicher Sonneneinstrahlung erkennbar gewesen sein soll.

Nutzen für Holzhandel und -käufer

Holzarten lassen sich nach ihren spezifischen Eigenschaften unterscheiden und bestimmen. Übliche Indikatoren sind Farbe, Dichte, Härte, Festigkeit und zahlreiche mikro- sowie makroskopische Unterscheidungsmerkmale, z. B. Grösse und Anordnung von Zellen oder Harzkanälen. Dies alles hilft dem Fachmann, die Arten zu bestimmen und beispielsweise Lieferungen zu überprüfen. Schwieriger wird es, wenn das Holz bereits verbaut ist und eingehende Untersuchungen zerstörungsfrei nur schwer oder gar nicht möglich sind, beispielsweise bei Parkett, Terrassendielen oder Möbeln. Auch ähneln sich einige Spezies untereinander so sehr, dass bislang aufwendige Laboruntersuchungen erforderlich waren, um Gewissheit zu bekommen.

In der Literatur beschriebene, in vielen Merkmalen sehr ähnliche Paarungen, die sich mithilfe der Fluoreszenz aber leicht auseinanderhalten lassen, sind die schon genannte stark fluoreszierende Robinie und der gar nicht fluoreszierende Maulbeerbaum. Die Robinie («falsche Akazie») wird auch in Europa kultiviert und ist damit eines der härtesten und widerstandsfähigsten einheimischen Hölzer, das gerne für Parkett oder im Aussenbereich eingesetzt wird – mit vergleichsweise geringen Schwindwerten. Demgegenüber ist der Maulbeerbaum zwar ebenso dekorativ, er neigt aber zu sehr starkem Schwinden, was eine besondere Aufmerksamkeit bei der Trocknung erfordert.

Gewissheit bei Austauschhölzern

Hat der Holzhändler oder -käufer also Robinie oder eine der fluoreszierenden tropischen Arten erworben, kann er bereits mit der UV-Lampe optisch ähnliche, aber nicht fluoreszierende Austauschhölzer erkennen.

Ein weiteres Vergleichspaar ist die nicht bzw. nur sehr schwach fluoreszierende Holzart Wengé und das auffällig fluoreszierende Austauschholz Panga Panga. Ansonsten ähneln sich diese beiden afrikanischen Hölzer sehr, sodass sie bei Parkett häufig gemischt verarbeitet werden. Panga Panga weist allenfalls eine ungleiche oder hellere Färbung auf. Innerhalb der aus Afrika stammenden Afzelia-Hölzer sticht das im Gegensatz zu allen anderen Afzelia-Arten nicht fluoreszierende Doussié als Ausnahme von der Regel hervor: Die anderen Afzelia-Arten zeigen dagegen eine ausgeprägte Fluoreszenz.

Neuer Forschungsbereich für Bauforensik

Mit UV- und anderen Lichtquellen lassen sich nicht nur Holzarten unterscheiden. Andere Baustoffe reagieren mitunter ähnlich individuell auf diese Art der Untersuchung. An der Universität Hannover wurde kürzlich der Forschungsbereich Bauforensik ins Leben gerufen. Dieser beschäftigt sich mit allen möglichen Formen der Fluoreszenz im Bauwesen. Unter anderem wurde festgestellt, dass sich UV-Blocker in Lacken im Laufe der Jahre verflüchtigen, was zu deutlichen Verschiebungen der Lichtwellen führt. Auf diese Weise können nachlackierte Stellen, fehlende Grundierung oder schlecht eingestellte Lacksysteme leicht identifiziert werden, beispielsweise bei der Parkettversiegelung, an Möbeln und Bauelementen sowie im Kfz-Bereich. Die unterschiedliche Rezeptur verschiedener Lacke tut ihr Übriges. Die Tatsache, dass Klebstoffe, Lacke, Öle, Pflegemittel usw. alle ihre eigene, charakteristische Fluoreszenz besitzen, lässt sich auch nutzen, um den Verursacher von Verschmutzungen zu enttarnen: Finden sich Spritzer von Parkettöl auch an der Wand, kann dies mit entsprechenden Lichtquellen deutlich gemacht werden – und bei derart offensichtlichen Anzeichen bekennt sich der Urheber dann meist zu seinem Missgeschick, ohne dass eine aufwendige Laboruntersuchung noch letzte Gewissheit bringen muss.

Mit UV-Licht Schimmel orten

Erste Hersteller nutzen die Fluoreszenz von bestimmten Stoffen, um mit diesen ihre Produkte zu kennzeichnen. So gehen Klebstofflieferanten dazu über, ihrem Härter fluoreszierende Partikel beizumengen – im UV-Licht ist dann erkennbar, ob das richtige Mischungsverhältnis von Stammharz und Härter erreicht wurde. Bei Trocknungsbeschleunigern, beispielsweise in Estrichen, und anderen für das Gelingen eines Werkes relevanten Zusatzstoffen kommen inzwischen ähnliche Marker zum Einsatz. Für den Hersteller ist es damit einfach möglich, sich aus der Haftung zu nehmen, wenn der Verarbeiter das falsche, gar keins oder zu wenig der vorgeschriebenen Additive verwendet hat. Auch Produktpiraterie ist anhand dieser Indikatoren leichter erkennbar. Die Fluoreszenz des fraglichen Artikels – vom Parkett bis zum Teppich – muss lediglich mit einer über alle Zweifel erhabenen Referenzprobe des Originals verglichen werden. Notfalls bringen im Zweifel klassische Laboranalysen letzte, gerichtsfeste Gewissheit. Ergebnisse von weitreichender Relevanz lassen Untersuchungen der Bauforensiker aus Hannover mit verschiedenen Lichtquellen und Filtern beim Aufspüren von Schimmel und Schimmelvorschäden erwarten. Da auch die meisten Pilze auf diverse Einflüsse reagieren, kann die Ortung mittels UV-Licht und anderer Wellenlängen zu interessanten Spuren führen. Hier steht die Forschung noch am Anfang.

Ausrüstung wie für den Polizeieinsatz

Für eine erste Unterscheidung ist nur wenig Technik erforderlich: Eine einfache UV-Quelle, wie sie beispielsweise zum Überprüfen von Geldscheinen für wenige Euros im Elektrofachmarkt angeboten wird, genügt oft schon. Dies gilt gerade bei stark fluoreszierenden Holzarten oder hochdosierten Farbstoffen. Zur Identifizierung schwächerer Quellen ist dann aber eine leistungsstarke UV-Lampe mit definierter Wellenlänge (in der Regel 365 nm) und geringem Anteil an sichtbarem Licht erforderlich. Hochwertigere UV-Taschenlampen verfügen über eine einzelne Hochleistungs-LED im Brennpunkt eines verstellbaren Reflektors für einen definierten, gebündelten Lichtstrahl.

Schäden in der Wohnung

Zur Schadenbegutachtung im Wohnumfeld wiederum sind nochmals deutlich stärkere Leuchten nötig, denn nur selten herrscht dort absolute Dunkelheit. Und im Gegensatz zu Polizeiermittlern dürfte der Sachverständige vor Ort auch meistens nicht die Möglichkeit haben, Räume aufwendig und vollständig zu verdunkeln. Für eine gerichtsfeste und anschauliche Dokumentation sind zudem geeignete Spiegelreflexkameras mit entsprechend umgebautem Sensorchip mit erweitertem Farbspektrum von UV- bis IR-Strahlung erforderlich. Neben der Lichtquelle gehört eine Schutzbrille unbedingt zur Grundausstattung, denn das gebündelte UV-Licht schädigt die Augen.

Dieser Beitrag ist ursprünglich im «Holz-Zentralblatt» vom 10. Juni 2016 erschienen.

CG

Veröffentlichung: 25. August 2016 / Ausgabe 34/2016

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