Treppenaufstiege brauchen Fantasie

Ältere Liegenschaften haben ihren Charme, bieten aber auch geschichtlich bedingte Hürden, wenn neue Treppen bessere Ver-bindungen schaffen sollen. Bild: SZ, Andreas Brinkmann

Spezialausführungen.  Treppen verbinden verschiedene Ebenen und müssen den vorgegebenen räumlichen und technischen Anforderungen entsprechen. Dabei kommt es immer wieder zu Situationen, die nicht konventionell lösbar sind.

Treppen sollen ein Unten mit einem Oben auf komfortable Art verbinden. Entsprechend muss das Zusammenspiel der Tritthöhe und -tiefe in einem Bereich liegen, welcher dem durchschnittlichen Laufverhalten eines erwachsenen Menschen entspricht. Da die zu überwindende Höhe in jeder Situation fix vorgegeben ist, gilt es, die Treppenlänge zu bestimmen und das Ganze in den Raum zu integrieren. Das benötigt eine gewisse Grösse an Grundfläche.

Die räumlichen Möglichkeiten und Nutzungsvorgaben erfordern aber manchmal mehr als nur eine Standartversion, denn den erforderlichen Platz zu haben, ist oft ein nicht vorhandener Luxus. Das hängt einerseits sicher mit der Wichtigkeit des Aufganges im Zusammenhang mit anderen Nutzungen im Gebäude zusammen. Andererseits haben gerade ältere Gebäude schon so einiges erlebt und setzen durch die vielen vergangenen Umbauten sehr eng gesteckte Rahmenbedingungen, mit denen sich der Planer auseinandersetzen muss.

Auch neue Gebäude können anspruchsvoll für den Treppenbauer werden. Der Trend, möglichst grosse, offene Räume zu bauen, dafür aber wenig Platz zu verbrauchen und erst noch Material, und somit Kosten einzusparen, fordert seinen Tribut. Die oft voll sichtbare Treppe ist Teil des Wohnbereiches und beeinflusst das Ambiente genauso wie auch die akustischen und verkehrstechnischen Gegebenheiten. Ein Raum mit Treppe wird immer auch zu einem Durchgangszimmer, was mit eingeplant werden muss. Nachfolgend stellen verschiedene Treppenbauer entsprechende Speziallösungen vor, die etwas mehr Planung verlangt haben.

Um viele Hindernisse herumgebaut

Alte Häuser, die über viele Jahre hinweg immer wieder verändert wurden, sind eine spezielle Herausforderung. Oft entsteht ein regelrechtes Ringen um jeden Zentimeter, damit Situationen verbessert werden können. So auch in Dreien im Toggenburg. Die Meier Holzbau AG hatte den Auftrag, in einem Bauernhaus in ihrer Nähe die Eingangspartie über zwei Stockwerke auszubauen. Der Wegfall eines WC-Raumes erlaubte nun eine Treppenführung mit durchgängiger Begehbarkeit in aufrechter Körperhaltung.

Die Platzverhältnisse im oberen Stock diktierten die Grösse des Treppenauges und die Position der letzten Stufe, da bis dahin die Treppe der Nachbarwohnung den Weg gekreuzt hatte. Ein Fenster im darunterliegenden Kellerabgang, das wegen der Fassade nicht verändert werden durfte, verunmöglichte mit seiner Position den Einbau einer Spindeltreppe. Ein Podest über diesem Fenster hätte aber zur Folge gehabt, dass die verbleibende Durchgangshöhe unter dem Wechsel zu gering ausgefallen wäre und die Treppe weiter in den unteren Raum vorgedrungen wäre.

In enger Zusammenarbeit mit der Treppenbau.ch AG in Bazenheid SG wurde eine optimale Lösung erschaffen. Entstanden ist ein an Faltwerktreppen erinnernder Aufgang mit darunterliegenden Wangen. Der gekröpfte Antritt Richtung Eingang sowie ein kurzes Podest in Form einer zu tiefen Stufe haben geholfen, einen komfortabel begehbaren Aufgang zu schaffen. Dieser passt sich völlig den Gegebenheiten des Hauses sowie den Bedürfnissen der Bewohner an und wirkt offener als zuvor.

www.treppenbau.chwww.meierholzbau.ch

Steil, aber mit Komfort

Eine Terrasse über den Dächern des Wohnquartiers ist der Traum vieler Stadtbewohner. So sollte mitten in der Stadt das ungenutzte Flachdach einer typischen Attika-wohnung zugänglich werden und so den Bewohnern einen Entspannungsort mit herrlicher Rundumsicht ermöglichen.

Als Dachausstieg bot sich ein bestehendes Oberlicht an, welches zu einer Ausstiegsklappe umgebaut werden konnte. Der darunterliegende Raum war mit 4,5 m recht hoch und die für die Treppe zur Verfügung gestellte Fläche eher klein. Auch wurden mit einer Wand, einem Kamin und einer Säule relativ spärliche Befestigungsmöglichkeiten geboten.

Die Bianchi Holz- und Treppenbau AG aus dem bündnerischen Landquart musste alle Möglichkeiten voll ausschöpfen, um dann mit einer hohen Steigung von 22,7 cm und einem geringen Auftritt von 21 cm eine dennoch bequeme Treppe mit schlanker, ansprechender Optik zu erreichen. Die Futterbretter wurden zugunsten des Auftritts schräg eingebaut, was mit dem verwendeten Winkel auch abwärts laufend Vorteile bringt. Das Podest mit einem Rücklaufgeländer aus Glas und die leichte, offene Bauweise der Treppe gewähren einen optimalen Lichteinfluss. So hat das vormalige Dachfenster immer noch seine Funktion behalten und kann das Tageslicht in die darunterliegende Wohnung bringen.

www.bianchi-treppen.ch

Vom Durchgangsraum zum Sitzungszimmer

Die Türme alter Kirchen sind nicht selten vollgestellt mit Treppen und Podesten, womit man über viele Etagen am Uhrwerk, am Glockenstuhl und am Zifferblatt vorbei- kommt. Das über sieben Meter hohe Turmzimmer der evangelisch-reformierten Kirche in Stäfa ZH sollte bei deren Renovation 2011 nutzbar gemacht werden. Der Zwischenboden wurde entfernt und somit die schmalen, hohen Fenster sowie das Kreuzgewölbe sichtbar gemacht. Dennoch, die darüber befindlichen Räume mussten auch weiterhin gut und sicher zugänglich sein. Zudem sollte der neue Aufstieg im Brandfall der Feuerwehr dienen. Um möglichst viel Bodenfläche zu erhalten, musste der unterste Teil der Treppe hochziehbar sein, durfte in dieser Position aber keine der Wandmalereien verdecken.

Bei der Columbus Treppen AG im st. gallischen Oberbüren entstand ein Aufstieg mit Eichentritten und Stahlwangen. Der Antritt direkt neben der Eingangstür und das Durchstiegsloch in der Decke ergeben eine steile Treppe mit einer Vierteldrehung. Unmittelbar vor dieser befindet sich der Drehpunkt vom unteren geraden Element. Damit dieses hochgezogen über der Wandnische mit der Malerei liegt, muss der Drehpunkt einiges über der Treppenwange sein. Auch die Handläufe gehen bei der Bewegung aneinander vorbei und entsprechen allen Sicherheitsanforderungen. Massive Stahlkonsolen halten den oberen Teil mit der Vierteldrehung und den höhergelegten Gelenken.

Als besonderer Knackpunkt stellte sich der Seilzug mit der Seilbefestigung heraus. Die verwendete Elektrowinde verfügt über eine automatische Bremse und ein selbsthemmendes Getriebe. Sie wird sonst vor allem im Bühnenbereich eingesetzt und erfüllt die Sicherheits- und Brandschutzbestimmungen. Über dem Gewölbe in einem Zwischenboden eingebettet lässt sie sich einfach warten. Das bei der Trepppenaufhängung eingesetzte Seilschloss verstärkt durch einen Keil seine Klemmkraft bei höherer Belastung.

Auch wenn alle Teile gut dimensioniert und sauber ausgeführt sind, müssen bewegliche Teile, die sicherheitsrelevant sind, regelmässig gewartet werden. So wurde mit einem Wartungsvertrag sichergestellt, dass die Herstellerfirma in regelmässigen Intervallen alle Elemente überprüft und pflegt.

www.columbus.ch

Ohne Trittschallübertragung

Doppeleinfamilienhäuser haben eine gemeinsame Betonwand. Werden daran die Treppen befestigt, führt das, mit gängigen Befestigungssystemen, beidseits zu starken Schallübertragungen. Für eine ganze Siedlung sollte die Ambauen Treppen AG aus Beckenried NW Freitreppen mit jeweils einer Vierteldrehung bauen. Die erste Wand nach dem Antritt ist diese Trennwand. Das hat die Befestigung von Treppenstufen auf beiden Seiten einer dicken Betonwand zur Folge. Die Befestigung muss in hohem Masse schallisoliert sein. Die üblichen Schallschutzbolzen haben aber eine zu hohe Über- tragung, als das in dieser Situation ein zeitgemässer Wohnkomfort erreicht werden könnte.

Um eine wirklich saubere Lösung zu erhalten, wurde die Zusammenarbeit mit einem Schalltechniker gesucht und in der HBT-Isol AG in Bremgarten AG gefunden. Klar war von Beginn weg: Die zweite Wand musste jeweils komplett schallentkoppelt gebaut werden, wofür der Baumeister auf bewährte Systeme zurückgreifen konnte. Die Stufen an dieser Wand sollten dann mit den normal erhältlichen Schallschutzbolzen befestigt werden, was weiter kein Problem darstellt, denn es handelte sich dabei um eine übliche Situation.

Durch die Vierteldrehung geht der Handlauf in einen Pfosten über, der auf dem schwimmenden Unterlagsboden steht und somit kaum Schall übertragen kann. Für die Montage auf einem übertragenden Boden wären schallabsorbierende Unterlagen im Handel erhältlich. Auch der Antritt steht mit seinen zwei zusätzlichen Füssen auf dem Boden.

Es verblieben jeweils vier Stufen pro Treppe, die an der Trennwand befestigt werden mussten, für die eine ganz spezielle Lösung gefunden werden musste. Die Lösung fand sich in Gummielementen, für welche der Treppenbauer nach Vorgabe der Techniker Befestigungsteile aus Metall anfertigte. Noch sind nicht alle Häuser fertiggestellt. Die ersten montierten Treppen haben aber gezeigt, dass sich der Aufwand gelohnt hat und auch bewusstes Klopfen auf die Tritte im Nachbarhaus nicht mehr wahrgenommen werden.

www.ambauen.chwww.hbt-isol.ch

Versteckt in der Lamellenwand

Offene Aufgänge vermitteln ein grosszügiges Raumgefühl. Sie ermöglichen zudem, dass Tageslicht auf natürliche Weise die Situation ausleuchten kann. Treppen, die beidseitig mit Wänden eingefasst werden, bilden einen geschlossenen Gang, der, wenn er schmal ist, durchaus auch ein beklemmendes Gefühl wecken kann. Vor allem gerade Treppen werden in Einfamilienhäusern gerne im Wohnraum platziert. Das spart ein separates Treppenhaus, und somit Grundfläche. Der Trend liegt bei sehr leicht wirkenden Konstruktionen und beim Zeigen der ganzen Treppe.

Abgesehen davon, dass offene Aufgänge auch eine thermische Wirkung haben, ist ein Raum mit Treppe in seiner Ausstrahlung nicht für sich geschlossen. Es vermittelt dem Bezutzer unter Umständen das Gefühl, dass es sich dabei um ein Durchgangszimmer handelt.

Die Keller Treppenbau AG fertigte für einen Kunden eine Lammellenwand mit Chromstahlzwischenstützen. Die Holzlamellen haben dabei die Dicke der Treppenstufen, die von ihr an die Wand führen und verdecken somit optisch den eigentlichen Aufgang. Das Wandelement bildet einen Raumabschluss und lässt dennoch Tageslicht auf die Treppe. Diese wirkt dabei in ihrer Funktion leicht und offen, ohne den Raum stark zu dominieren.

www.keller-treppen.ch

ab

Veröffentlichung: 06. August 2015 / Ausgabe 32-33/2015

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