Struktur um jeden Preis

Bild: Bauwerk Parkett AG

Parkettoberflächen.  Die nicht nur optisch, sondern haptisch spürbaren Strukturen angesagter Parkettböden stossen in eine bis anhin nie dagewesene Richtung vor. Das stellt die Anwender vor ganz neue Probleme. Entsprechend müssen alte Vorgehensweisen angepasst werden.

Der Zeitgeist spiegelt die Veränderungen in der Gesellschaft wider und äussert sich auch formal durch die Gestaltung von Räumen und deren Ausstattung. Offenbar hat aber der Mensch ein Grundbedürfnis an emotionaler Wärme. Diese erfordert einen gewissen Ausgleich durch die Wirkung der Lebensräume. Auf die heutige Zeit bezogen, bedeutet das, dass die immer schlichtere Formensprache durch die intensivere Gestaltung einzelner Flächen den Ausgleich sucht. Offenporige Laubhölzer vermitteln Leben und dunkle Hölzer einen warmen Kontrast zu eintönigen Wänden.

Steigerung eines Bedürfnisses

Der Trend bei den Parketten geht in diese Richtung weiter: Böden aus Hölzern mit wenig strukturierten Bildern wie Ahorn oder Buche werden praktisch nicht mehr verlangt, dafür hat die Eiche fast den ganzen Markt für sich entschieden. Aber auch da braucht es immer mehr Intensität, und der Trend verlangt dunklere, aber möglichst natürliche Farben.

Dies kann durch Beizen, das Auftragen von Farbölen oder durch Räuchern geschehen. Die erstgenannten Methoden sollten wenn möglich vor dem Verlegen angewendet werden, da alleine schon Schleifdifferenzen im Randbereich den Farbton massiv beeinflussen können. Das Räuchern muss nach neuen Verfahren ausgeführt werden, damit der Boden nicht zu viel freies Ammoniak (Salmiak) abgibt und gesundheitlich unbedenklich ist.

Tiefenwirkung mit Korrekturproblemen

Trotz grossflächigem Kubismus sind rustikale Tendenzen spürbar, was den gefasten Landhausdielen einen Vorrang verschafft. Wird ein solcher Boden später abgeschliffen, erfordert das entweder grosses Können in gleichmässigem Vorgehen oder das Herunterschleifen der Fase. Der Trend nach Struktur hat sich mittlerweile aber sogar dahin verstärkt, dass vermehrt plastische Strukturen in der Eichenoberfläche gewünscht werden. Das reicht von verschieden stark gebürsteten, über sandgestrahlte bis zu geschroppten und sägerohen Flächen. All diese Ausführungen müssen leicht überschliffen sein. Einerseits können so keine Splitter entstehen, die zu Verletzungen führen, andererseits sind die höchsten und somit am meisten beanspruchten Punkte belastbarer.

Behandeln ohne Seenlandschaft

Wer einen Holzboden feucht aufwischen möchte, wird keinen Eimer mit Wasser auslehren, um dieses zu verteilen und wieder aufzunehmen. Das Gleiche gilt beim Behandeln mit Ölen und Lacken. Nicht nur dass die Flüssigkeit durch die Fugen dringt und sich unter dem Parkett allenfalls sammeln kann – gerade Öl trocknet dann praktisch nicht mehr aus –, die ungleiche Aufnahme verursacht Flecken, und Fugen können verkleben. Bei Letzterem kann es beim Abschwinden des Holzes zu Kantenabrissen kommen.

Für die Veredelung von Strukturböden ergeben sich zudem neue Herausforderungen. Egal ob Beizen, Ölen oder Versiegeln angesagt ist, die Berge und Täler der Strukturen erfordern ein auf Sauberkeit konzentriertes Auftragen mit einem Anstreichgerät und textilen Auftragsstreifen, welche die tiefen Lagen erreichen. Die Spezialisten bei der Feyco AG im Kompetenzcenter in Urdorf ZH haben beispielsweise viele Tests gemacht, um herauszufinden, worauf geachtet werden muss.

Bleibende Schönheit

Der Anwendungstechniker Jean-Claude Bär von Feyco weist noch auf eine Besonderheit hin, welche die trendig dunklen Böden betrifft: Einige 2-K-Lacke reissen beim Abschwinden des Holzes im Fugenbereich nicht. Der Lackfilm wird gedehnt und verändert seine Anordnung der Moleküle, wodurch er weiss erscheint. Es lohnt sich also, mit dem Lackhersteller abzusprechen, welches Produkt genommen werden soll. Unproblematisch ist da immer Öl.

Absolut problemlos ist auch die Verwendung von werksversiegeltem Parkett, wie es die Bauwerk Parkett AG in St. Margrethen SG anbietet. Die glatten oder verschieden stark gebürsteten Parkettriemen werden im Walzverfahren versiegelt oder geölt. Vorteil ist, dass so die Fläche wie auch der Übergang in die Fase und Kante optimal behandelt werden können. Zudem findet bis zum Einbau bereits ein Reifeprozess statt, wodurch die Beschichtungen fertig ausgehärtet sind.

Renovieren ist anspruchsvoll

Was aber, wenn ein strukturiertes Parkett renoviert werden soll? Die Interessengemeinschaft der Schweizerischen Parkett- Industrie (ISP) weist in ihrem Merkblatt auf die neuen maschinellen und manuellen Bürstmöglichkeiten hin. Das funktioniert aber nur bei einem durchgehenden Faserverlauf.

Die Schwierigkeit liegt im gleichbleibenden Übergang in den Randbereich und die Raumecken. Nicht nur müssen die Bürsten identisch sein, sondern auch die Bürstrichtung und -stärke ergeben sofort ein unterschiedliches Bild sowie ein verändertes Saugverhalten. Flecken sind daher sehr wahrscheinlich.

Alternative Möglichkeit

Das Walzbild einer Werksversiegelung kann kaum mehr nachgemacht werden. Bei Bauwerk werden aber immer zu jedem neuen Produkt Reparaturlösungen gesucht. Anwendungstechniker unterstützen den Parkettleger selbst vor Ort.

«In dem Moment, wo ich eine Lösung vorweisen kann, spürt der Kunde, dass ich mich als Hersteller damit befasst habe – egal ob er das braucht oder nicht. Er spürt die Kompetenz und weiss, dass er bei Problemen kommen kann», sagt Martin Glaunsinger von der Abteilung Forschung und Entwicklung bei Bauwerk.

Glaunsinger weist auch darauf hin, dass eine Abkehr vom Abschleifen feststellbar ist. Renoviert wird dann so: Nach einer guten Grundreinigung – allenfalls auch mit Mitteln gegen Vergrauung – wird der Boden mit einem Diamantvlies angeschliffen und dann mit einem dünnen Film neu behandelt. Das funktioniert bei allen Strukturen, nur darf dazu nicht zu lange bis zur Renovation gewartet werden.

www.feycotreffert.comwww.parkett-verband.chwww.bauwerk-parkett.com

ab

Veröffentlichung: 28. September 2017 / Ausgabe 39/2017

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