Überzeugende Haltungsnoten

Ästhetisch und filigran dank verdeckter Verbinder: das Tribünendach beim Kulm Hotel St. Moritz. Bild: A. Freund Holzbau GmbH

Holzverbinder.  Der Holzbau wird gestalterisch anspruchsvoller. Vermehrt kommen unsichtbare Verbinder zum Einsatz. Neben leistungsfähigen Lösungen für den Ingenieurholzbau fällt auch den handwerklich zu verarbeitenden Verbindern eine gewichtige Rolle zu.

Es ist noch gar nicht so lange her, da wurden die Dimensionen eines Tragwerks im Holzbau durch die Tragfähigkeit und Steifigkeit der Verbindungselemente zwischen den Bauteilen bestimmt. Die Folge von Integralverbindern und Co. waren Bauteilabmessungen, die deutlich grösser waren, als sie hätten sein müssen. Denn diese wurden durch die Knotenausbildung in Stahl festgelegt. Die ästhetische Anmutung eines Bauwerks war entsprechend von den Stahlteilen und Verbindern geprägt. Reihenweise Passbolzen im Holz, und manchmal gefühlt auch Stahlkonstruktionen, zwischen deren Elementen noch etwas Holz war.

Abhängigkeit der Dimensionen

«Im Holzbau gibt oft der Verbinder die Dimensionierung der Bauteile vor», bestätigt Sascha Abplanalp, Leiter Avor und Produktion der Neue Holzbau AG in Lungern OW. «Je leistungsfähiger der Anschluss, desto kleiner die Dimensionen der Bauteile.»

Abplanalp bezeichnet die jüngere Entwicklung der Verbindungstechnik schlicht als «unglaublich gut». Und er muss es wissen. Denn die Neue Holzbau AG ist bei vielen konstruktiv und ästhetisch anspruchsvollen Holzbauten der Schweiz mit von der Partie. So zum Beispiel auch bei der Tribüne Kulm Hotel in St. Moritz GR oder beim Holzpavillon im Zuger Stadtgarten.

Weiter ist das Unternehmen Vorreiter beim Bauen mit Laubholz, wird doch im Werk in Lungern schon seit über zehn Jahren Brettschichtholz aus Laubholz hergestellt.

Neben Esche und Buche hat das Unternehmen auch mit Eiche und Robinie Erfahrung. Dass die Festigkeitswerte solcher Bauteile weit über jenen aus Nadelholz liegen, ist weitläufig bekannt. Dass damit auch eine deutlich höhere Leistung der Verbindungsmittel einhergeht, ist weniger präsent.

Massgeschneiderte Verbinder

Bauteil und Verbinder befinden sich seit geraumer Zeit auf dem Optimierungspfad. Der Holzbau wird ästhetisch anspruchsvoller, und das bedeutet, dass der Betrachter vor allem Holz sieht. Neben dem Einsatz von Laubholz tragen auch konstruktive Holzwerkstoffe dazu bei wie etwa die Baubuche als Furnierschichtholz.

Um mit dem Material die einhergehenden, hohen Tragfähigkeiten realisieren zu können, braucht es Verbinder, die ganz einfach leistungsfähiger sind. «Wir arbeiten objektbezogen. Wenn wir eine Aufgabe haben, schauen wir, ob wir diese mit den vorhandenen Lösungen umsetzen können. Falls nicht, entwickeln wir eine eigene Lösung, sprich einen Verbinder», sagt Abplanalp.

Wenn Holz auch wie Holz aussieht

Eine eigene Entwicklung ist der Gewinde-systemanker (GSA). Bei diesem System werden Stahl-Gewindestangen mit Epoxidharz ins Holz eingeklebt, sodass eine kraft- und formschlüssige Verbindung entsteht. Mit dem Prinzip wurde schon lange geforscht. Neu bei GSA ist die exakte Abstimmung aller Parameter aufeinander und die daraus resultierende Standardisierung und Qualitätsüberwachung der jeweiligen Einzelschritte. Dies führt zu einem Hochleistungssystem, das durch die innenliegende Verbindung ein filigranes und auch ästhetisch anspruchsvolles Tragwerk ermöglicht.

«Die GSA-Technologie kann ihre Vorteile vor allem dort ausspielen, wo hohe Lastwerte auftreten», sagt Abplanalp. «Die drei Kriterien Duktilität, Steifigkeit und Tragvermögen werden mit unserem Know-how bei GSA automatisch gewährleistet. Der Ingenieur muss lediglich den reduzierten Wirkungsgrad ŋ = 0,8 der Verbindung beachten.» Die Entwicklung der GSA-Technik ist aber nicht abgeschlossen. Sie läuft permanent weiter, um immer mehr Leistung zu erreichen und die Montage möglichst einfach bewerkstelligen zu können. Und das Ganze am besten ohne sichtbare Verbindungsteile.

Mechanische Lösungen

Der gestalterische Vorteil einer weitgehend unsichtbaren Verbindung kann bei entsprechender Konstruktion auch mit eingedrehten Gewindestangen und Vollgewindeschrauben erreicht werden. Bei den möglichen Belastungswerten gibt es durchaus Schnittmengen mit den eingeklebten Gewindestangen. In der Regel brauchen rein mechanische Verbindungsmittel jedoch grössere Querschnitte und damit auch wuchtigere Bauteile, um bei höheren Lastwerten die Tragfähigkeiten zu erreichen.

Dazu gehören auch schwalbenschwanzförmige Verbinder. Meist aus Aluminium gefräst, wird ein Teil ins Holz eingefräst und das Gegenstück plan aufgeschraubt. Eine Verbindung von Haupt- und Nebenträger ist so ohne sichtbaren Beschlag oder von aus-sen eingesetzten Passbolzen möglich. Inzwischen gibt es eine ganze Reihe von Varianten solcher Verbinder, die aufgrund ihrer grossen Bandbreite und der unsichtbaren Anschlüsse für eine Vielzahl von Anwendungen interessant sind.

Verarbeitung auf der Baustelle

Ein grosser Vorteil der Lösungen ist die mögliche handwerkliche Verarbeitung, auch auf der Baustelle. Sodann werden die Verbinder eingehängt und gegebenenfalls mit einer Aushängesicherung fixiert.

Ihre Vorteile können die Beschläge vor allem dort ausspielen, wo es um überschaubare Traglasten geht, damit die Querschnitte der Beschläge und somit der Bauteile nicht zu gross werden. Denn die Bandbreite dieses Beschlagtypus ist riesig. Sie reicht von Anwendungen im Möbel- und Innenausbau bis hin zu Schwerlastverbindern, die aber dann eine entsprechende Bauteil- dimensionierung voraussetzen. Interessant sind die unsichtbaren Verbinder deshalb vor allem bei geringen bis mittleren Lasten.

Wenn Ästhetik konstruktiv hilft

Der beste Holzverbinder ist der, den man nicht sieht. Dies gilt derzeit in puncto Gestaltung, aber auch in puncto Brand- schutz. Denn verdeckt liegende Verbindungsmittel behalten im Brandfall, vom Holz geschützt, länger ihre statische Funktion. «Jede Holzart hat ihre typische Abbrandrate, und daraus kann für eine Konstruktion relativ leicht ausgerechnet werden, welche Brandschutzeigenschaften resultieren. Das hilft dem Holzbau natürlich enorm. Wir haben schon so manches Objekt auch deshalb in Holz realisieren können, weil die Brandschutzeigenschaften mit verdeckten Verbindern gegenüber einer Stahlkonstruktion einfach überzeugend sind», sagt Abplanalp.

www.neueholzbau.ch

 

Vielfältige Lasterträger

Die Sherpa-Produktfamilie zeichnet sich durch ihre Vielfältigkeit aus. Sie bietet zwei Mini-Varianten mit nur 10 beziehungsweise 17 mm Breite bei 40 mm Höhe und 10 mm Stärke des Verbinders. Daneben gibt es für den konstruktiven Einsatz in der Serie XS bis XXL ganze 33 Grössen von 50 bis 610 mm Höhe.

Die stärkste Variante bringt es auf eine Tragfähigkeit von 106,7 kN. Der nicht sichtbare Aluminiumverbinder in Schwalbenschwanzform kann so bei Knoten-punkten von Möbeln bis hin zu Hallentragwerken verwendet werden. Je nach Verbindertyp sind laut Zulassungen Spezialschrauben vom Hersteller mit verstärktem Schraubenkopf zu verwenden. Ist eine Sicherung gegen das Abheben erforderlich, dienen zwei von oben eingedrehte Sperrschrauben als Aushängesicherung.

www.sfs.ch


 

Auch für Stahl und Beton

Der GH-UV-Verbinder aus Aluminium eignet sich für den Anschluss von Nebenträgern an Hauptträger und Stützen. Eine Besonderheit ist die Variante des Schwalbenschwanzverbinders für den Anschluss von Holz auch an Stahl oder Beton. Der Mindestquerschnitt des Holzes für den kleinsten Verbinder (30 × 70 mm) beträgt 45 × 100 mm. Auf diese Weise resultiert eine Traglast von 8,4 bis 12,2 kN.

In der stärksten Variante von 60 × 215 mm bringt es der eingelassen und so verdeckt zu montierende Verbinder bei reiner Holzkonstruktion auf 42,4 bis 71,9 kN. Insgesamt besteht die Familie aus acht Typen. Die Aushängesicherung des Beschlages wird oberseitig montiert.

www.fehrbraunwalder.chwww.holzverbinder.de


 

Schlank, aber kräftig

Beim SST-Passverbinder des Typs ETB aus Aluminium handelt es sich um einen besonders dünnen Beschlag. Dieser kommt in allen fünf erhältlichen Grössen mit 10 mm Stärke aus. Damit lässt sich der Verbinder auch gut ohne Ausfräsungen verwenden. Die kleinste Variante mit der Abmessung von 90 × 60 mm bringt es auf 9,6 kN Tragfähigkeit in Nadelholz. Der grösste Bruder auf 29,5 kN bei 230 mm Höhe und schlanken 75 mm Breite.

www.sfs.ch


 

Aus feuerverzinktem Stahlblech

Aus 3 mm starkem, feuerverzinktem Stahlblech wird der unsichtbare Balkenverbinder von Würth gefertigt. Die Traglastfähigkeit reicht bei den vier Grössen von 8,78 bis zu 18,2 kN. Dies bei den Beschlägemassen von 70 × 90 bis 70 × 240 mm. Die Breite der Verbinder ist mit 70 mm stets gleich, ebenso die Einbautiefe von 14 mm.

www.wuerth.ch


 

Ein ungleiches Duo

Der Magnusverbinder aus Aluminium ist 110 mm breit und in zwei Varianten mit 260 und 300 mm Höhe erhältlich. Die Tragfähigkeit liegt dann bei 45,1 und 54,2 kN. Für den 19 mm starken Verbinder gibt es eine Frässchablone und Systemschrauben. Eine Fixierschraube ist für die Lagesicherung zuständig. Mit der XS- Variante des Verbinders mit 30 × 30 × 9 mm lassen sich Knotenpunkte von Kanthölzern ab 40 × 40 mm Querschnitt sicher miteinander verbinden. Die Tragfähigkeit beträgt dann 1,6 kN.

www.fehrbraunwalder.ch

ch

Veröffentlichung: 30. August 2018 / Ausgabe 35/2018

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