Sparen kann richtig teuer werden

Eine typische Ansicht mit klaren Linien und Betonflächen in einem modernen Geschäftshaus. Bild: Brunex

Geschäftshaustüren.  Neue Firmenräume sollen optimal genutzt werden können. Daraus ergeben sich Anforderungen an die Zugangs- und Verbindungstüren, die beim Bau der Liegenschaft oft noch nicht bekannt sind. Das Nachrüsten ist dann ein Weg mit teilweise teuren Folgen.

Bei manch einem geplanten Geschäftshaus ist bei der Offertstellung noch nicht klar, welche Firmen später diese Räume nutzen werden. Dennoch müssen schon die Fluchtwege und Brandschutztüren bestimmt werden, damit eine vermietbar strukturierte Raumaufteilung entsteht und weil dies bauliche Konsequenzen hat. Erst wenn die Mieter gefunden worden sind, können diese auch ihre Ansprüche an die für sie relevanten Durchgänge stellen. Dann zeigt sich, welche Gänge von einer oder von mehreren Firmen genutzt werden und wie die Sicherung und Zugangsberechtigung der entsprechenden Türen sein müssen.

Die Basis genügt oft nicht mehr

Die Problemstellung ist bei den Herstellern bekannt und führt zu einer unbefriedigenden Ausgangslage, denn es soll ja kostengünstig gebaut werden. Da werden die Türen in der Offertphase nur mit den Anforderungen angegeben, die sie auf jeden Fall erfüllen müssen.

Auf Anfrage haben verschiedene Spezialisten von drei Türherstellern Einblick in ihre Erfahrungen mit solchen Situationen gegeben. Bei der Türenfabrik Brunegg AG im aargauischen Brunegg wird man hin und wieder in der Offertphase damit konfrontiert, dass zertifizierte Türelemente nachrüstbar sein sollen. Das gilt für Brandschutz wie auch Einbruchschutz.

Inwieweit vorausgeplant wird, hängt davon ab, ob es bei der Planung schon einen Türenfachplaner gibt und der Bauherr bereit ist, gewisse Investitionen im Vorfeld zu tätigen. Der Türfachplaner gehört genauso zum Planungsteam wie die anderen Fachplaner, beispielsweise im Elektro- oder Sanitärbereich. Ist klar, was später nachrüstbar sein soll, lässt sich ein entsprechend vorkonfiguriertes Türelement anbieten. Effektiv erlebt man in Brunegg aber zunehmend die Situation, dass neu eingebaute Türelemente, die nicht dafür vorgesehen sind, nach kurzer Zeit nachgerüstet werden sollten.

Der Aufbau ist vorgegeben

Ein nachträglicher Umbau im Bereich Einbruchschutz auf RC2 oder sogar RC3 sei kaum möglich, gibt die Riwag Türen AG aus Arth SZ zu bedenken. Dies, weil solche Türblätter meistens mit einer speziellen Einlage hergestellt werden. Nicht zu vergessen ist auch, dass die Zertifizierung die Art der Montage des Rahmens auf ein geeignetes Mauerwerk oder eine Leichtbauwand mit einschliesst.

Selbst wenn ein einbruchhemmendes Element mit RC2 oder RC3 eingebaut wurde und später das Schloss gegen eines mit Panikfunktion ausgetauscht werden soll, muss das Türblatt für diese Art der Verriegelung konstruktiv vorgerüstet sein.

Beim Brandschutz ist diese Situation etwas anders: Wenn das Schloss aus der gleichen Schlossfamilie stammt, die gleichen Aussendimensionen aufweist und eine entsprechende CE-Kennzeichnung besitzt, könnte es möglich sein, dass es ausgewechselt werden kann. Es müsste dann noch zusätzlich eine zugelassene Griff-Drückergarnitur gewählt werden.

Problem der automatischen Schliessung

Am schlimmsten sei der nachträgliche Wunsch nach einem verdeckten Türschliesser, weiss man bei der RWD Schlatter AG in Roggwil TG. Dafür zertifizierte Türblätter verfügen über einen entsprechend ausgebildeten Kantenbereich für die Einfräsung eines solchen Beschlages. Man muss also von vornherein solche Blätter verwenden, um den Beschlag nachrüsten zu dürfen. Aufgesetzte Türschliesser sind hingegen möglich. Doch auch hier gibt es Vorschriften, die genau eingehalten werden müssen.

Es muss dem Geprüften entsprechen

Auch wenn die ganze Türenwelt heute technisch sehr anspruchsvoll geworden ist, hat das mögliche Um- und Nachrüsten von Durchgängen auf neue Anforderungen eine recht einfache Logik. Es geht im Grunde darum, welches Prüfzertifikat des Systemhalters der zukünftig gewünschten Türeinheit entspricht – und das inklusive des Holz-Türrahmens oder der Metallzarge, inklusive aller Anschlüsse und Beschläge. Und dann wird abgeklärt, ob sich die vorhandene Einheit so umbauen lässt, dass sie diesem Zertifikat exakt entspricht oder innerhalb des möglichen Spielraums liegt, den die Zertifizierung aufweist. Geht das nicht, muss das Türblatt oder das gesamte Element ausgetauscht werden.

Die effektive Situation wirklich überschauen und beurteilen kann jeweils nur der Systemhalter, der die Prüfungen nach EN-Norm durchgeführt hat. Er weiss aufgrund seiner Prüf- oder Exap-Berichte, welche Änderungen möglich sind, und darf diese entsprechend ausführen. Der Systemgeber kann aber auch den Partnerbetrieb, der die Tür geliefert hat, schriftlich berechtigen, die Ausführung vorzunehmen. Nur dieser Betrieb darf das dann tun. Er übernimmt damit die Gewährleistung für diese Tür.

Grundsätzlich müssen alle Änderungen in der Zulassung vom Hersteller verankert sein. Eine entsprechende Freigabe muss also vom Hersteller zwingend vorgängig eingeholt werden.

Gültigkeitsverlust des Zertifikates

Die Veränderung einer verbauten Türeinheit mit Zertifikat muss so ausgeführt werden, dass sie auch bei werkseitiger Vorbereitung nicht anders aussehen würde. Bei einer nachträglichen Veränderung an einem gelieferten Element, die nicht vom Systemhalter schriftlich autorisiert worden ist, kann die Gültigkeit des Zertifikates erlöschen. Das gilt auch für Kleinigkeiten wie ein nachträglich ausgefrästes Batteriefach beim Schloss.

Grössere Umbauten wie beispielsweise der Einbau eines Glasausschnittes oder eines Brandschutz-Lüftungsgitters dürften kaum rentabel sein. Der Ausschnittbereich müsste mit entsprechenden Holzeinlagen versehen sein. Da dürfte ein neues Türblatt die günstigere Lösung sein.

Ein flexibler Rahmen als Basis

Bei der RWD Schlatter AG wird gerne auch ganz pragmatisch das grosse Ganze angesehen, um gangbare Lösungen zu finden. So wird einem Bauherrn unter Umständen schon bei der Offertstellung vorgeschlagen, ein Elektro-Leerrohr vom Verteiler zum jeweiligen Türrahmen zu führen, wo später ein Veränderungsbedarf entstehen könnte. Eine zertifizierte Zarge mit Mörtelschutzkasten und einer Leerrohrleitung bis unter eine Blindplatte sind problemlos machbar und kosten bei einem Neubau nicht sehr viel. Das Gleiche geht, entsprechend ausgeführt, auch bei Holzrahmen. Türrahmen werden heute in aller Regel ohne das Türblatt eingebaut. Es dauert dann in einem normalen Bauablauf von solchen Gebäuden etwa 12 bis 16 Wochen, bis die Türblätter geliefert werden. In der Zwischenzeit kann sich bei der Mietersuche schon einiges verändern, und der Türhersteller kann entsprechende Blätter fertigen oder durch das Tauschen von Türblättern innerhalb des Gebäudes für die gewünschte Ausführung am richtigen Ort sorgen. Erfahrungsgemäss lässt sich so die Zahl der Türblätter deutlich kleiner halten, die ersetzt werden müssen.

Veränderungen gehören zum Leben

Gerne wird vergessen, dass sich Firmen laufend verändern. Sie expandieren und mieten zusätzliche Räume dazu oder sie verschwinden, und ein anderer Mieter mit ganz anderen Bedürfnissen zieht ein. Muss dann jeweils ein vollständiges Türelement samt Rahmen herausgebrochen und ersetzt werden, ist der Aufwand doch sehr gross. Wenn zusätzlich noch eine Elektroleitung durch die Wand gezogen werden soll, ergibt das schon eine umfassendere Renovation im betreffenden Gebäudebereich.

Geschäftshäuser entstehen nicht nur als Neubau, sondern immer mehr werden auch vorhandene Bauten an neue Anforderungen angepasst. Dabei werden gerne vorhandene Strukturen weiterverwendet oder angepasst. Da gibt es dann bezüglich vorhandener Türen Folgendes zu berücksichtigen: Nachrüsten kann man nur jene Brandschutztüren, die eine Kennzeichnung nach den aktuellen VKF-Vorschriften mit EN-Prüfnorm haben. Hat eine Tür keinen Prüfnachweis, muss sie ersetzt werden. Hat sie eine Kennzeichnung nach alter CH-Prüfnorm – den T30-Nachweis – muss sie ebenfalls ersetzt werden. Wie bei einem Neubau muss auch ein umgenutzter, älterer Bau durchgängig nach den aktuell geltenden Vorschriften geplant werden, womit auch dort ein Türenfachplaner von Beginn an mit im Team sein sollte.

www.brunex.ch www.riwag.chwww.rwdschlatter.ch

Andreas Brinkmann

Veröffentlichung: 18. März 2021 / Ausgabe 12/2021

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